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"Für Christen ist Rassismus keine Option", sagen Gläubige in Richtung FPÖ

Die Vertreter mehrerer christlicher Organisationen kritisieren die "Sündenbock"-Politik gegenüber Andersgläubigen und appellieren an die Einhaltung christlicher Grundvorstellungen.
Norbert Hofer

Foto: Norbert Hofer bei der Präsentation seiner Plakate. Screenshot via fb.com/norberthofer2016

Als Norbert Hofert im Herbst 2016 seine Plakatwelle mit dem Spruch "so wahr mir Gott helfe" präsentierte, kam die Kritik postwendend. Gott sollte grundsätzlich nicht für politische Zwecke missbraucht werden, meinten die Spitzenvertreter der Evangelischen Kirche.

Nun haben sich Vertreter von evangelischen, katholischen und orthodoxen Organisationen entschlossen, auch inhaltliche Kritik an Rechtspopulisten zu üben, deren "Aussagen diametral zur Botschaft des Christentums stehen". Ohne Namen oder Parteien zu nennen, gehen die Theologen hart mit den sich verbreitenden "rechtsautoritären Einstellungen" in Österreich ins Gericht. Eine Politik, die "Angst und Wut auf Sündenböcke" wie "die Flüchtlinge", "die Muslime" oder "die Fremden" lenke, würden die Grundwerte der Demokratie "nachhaltig beschädigen" und Werte wie Nächstenliebe aushöhlen.

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'So wahr mir Gott helfe', plakatiert jetzt Hofer, der 2009 aus der Kirche ausgetreten ist, weil Katholiken vor FPÖ-Propaganda warnten.— Christoph (@Schattleitner)21. Oktober 2016

"Gottesliebe zeigt sich vorrangig an der Haltung gegenüber den Schwächsten einer Gesellschaft—noch mehr an gerechten Strukturen", so die Initiatoren von Christlich geht anders!, die sowohl von namhaften Theologen der Universitäten, als auch von Pfarrern und Leitern christlicher Organisationen unterzeichnet wurde.

In einem Interview mit der Katholischen Frauenbewegung erklärt Regina Polak von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien diese Kritik näher. Wenn sich Politiker öffentlich zu Gott bekennen, müsse man sie an den Tagen messen. Nämlich "daran, ob Gerechtigkeit in der Gesellschaft, insbesondere gegenüber den marginalisierten Gruppen, größer wird". Dazu gehören "auch Asylwerber, Migranten und Menschen in prekären Lebenssituationen."

Christen müssen mit ihrer Haltung keine konkrete Politik verfolgen, aber eine "Anwaltschaft" für die Nächsten übernehmen, wenn man den Gottesbegriff nicht bloß götzenhaft verwenden will. "Jemand, der sich Christ nennt, kann zu bestimmten politischen Schlussfolgerungen nicht kommen." Genau das sei aber derzeit der Fall. Auch unter Gläubigen—oder die das von sich behaupten—fände sich "Fremdenhass" und "autoritäre Einstellungen".

"In Österreich gibt es ein sogenanntes Kulturchristentum, bei dem Katholizismus als Teil der Alltagskultur besteht", meint Polak. "Das ist eigentlich auch in Ordnung und etwas Schönes. Aber es verbindet sich leider nicht mit den theologischen Grundvorstellungen." Anhänger des "Kulturchristentums" verfolgen demnach christliche Bräuche, aber leben die autonomen Werte des Christentums nicht, sondern ersetzen sie durch Parteipolitik. Oft werde damit aber eine rote Linie überschritten: "Rassismus ist keine politische Option für jemand, der von sich selbst sagt, er ist Christ."

Rassismus sieht Polak als beliebtes politisches Ordnungssystem, das Menschen nach ihrer Bedeutung abstuft. Im schlimmsten Fall können dadurch Menschen, die als "weniger wertvoll" angesehen werden, ausgeschlossen werden. Und dagegen müssten sich Christen wehren.

Veronika Pernsteiner, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung, ergänzt: "Die österreichische Sozialpolitik lässt sich in den Würgegriff rechtspopulistisch geschürter Ängste nehmen und treibt ihre Sündenböcke—allen voran Flüchtlinge—öffentlichkeitswirksam vor sich her." Soziale Politik aber, wie Christen sie verstehen, "erkennt allen den gleichen Wert zu."

Christoph auf Twitter: @Schattleitner