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Von „Negerkonglomeraten“ und gehängten Juden

Rassistische Aussagen von Politikern gehören in Österreich zum Alltag. Gewählt werden die jeweiligen Politiker trotzdem.

Es scheint, Österreich taucht in ausländischen Medien meist negativ auf. Zumindest was seine Politiker angeht. Und die Aufregung über einige Aussagen ebenjener Politiker dauert vermutlich in jedem Land länger an, als bei uns. In Österreich tritt man nicht zurück, außer man bekommt einen Studienplatz in Stanford, über Rücktritte à la Friedrich oder Wulff können Politiker hier nur lachen. Geblieben wird, bis etwas Besseres kommt, auch wenn der Politiker der einzige ist, der noch glaubt, im Amt zu bleiben sei trotz aller Fehltritte bis zuletzt legitim, man ist ja schließlich irgendwann einmal gewählt oder ernannt worden. Zumindest hat man einen Cousin, der jemanden kennt, der einen für dieses Amt empfohlen hat, oder ist halt schon immer Parteimitglied.

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Zitate, wie das des ÖVP-Bürgermeisters von Gföhl, „Pressefritzen gehörten aufgehängt wie die Juden", sind nach wenigen Tagen vergessen. Ein Politiker, in dessen Zeitung sich Gedanken über die „Verschwuchtelung Brüssels" gemacht werden, wäre in anderen Staaten nicht Spitzenkandidat für die Europawahl und schon gar nicht für eine Partei, die in Umfragen über 20 Prozent liegt. Weshalb diese Aussagen in Österreich so verzeihbar sind, ist einfach: Es handelt sich eben gerade nicht um bedauerlichen Einzelfälle.

Auf dem Opernball wird Kim Kardashian von Puls 4 mit einem Blackface empfangen, Niki Lauda regt sich über den ORF auf und wirft ihm vor, bei Dancing Stars für Quoten schwules Tanzen zu propagieren, Susanne Winter erklärt Schülern, man solle im Stadtpark ein Tierbordell errichten, damit die muslimischen Männer dorthin gehen können und sich nicht an den Mädchen im Stadtpark vergreifen und vor der letzten Nationalratswahl bekamen die Wähler von der FPÖ ein Sagenheft, dessen Inhalt an Peinlichkeit kaum zu übertreffen war, aber wer weiß, was bis zur EU-Wahl nocht kommt.

Aussendung der FPÖ: Sagen aus Österreich

Weil wir so etwas immer wieder und überall lesen, werden die Aufschreie immer leiser. Es ist, wie alles andere auch, reine Gewöhnungssache. Als Nicht-FPÖ-Wähler tut man diese schwachsinnigen Aussagen oft einfach als genau das ab, bedenkt aber nicht, dass es genug Menschen gibt, die glauben, was sie hören, die auf der Straße und im Café wiederholen, was ihnen gesagt wurde. Stimmt, die EU ist wirklich eine Diktatur, nicht einmal bei den Nazis gab's eine Verordnung über Gurkenkrümmung und ein „Negerkonglomerat" ist sie noch dazu.

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Da muss dann eine deutsche Zeitung den Österreichern sagen, was sie eigentlich eh wissen, aber immer als dummen Bubenstreich abtun. Es ist aber kein pubertierender Junge, der ein bisschen mit den Grenzen des Ertragbaren experimentiert, sich gegen die Vorschriften der Eltern stellt und ihnen ab und zu ein „Ich hasse euch" entgegenschleudert. Nein, es ist ein Andreas Mölzer, der sagt, dass das dritte Reich liberaler war als die EU und dann die Deutung seiner Aussage als „völlig missverständlich und böswillig" bezeichnet.

Kritik an seinem Vergeich von Nazi-Deutschland und der EU ist eben kein Grund zu gehen und Stimmen wird es die FPÖ vermutlich auch nicht kosten. Es ist auffällig, dass diese Ausrutscher immer vor Wahlen passieren, um die rechten Kernwähler zu behalten, aber im nächsten Moment versucht wird, sie als Einzelfälle abzutun, um die liberaleren Wähler von der Gesellschaftsfähigkeit der FPÖ zu überzeugen.

„Umso entschiedener werde Mölzer im Wahlkampf sowie in seiner künftigen Tätigkeit im Europäischen Parlament gegen den Überwachungswahn und die ausufernde Regulierungswut auftreten", steht auf seiner Homepage. Auch Heinz-Christian Strache sieht keinen Grund für einen Rücktritt Mölzers und dessen (wieder zurückgezogene) Ausrede, er habe die EU nicht als Negerkonglomerat, sondern nekrophiles Konglomerat bezeichnet, schließlich sei sie sehr glaubwürdig gewesen.

Eine FPÖ wegen Mölzer & Co. zu wählen, bedeutet, bewusst Rassismus, Homophobie und Nazi-Beschönigungen zu wählen. Wer sie trotz ihnen wählt, ist schlicht und einfach dumm.

Folgt Hanna auf Twitter: @HHumorlos