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Scientology Deutschland benutzt Anti-Drogen-Propaganda, um heimlich ihre Ideologie zu verbreiten

Unter dem Deckmantel der Organisation „Sag Nein zu Drogen" verschafft sich die Sekte auch in Deutschland Zugang zu Schulen.

Willst du mal so aussehen? Nein? Dann spiel nicht in Scientology-Werbefilmen mit. Screenshot: Youtube

Vor kurzem haben wir uns angesehen, was Scientology in Österreich so treibt und bekamen bestätigt, dass die Organisation hierzulande lächerlich klein ist. Anders als in den USA hat es Scientology auch in Deutschland weitaus schwerer, genügend Konsumenten für ihre Pseudo-Religion zu finden. Weil ihnen hier den Dianetik-Müll kaum jemand abnimmt, versucht man es verstärkt mit getarnter Anti-Drogen-Propaganda. Und im tendenziell konservativeren Süddeutschland kommen sie damit immer mal wieder gut an.

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Googelt man nach „Schule und Drogen" oder nach „Drogenaufklärung Schule" findet sich ein Verein Namens „Sag nein zu Drogen—Ja zum Leben" ganz oben in der Ergebnisliste. Dahinter verbirgt sich eine Scientology-Tarnorganisation, die unter dem Deckmantel von Drogenaufklärung und Prävention versucht, neue Sektenmitglieder zu rekrutieren. Daneben gibt es noch Narconon, die Suchtkranke mit einem fragwürdigen Heilungsprogramm behandeln, indem sie dich richtig ins Hirn ficken, damit du ein für allemal Angst vor allem hast, wovor sich Hubbard auch schon gefürchtet hatte. Narconon wartet mittlerweile in den USA auf 84 laufende Gerichtsverfahren, weil einige Schutzbefohlene im Rahmen der „Therapie" physisch und psychisch geschädigt wurden—oder gar gestorben sind.

Auch in Bayern kann der ehemalige Leiter eines mittlerweile geschlossenen Therapiezentrums des bayerischen Vereins wegen dieser Therapieform bereits auf eine rechtskräftige Verurteilung verweisen, da er „… sich durch sein Verhalten in 200 Einzelfällen eines Vergehens der Ausübung der Heilkunde ohne Erlaubnis nach § 5 Heilpraktikergesetz schuldig gemacht [hatte]".

Auch schön: Wir haben versucht, Scientology Österreich über Tom Cruise zu interviewen.

Weil Deutschland ein sehr strenges Therapiegesetz hat, wird das „Reinigungsprogramm" in Deutschland nicht mehr als solches angeboten—jetzt heißt die Gehirnwäsche „Hilfsangebot für Bedürftige". Doch auch der Deutsche Auftritt von Narconon verweist auf das Acht-Punkte Programm von Hubbard, das auch in den USA angeboten wird. Das besteht aus Scientology-„Techniken" wie dem „Reinigungs-Rundown", Saunagängen und Vitaminkuren.

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Bei den Kuren werden körperlich abhängige Menschen ohne unterstützende Medikamente auf eine spezielle Narconon-Diät gesetzt und sich größtenteils selbst überlassen. Das kann dann schon mal tödlich enden.

„Das Reinigungsprogramm wurde geschaffen, um die biochemischen Barrieren zu spirituellem Fortschritt zu beseitigen. Es beinhaltet sorgfältig aufeinander abgestimmte Schritte, wie körperliche Bewegung, gesunde Ernährung und Saunagänge, um Drogenrückstände und andere schädliche Stoffe aus dem Fettgewebe des Körpers hinauszuschwemmen." — Narconon Infomaterial

Scientology propagiert mittelalterlich anmutenden Drogen-Exorzismus statt Therapie, Hokus Pokus statt medizinischer Hilfe. Nach wie vor glauben die Hubbard-Jünger auch in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, Menschen mit Extrem-Saunen, Vitaminpräparaten und Psycho-Sitzungen die Lust auf Drogen auszutreiben. Für Narconons Erfolgsqoute von 70-80 Prozent gibt es keine Beweise. Neben ihrem eigenen Internetauftritt versucht der sektenartige Verein auch auf den Webseiten drugfreeworld.org, ecstasy-info.de, ritalin-kritik.de, keinedrogen.at und drogeninfo.ch auf subtile Art, Menschen in Lebenskrisen zu ködern.

Zum Beispiel mit gruseligen Videos wie dem hier

Bei uns ist die staatliche Drogenberatung mittlerweile gut aufgeklärt. Lediglich das bayrische Gesundheitsministerium fällt schon mal auf gefakte E-Mails eines Bloggers rein, der vorgibt, für „Sag-Nein-zu-Drogen" zu arbeiten. Auch die Bild-Zeitung präsentierte ihren Lesenden vergangenes Jahr ein Scientology-Video als Informationsquelle.

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Nach den ersten Medienberichten über die Drogen-Taktik haben viele allerdings schon länger gemerkt, wer hinter „Sag-nein-zu-Drogen" und den anderen Tarnvereinen steckt. Derzeit konzentriert man sich bei der Sekte deshalb auf öffentliche Veranstaltungen, Flyer und Plakate. Die sollen vorwiegend Schüler, Lehrer, Erzieher, Sozialarbeiter und andere „Präventions-Amateure" ansprechen, um die perfide Botschaft unters Volk zu bringen.

Das scheint auch ganz gut zu klappen: So berichtete die Berliner Scientology-Pressesprecherin Sabine Weber erst letzte Woche von mehreren Schulen, die sie für solche Veranstaltungen gebucht hätten. Ein „Drogenpaket für Pädagogen" gibt es bei den Scientologen von „Fakten über Drogen" passend dazu gratis frei Haus.

Dachorganisation aller Scientology-Drogenvereine ist die „Foundation for a Drug Free World", die immer wieder versucht, staatliche Organisationen zu unterwandern. Ihr größter Coup war eine Kooperation mit der UNO zum Weltdrogentag 2008.

Scientology mag Ecstasy nicht, und Ecstasy mag Scientology nicht. Screenshot: Youtube

Außer gegen Drogen engagiert sich Scientology in verschiedenen Tarnorganisationen für Menschenrechte, für Kinderhilfe und Justizopfer oder Jugend-Popkultur. Aber mit Drogen funktioniert das Auslegen von Ködern am einfachsten. Das ist sowohl dem Verfassungsschutz als auch den Stuttgarter Bürgern aufgefallen. Hier planen die Scientologen ein neues Zentrum und haben ihre Aufklärungsarbeit Schmuddelkampagne in Stuttgart und Umgebung Ende 2014 intensiviert. Wo ein Grüner Ministerpräsident Kiffer jagen lässt, versucht auch Scientology, mit „German Drogenangst" punkten. Das ist eben auch ein Effekt der verlogenen Drogenpolitik der letzten 50 Jahre.

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Was erzählt Scientology eigentlich über Drogen?

Ungefähr das Gleiche, das mir meine Großmutter (Jahrgang 1909) angesichts kiffender Langhaariger in den 1970er Jahren erzählt hat. Hier sind meine persönlichen Highlights der Scientology-Propaganda, für die es mit Ausnahme von Scientology leider auch keine Quellen gibt:

Der Typ, der die Gefahren von Cannabis für Dumme erklärt: Kiffen führt zu Magnesium-Mangel—der Anfang einer Drogenkarriere. Erinnert stark an das Waschmittel-Autorennen im „Sinn des Lebens"—völlig sinnfrei. Der schräge Vogel braucht mindestens noch ein Reinugungsritual und ein paar Saunagänge, um wieder sauber zu ticken.

  • Christian. „Meinen ersten Joint bekam ich auf dem Schulhof. Heute bin ich heroinsüchtig und habe gerade meine achte Behandlung wegen Drogensucht hinter mir".
  • Der Lehrer, der seine Schüler erst zum Kiffen verführt und dann zum Heroindealer schickt.
  • Zu Ectasy: „Der Konsument hat manchmal auch das Gefühl, dass er andere Drogen, wie zum Beispiel Heroin oder Kokain, nehmen muss, um mit dem mentalen und körperlichen Schmerz zurechtzukommen, der einem Ecstasy-High gewöhnlich folgt. In den USA nehmen 92 % der Ecstasy-User auch andere, „härtere" Drogen.
  • Brad: „Chrystal Meth probierte ich nur einmal und—peng—ich war gleich abhängig."
  • Schauspielerein Kristie Allie über Narconon: „Das Programm ist vollkommen einzigartig. So macht es z.B. der Fitness- und Saunaschritt möglich, Schadstoffrückstände tatsächlich aus dem Körper auszuschwemmen. Dadurch wird das Verlangen nach Drogen vollkommen eingestellt."

Alkohol und Nikotin dürfen sich Scientologen hingegen einpfeifen. Fürs Saufen und Rauchen gibt es sogar Regeln: „Es gibt keine Ernährungsvorschriften und keine allgemeinen Verbote gegen das Rauchen oder Trinken. Jedoch hat Scientology eine Regel, die den Konsum von Alkohol innerhalb von 24 Stunden vor oder während einer Auditingsitzung oder der Ausbildung untersagt. Die Auswirkungen des Alkohols würden es unmöglich machen, aus diesen religiösen Diensten Nutzen zu ziehen. Das Rauchen ist in den Kursräumen und während der Auditingsitzungen nicht gestattet, da es einen selbst und andere ablenken würde."

Wer keinen Bock mehr auf Scientology hat, kann sich übrigens von diesem Mann mit ein paar Gramm Gras helfen lassen, den Psycho-Kriegern den Rücken zu kehren.