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Popkultur

24: Live Another Day ist der perfekte Popcorn-Serien-Frankenstein fürs Wochenende

Anstatt wissenschaftliche Arbeiten zu schreiben, habe ich mich mit einer Ladung Weed und einer noch größeren Ladung Chips hingehockt, und mir vom unterhaltsamsten Serien-Frankenstein 2014 das Wochenende retten zu lassen.

Foto: tim caynes | photopin | cc

Ihr kennt das ja, man muss eine wissenschaftliche Arbeit schreiben, die Deadlines rücken näher, und statt seinen akademischen Pflichten nachzukommen nimmt man sich eine Auszeit, um mit seiner besten Freundin Maria Juana und einer großen Tüte Chips im Binge Watching-Verfahren eine Fernsehserie nach allen Regeln der Kunst zu absorbieren. Hier also mein bewusstseinserweiterter Eindruck von 24: Live Another Day.

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 JACK IS BACK

Die amerikanische Action-Seifenoper 24 geht in die nächste Runde, mittlerweile schon zum neunten Mal. Aber diesmal ist einiges anders, endete die eigentliche Serie doch bereits 2010 nach acht Staffeln. Was, ihr habt nicht alle Staffeln gesehen, und wisst eventuell gar nicht, was zuletzt geschah? Das macht natürlich nichts.
24: Live Another Day spielt 4 Jahre nach dem Ende von Staffel acht und wie in gewohnter Action-Serien/Seifenoper-Manier ist frei nach dem taoistischen Leitbild nur das Hier und Jetzt von Relevanz.

Bild von Sky.com

24: Live Another Day spielt in London und erinnert vom Namen her natürlich gleich mal an James Bond, aber irgendwie auch an Die Hard—ich bin mir sicher, dass der Titel die mehrwöchige Arbeit eines ausgeklügelten Wissenschaftlerteams ist.

Aber auch von der Besetzung erinnert die 24-Miniseries an andere Serien und bedient sich wie beim Dschungelcamp an ausrangierten, ersetzten oder joblosen Serienstars.

Chuck-Star und Nerd- Männertraum Yvonne Strahovski, die zuletzt irgendeine der späten, katastrophalen Dexter-Staffeln immerhin halbwegs erträglich gemacht hat, spielt hier überzeugend die Agentin Kate Morgan (Morgan? I see what you did there) und macht auch in Jack Bauers Alltag aus Folter, Kugelhagel und unfreiwilligen Amputationen eine gute Figur.

Auch Catelyn Stark (gespielt von Michelle Fairley) aus Game of Thrones wird für 24 exhumiert und wieder zum Leben erweckt: Der Name ist neu, aber die Aufführung nur zu bekannt: Für „Margot Al-Harazi“ ist ihre Familie und die Rache für ihren toten Mann das wichtigste, und sie würde alles (ja wirklich alles) tun, um ihre Kinder zu beschützen. Dafür musste sich Michelle Fairley auch schauspieltechnisch bestimmt keinen Haxen ausreißen.

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Stephen Fry trägt mit seinem eckigen Kartoffelgesicht als britischer Premierminister Alastair Davies ebenfalls zur Glaubwürdigkeit und Authentizität der Serie bei. Außerdem gesellen sich ein paar bekannte Gesichter, zum Beispiel aus Law and Order oder The Wire, zu den bekannten Gesichtern aus 24.

Foto: © 2014 Fox

Apropos Gesicht: Natürlich ist auch Chloe O’Brian wieder mit von der Partie, die sich nun einem Hackernetzwerk angeschlossen hat und mit ihren schwarzen Tattoos, ihrer schwarzen Lederjacke und ihrem großzügig aufgetragenen (schwarzen) Make-Up ein bisschen aussieht wie eine geschmolzene Version von Lisbeth Salander aus The Girl with the Dragon Tattoo.

Auch bei der Rhythmus und Story setzt man auf Bewährtes: Während man bei Homeland vielschichtige und moralisch verschwommene Charaktere verwendet, setz der große Trash-Bruder 24 auf das klassische Gut gegen Böse, eng verbunden mit einem Dauerkampf von Freiheit gegen Terrorismus (der natürlich entweder aus Lateinamerika, dem Nahen Osten, Russland oder China kommt). Die klassischen Parallelmontagen, für die 24 bekannt ist, dürfen hier natürlich nicht fehlen. Auch der typische Antiterror-Hauptquartier-Maulwurf ist mit von der Partie, wobei ich es mittlerweile für einen größeren Twist halten würde, gäbe es ausnahmsweise mal keinen. Und wenn der Hauptbösewicht nach zwei Dritteln der Staffel dann doch noch von einem böseren Bösewicht überschattet wird, dann fühlt man sich auch hier gleich serienmäßig wie zuhause.

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Aber nicht alles von damals wird wiederverwertet. Die öden Subplots zum Beispiel, bei dem irgendein namensloser Unbekannter die große Verschwörung aufdeckt, nur um Minuten später auf absurde Art und Weise zu sterben, spart man sich diesmal. Überhaupt hat man mit 12 anstatt der üblichen 24 Folgen die Möglichkeit, die Story ein bisschen kompakter zu halten und die Absurditäten auf ein für 24 angemessenes Minimum zu reduzieren.

FAZIT

Foto: © 2014 Fox

24: Live Another Day recycled erfolgreich das Beste aus seiner eigenen Geschichte und streut ein paar bekannte Gesichter unserer Popkultur darüber, um der Serie neues Leben einzuhauchen, die mit ihrem vorübergehenden Ende 2010 einen Nachgeschmack von lauwarmem Kaffee und ausgefransten Wattestäbchen in den Mündern von Serien- und Actionfans hinterlassen hat. Klar kommt man um gewisse Klischees, stumpfe Plot Devices und All-Out-Geballer nicht herum, aber das ist ja auch nicht der Sinn der Übung.

24 war außerdem schon immer die größte Sammlung an Guilt Trips aller Zeiten: In keiner anderen Serie sind Charaktere dermaßen bereit, sich in ihrem vergangenheitstrauma-induzierten Erlösungswahn selbst auszuliefern, totzustellen, zu opfern, sich diverse Gliedmaßen abtrennen zu lassen oder für das größere Wohl aller in die Luft gesprengt zu werden, also wen kümmern da schon ein paar Plot Holes?

24: Live Another Day hält was es verspricht und schafft mit 12 Folgen statt der üblichen 24 auf Lückenfüller zu verzichten und unterhält mit frischer Besetzung und altbekanntem 24-Kitsch.

Ich vergebe 4 von 5 auf wehenden US-Flaggen sitzende Weißkopfseeadler.

Adrian auf Twitter: @doktorSanchez