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Sich mit Hilfe eines Luftbefeuchters zu betrinken, macht keinen Spaß

Alkoholdämpfe stinken abartig und machen ziemlich schnell beschwipst. Immerhin bin ich nicht gestorben.

Disclaimer: Wie schon im Artikel beschrieben kann diese Methode, sich betrunken zu machen, sehr gefährlich sein. Das hier ist natürlich keine Anleitung (es lohnt sich eh nicht). Macht es also nicht zu Hause nach.

Während eines Simpsons-Marathons stieß ich kürzlich auf die Folge „Wenn der Homer mit dem Sohne" aus der 22. Staffel. In dieser Episode füllt Homer einen Luftbefeuchter mit Wodka und schläft in einer Wolke aus Alkoholdampf ein, während Bart geheime Informationen über das Atomkraftwerk an die Chinesen verkauft. Mir gefiel die Idee und ich fragte mich, ob das funktionieren könnte (also, das Inhalieren, nicht der Landesverrat).

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Letztes Jahr haben haben meine VICE-Kollegen versucht, Alkohol zu rauchen. Es war lustig, aber recht kompliziert und das Ergebnis schien eher unbefriedigend. Ein Luftbefeuchter könnte mir wahrscheinlich die meiste Arbeit abnehmen und ich würde mich nicht mit einer Fahrradpumpe abmühen müssen. Es wäre wahrscheinlich nicht halb so lustig, aber vielleicht könnte ich mich zumindest in einem sanften Wodkanebel entspannen. Also durchforstete ich das Internet, auch bekannt als die umfangreichste Sammlung guter Drogentipps. Anscheinend war ich nicht der Erste, der sich die Frage stellte, ob man von Alkoholdampf betrunken werden kann.

Tatsächlich hatte der englische Erfinder Dominic Simler schon vor zehn Jahren einen Alkohol-Luftbefeuchter (Alcohol WithOut Liquid machine, kurz AWOL) auf dem amerikanischen Markt eingeführt. Das Gerät presste angeblich Sauerstoffbläschen durch Alkohol, um so einen Alkoholnebel zu erzeugen. Ein erboster YouTube-Nutzer behauptete allerdings, er sei übers Ohr gehauen worden und dass das Gerät nicht anderes als ein wiederverpackter Luftbefeuchter gegen Lungenerkrankungen sei.

In einem Promovideo auf der offiziellen AWOL-Website sagt einer der Nutzer/Schauspieler, er könne sich vorstellen, dass in zehn Jahren alle so „trinken" werden. Zum Leidwesen von Dominic und seinem Alkoholnebel haben aber innerhalb von zwei Jahren siebzehn Bundesstaaten der USA das Gerät verboten, auch wenn immer wieder ähnliche Produkte auftauchen.

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Da der Erfinder seit 2007 allerdings in der Finanzbranche arbeitet, würde ich mal davon ausgehen, dass die ganze Alkohol-Inhalier-Geschichte sich nicht ausgezahlt hat. Vielleicht auch deshalb, weil die Geräte zwischen 299 und 2500 Dollar kosten sollten. Ich meine, ernsthaft: Guckt euch diese absurden Teile mal an. Bevor er es eingeschaltet hat, dachte ich wirklich, das wäre der Ghettoblaster, der diesen komischen Club-Jamz-Soundtrack aus den frühen 2000er Jahren spielt, der im Hintergrund zu hören ist.

Dann bin ich auf ein Londoner Gastronomieprojekt von 2009 gestoßen. In der Alcoholic-Architecture-Bar wird aus riesengroßen Luftbefeuchtern in den Wänden Dampf in den Raum gepustet, der aus einem Teil Gin und zwei Teilen Tonic besteht. Die Gäste waren nach dem Besuch allerdings nur etwas berauscht und mussten außerdem einen Schutzanzug tragen, um die Bar überhaupt betreten zu dürfen.

Außerdem war das Projekt auf lediglich zehn Tage angesetzt. Die Urheber schienen eher daran interessiert zu sein, mit Essen zu experimentieren, als sich volllaufen zu lassen. Die Tatsache, dass niemand umgekommen ist und sie für die ganze Geschichte eine Genehmigung bekommen haben, schien mir aber ein guter Indikator dafür zu sein, dass mein Vorhaben halbwegs ungefährlich war, wenn ich es richtig anging.

Einen Tag vor meinem Experiment fragte ich meinen Hausarzt vorsichtig nach seiner Meinung. Er bezeichnete die Idee als schwachsinnig und als etwas, das „man in dieser Fernsehsendung, die mal lief und aus der inzwischen drei Filme gemacht wurden, hätte sehen können". Außerdem klärte er mich darüber auf, dass Alkohol giftig und schlecht fürs Herz ist und ich zum Thema Todesfälle durch Alkoholinhalation recherchieren sollte. Wie jeder gute Arzt riet er mir also von meinem Unterfangen ab. Kurze Zeit später leitete er mir allerdings eine Studie zum Thema Alkoholinhalation weiter, in der stand, dass Ratten, die Alkohol inhalierten, sehr schnell süchtig wurden. Der Nachricht fügte er hinzu: „Wenn Ratten es mögen, werden Menschen es lieben."

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Die einzige Gefahr, die ich wirklich ernst nahm, war die eines möglichen Feuers. Ich wohne in einer WG und kann es mir nicht leisten, von meinen Mitbewohnern rausgeschmissen zu werden. Ich wollte definitiv keine Heizspiralen oder ähnliches in die Nähe von Alkohol bringen. Glücklicherweise konnte ich in der Drogerie nebenan einen kleinen Ultraschall-Luftbefeuchter erstehen. Er funktioniert dank einer Metallmembran, die bei Ultraschallfrequenz vibriert und so einen feinen Nebel erzeugt; ähnlich wie die Geräte bei Alcoholic Architecture. Ich kaufte außerdem einen Promillemesser und eine Halbliterflasche billigen Wodka. Wenn ich den ohnehin nicht trinken würde, musste ich ja kein Geld für guten Wodka ausgeben.

Zu Hause baute ich das Gerät auf und stellte fest, dass ich zwar die Wodkaflasche am Gerät selbst anbringen musste, der Aufsatz aber nicht in die Flasche passte. Glücklicherweise ist mein Vater Ingenieur. Also rief ich kurz zu Hause an, um Rat einzuholen—natürlich ohne auf die Einzelheiten meines Vorhabens einzugehen. Ich bastelte mir ein Verbindungsstück aus einer leeren Wasserflasche und Isolierband und schaltete das Gerät ein. Anfangs kam rein gar nichts aus dem Stutzen und ich fragte mich, ob ich den Luftbefeuchter vielleicht kaputt gemacht hatte. Ich schaute mir die Vorderseite an: Das Lämpchen leuchtete grün. Ich nahm den Deckel ab. Wodka blubberte an den Seiten heraus, aber Dampf kam keiner. Ich vermutete, dass Alkohol schwerer als Wasser war, also gab ich einige Verschlusskappen Wasser in den Tank. Nach ein paar Sekunden strömte langsam Dampf aus dem Stutzen. Es war widerlich.

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Ich nahm einen tiefen Atemzug, um so viel Alkoholdampf wie möglich einzuatmen, und atmete dann wieder aus. Furchtbar. Ich musste erstmal nach Luft schnappen, um den Würgreflex zu unterdrücken. Um den giftigen Dampf überhaupt inhalieren zu können, musste ich immer wieder frische Luft einatmen. Der Eigenmarken-Luftbefeuchter für 29,99 Dollar verströmte beißenden, nach Reinigungsalkohol riechenden und verwässerten Wodkadampf. Es war wie ein Shot, auf den ich nicht vorbereitet war. Gewöhnungsbedürftig. Aber was tut man nicht alles für die Wissenschaft.

Nach etwa fünf Minuten machte ich eine Pause. Ich fühlte mich etwas angeheitert und benommen, also testete ich den Promillemesser. Er zeigte 0,12 an. „Das ist doch lächerlich", sagte mein Mitbewohner, der auch die Fotos machte. „Geht's dir gut?" Ich versuchte es noch mal: 0,11. Ich konnte auf keinen Fall schon betrunken sein. Das waren doch nur ein paar Minuten und ich lallte noch nicht einmal. Lag es vielleicht an meiner ukrainischen Herkunft?

Ich blätterte die Gebrauchsanweisung durch, um heraus zu finden, ob ich das Gerät einstellen konnte. Es wurde empfohlen, 20 Minuten zu warten, bevor man den Atemalkohol testete. Mir wurde klar, dass ich Alkoholdampf in den Promillemesser gepustet hatte. Natürlich würde er einen viel zu hohen Wert anzeigen. Da hätte ich das Messgerät ja gleich an den Stutzen des Luftbefeuchters halten können.

Aber gut, wenn meine Gedankengänge so unlogisch waren, war ich vielleicht tatsächlich betrunken. Ich wartete 20 Minuten und versuchte es noch mal. Der Promillemesser zeigte 0,00 an, aber zu der Zeit war der Schwips auch schon vorbei.

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Mir fiel ein, dass Alkohol, wenn man ihn trinkt, längere Zeit im Körper bleibt und langsam vom Magen absorbiert wird. Die Wirkung des Dampfs hingegen verfliegt genauso schnell wieder wie sie gekommen ist. Ich musste herausfinden, wie lange es dauern würde, betrunken zu werden, und wie lange der Rausch dann anhalten würde. Die halbe Flasche war noch übrig und der Großteil der anderen Hälfte befand sich im Tank des Luftbefeuchters. Es könnte also noch eine Weile dauern. Ich machte den Fernseher an, ließ mich vom Alkoholdampf einhüllen und atmete dabei tief ein und aus. Mit der Zeit wurde das Inhalieren einfacher, aber ich musste mir recht häufig den Schnurrbart trockenwischen und die Nase putzen. Außerdem versiegte der Strom alle drei Minuten, sodass ich das Gerät schütteln musste, um es wieder zum Laufen zu kriegen—wobei ich jedes Mal Wodka auf dem Tisch verschüttete. Immer wenn der Strom schwächer wurde, fügte ich Wasser hinzu. Schließlich fand ich heraus, dass ein 1-zu-3-Verhältnis von Wasser zu Wodka die besten Ergebnisse brachte.

Nach 20 Minuten Inhalieren war ich definitiv neben der Spur. Nicht betrunken, aber definitiv nicht in der Lage, Auto zu fahren oder Kinder zu beaufsichtigen. Ich hatte Kopfschmerzen und meine Augen brannten. Ich schaltete das Gerät aus und ging nach draußen, um abzuwarten, bevor ich den Promillemesser benutzte. Spaßeshalber versuchte ich es aber doch vorher. 0,14. Mir fiel eine Geschichte von Tucker Max ein, die ich mal gelesen hatte. Er hatte sich einen Promillemesser gekauft und Leute zum Wetttrinken überredet und kriegte sich gar nicht mehr ein, weil das Gerät nach einer Runde Shots lächerlich hohe Werte anzeigte. Alter, lies doch einfach die verdammte Bedienungsanleitung.

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Ich saß auf der Terrasse und fühlte, wie mein Rausch sich langsam legte. Innerhalb weniger Minuten war ich wieder halbwegs nüchtern. Nach zehn Minuten zeigte der Promillemesser 0,03. Nach zwanzig Minuten 0,01. Die Kopfschmerzen wurden zwar schwächer, aber gingen nicht weg. Ich fühlte mich auch nicht richtig nüchtern, eher müde als betrunken. Mir wurde klar, dass so ein Promilletester wahrscheinlich die dümmste Weise war, Atemalkohol zu messen, wenn man gerade Alkohol inhaliert hatte. Ich wollte es aber noch einmal versuchen und ging wieder rein.

Dieses Mal hatte ich schon nach etwa sieben Minuten Kopfschmerzen. Mein Gesicht fühlte sich auch irgendwie widerlich schwer an. Ich lehnte mich zurück und ließ den Luftbefeuchter Dampf in mein Gesicht blasen. Ich hatte keine Lust mehr zu inhalieren. Ich schloss meine brennenden Augen kurz und schlief ein. Als mein Mitbewohner aus seinem Zimmer herüber rief, um zu fragen, ob ich schon tot sei, wurde ich wach. Ich hatte noch nicht mal bemerkt, dass er den Raum verlassen hatte. Nach ganzen 15 Minuten ging es mir dreckig. Ich pustete ins Röhrchen: 0,09. Mein Wohnzimmer roch nach Schnapsleiche. Das war genug.

Während die Wohnung auslüftete, duschte ich heiß, um meine Lunge vom Wodka zu befreien. Nach etwa einer halben Stunde fühlte ich mich halbwegs nüchtern, obwohl ich noch ziemlich müde war. Der Promillemesser zeiget 0,02. Innerhalb der nächsten Stunde fiel mein Blutalkoholgehalt wieder auf null. Den Rest des Tages fühlte ich mich etwas verkatert. An diesem Abend tranken mein Mitbewohner und ich den Rest des Wodkas aus. Das war weitaus angenehmer und weniger zeitaufwendig.

Sich mithilfe eines Luftbefeuchters zu betrinken macht keinen Spaß. Zwar kosten diese Ultraschall-Luftbefeuchter wirklich nicht viel Geld und mit etwas Geduld und Geschick kann man auch in sehr kurzer Zeit sehr betrunken werden. Die Resorptionsgeschwindigkeit beim Inhalieren ist wesentlich höher als beim Trinken, ein bisschen so, wie man schneller high wird, wenn man Gras raucht, statt es zu essen. Der Rausch klingt aber eben auch schneller ab. Andererseits bringt Marihuana-Rauchen dich nicht um. Alkoholdampf kann das schon und sogar ziemlich schnell. Ich will wirklich nicht für den ersten Alkoholdampf-induzierten Todesfall verantwortlich sein, also würde ich es bei fünf bis zehn Minuten pro „Anwendung" belassen.

Alles in allem ist der Alkohol-Luftbefeuchter eine gute Möglichkeit, einen schnellen und bescheidenen Rausch zu bekommen. Lange wird der aber nicht anhalten. Versucht einfach, euch nicht damit umzubringen.