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Wie ein neuer Smoothie im Netz eine Sexismus-Kontroverse auslöste

Der neue Smoothie von true fruits sorgt in den letzten Tagen für eine Kontroverse. Auf der Facebook-Seite der Firma liest man seither von „überempfindlichen Fotzen" und „Feministenbitches".

Die Smoothies von true fruits sind laut deren Website gesund, ehrlich und sogar sexy. Einige KundInnen finden die Sprüche auf den Flaschen aber alles andere als das. Die neue Limited Edition „Blindverkostung" hat in den letzten Tagen für eine kleine Kontroverse in den sozialen Medien gesorgt. Der Text, der typischerweise auf den Flaschen der Firma zu finden ist, lautet auf der neuen Edition:

„Hast du schon mal einer hässlichen Freundin, die aber totaaal lieb ist ein Date besorgt? So fühlen wir uns gerade mit dem white, unserem wohl leckersten Smoothie, der aufgrund seiner blassen und unfruchtigen Optik leider viel zu selten in den Genuss eines knisternden Rendezvous mit dir kommt. Was blieb uns also anderes übrig, als das Licht auszuknipsen, damit du dich einzig und alleine auf seine inneren Werte konzentrieren kannst?"

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Einige Menschen fühlen sich dadurch persönlich, andere in ihren Prinzipien verletzt und unterstellen dem Unternehmen eine eher junge Wortschöpfung: Lookismus. Dieser beschreibt die Benachteiligung, Stereotypisierung und/oder Diskriminierung von Menschen, die nicht in unser westliches Schönheitsideal passen. Und das ist durchaus ein reales Problem: „Schöne" Menschen sind oft beruflich und privat erfolgreicher.

Auf den Flaschentext reagieren die Menschen auf zwei Arten: Das eine Lager ruft zum Boykott auf, echauffiert sich über diskriminierende Aussagen. Das andere ruft „Jetzt erst Recht!" (das sind dann auch durchaus diejenigen, die gegen den „Genderwahnsinn" pöbeln).

Brenzlig wurde die Situation, als Screenshots veröffentlicht wurden, in denen sich true fruits über Anfragen und Kritik lustig machte. KritikerInnen seien „Pseudo-Moralapostel" oder auch „Jammerlappen". Der Marketing-Verantwortliche Nicolas Lecloux postete diese verspottende Entschuldigung. Auf meine Anfrage, ob sie dieses Verhalten als professionell bezeichnen würden oder überhaupt professionell sein wollten, wurde ich auf ein offizielles Statement verwiesen, das nicht mit meiner Fragestellung zusammenhängt und erklärt, dass ja niemand gezwungen wäre, ihre Produkte zu kaufen.

Im Zuge der Kontroversen um den Smoothie-Hersteller wurde die Facebook-Seite Untrue Fruits gegründet, die mittlerweile knapp 500 Likes verzeichnet. Die Admins stören sich vor allem an dem ignoranten Umgang von true fruits mit jenen Menschen, die sich verletzt fühlen. Außerdem ginge es nicht, dass ein Unternehmen mit dieser Reichweite Sexismus als Marketingtrick verwende. Die Kommentare unter den Posts werden ungefähr zur Hälfte von Gegnerinnen bevölkert.

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Im Kontext des Flaschentextes wird dem Unternehmen Sexismus vorgeworfen, weil der Stereotyp der hässlichen Freundin verwendet wird. Ein Blick auf Filme und Serien bestätigt: ein traditionell unattraktiver Mann gepaart mit einer schönen Frau ist keine Seltenheit. Siehe King of Queens, The Simpsons, Big Bang Theory und jede Folge von Two and a Half Men. Aber verzweifelt nicht—Körperkult wird auch bei Männern immer präsenter. Bei Essstörungen holen sie inzwischen kräftig auf.

Wenn UnterstützerInnen mit Ausdrücken wie „Feministenbitches" um sich werfen, stellt sich die Frage, ob das wirklich die Art von Kunden ist, die true fruits mit seiner Aktion ansprechen möchte—und, falls nicht, warum das Unternehmen nicht klar Stellung gegen derartigen Sexismus bezieht, sondern den Shitstorm für die gesteigerte Aufmerksamkeit in Kauf nehmen. Doch auch diese Frage wurde uns nicht beantwortet.

Zu ihrem eigenen Glück muss true fruits aber auch nichts davon einsehen, wie es aussieht. Der Großteil der Reaktionen ist ohnehin positiv. Humor ist überhaupt die Ausrede Nummer 1—auch wenn niemand so recht erklären kann, wo sich der Witz versteckt.