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VICE Snow

Ein guter Snowboard-Contest braucht mehr als eine große Rampe

Vor allem wenn die Schanze wie auf dem Fridge Festival auf der Wiener Donauinsel eigentlich zu kurz ist.

Die Vorstellung für einen guten Contest mal nicht vorab stundenlang auf der Autobahn verbringen zu müssen und danach im eigenen Bett landen zu können, war eine schöne, dementsprechend war auch die Vorfreude. Als der letzte Contest dieses Formats in Wien stattgefunden hat, habe ich gerade meine erste Snowboardsaison überstanden ohne dabei 80% der Zeit auf meinem mit blauen Flecken übersähten Arsch zu verbringen. Zehn Jahre später versuchten sich die Veranstalter des Sziget Festivals am Wochenende auf der Donauinsel daran wieder ein bisschen Snowboard-Flair in die Stadt zu bringen. Diesmal aber verknüpft mit einem Musik-Festival, daher auch nicht gratis, sondern gegen einen stattlichen Eintrittspreis. Dass das gesamte Festival aus Budapest importiert wurde, wo es bereits seit einigen Jahren stattgefunden hat, hat man daran gemerkt, dass sämtliche Mitarbeiter in Reisebussen angekarrt wurden. An und für sich kein Problem, außer man versucht irgendeine Auskunft zu bekommen: „Wo kann man die Becher zurückbringen?“ „Hier gibt es Bier.“ „Ja, das ist schon klar aber wo kann man die Becher zurückbringen?“ „Hier gibt es auch Radler.“ „DANKE FÜR GAR NICHTS.“ „Bitte bitte!“

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"V.I.P.Area"

Das Erfolgskonzept von vergleichbaren Events wie dem Air & Style in Innsbruck - große Rampe und ein bisschen Musik - ist dann vielleicht doch nicht so einfach umzusetzen, wie es scheint. Schon die Zeiteinteilung war ein bisschen fragwürdig, der erste Heat des Qualifying war für 14:00 Uhr angesetzt. Pünktlich standen wir dann auch, mit geschätzten 20 anderen Zuschauern, vor der viel zu kurzen Rampe. Dass die Rider reihenweise in der Ausfahrt gegen das gepolsterte Geländer geknallt sind, hat sogar beim Zuschauen weh getan. Wir haben lange versucht die fehlende Stimmung auf das Wetter zu schieben, da der Himmel ausgesehen hat als ob Gott sich ein paar Mal kräftig reingeschnäuzt hätte. Gleich danach stand der Auftritt von Grandmaster Flash an, doch nach 20 Minuten und ein paar peinlichen technischen Störungen später hat er drauf geschissen. Auf unser geplantes Interview übrigens auch. So richtig übel nehmen können wir es ihm nicht: wenn man nach 20 Jahren im Business bei einer Scheisskälte vor einem Publikum, das die Anzahl einer überfüllten AHS-Klasse kaum übersteigt, 15 Minuten lang erfolglos versucht, die Anlage zum Laufen zu bringen, würde uns das wohl auch ankotzen. Die Konzerte von Dub FX und Example haben wir verpasst, weil wir damit beschäftigt waren, uns in die VIP Zone einzuschleichen, um uns zu einem von den fünf Wärmepilzen durchzuboxen. Das Kopfweh, das wir davon bekommen haben, war nach fünf Stunden in der Kälte bei Eiswind das geringere Übel.

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Sieger der Herzen war der Irre der während des Finales auf der Rampe seinen blanken Arsch präsentiert hat. Drei Sekunden nachdem dieses Foto geschossen wurde ist er übrigens beinahe von Tor Lundström überfahren worden.

Beim zweiten Heat des Qualifying waren dann zwar schon ein paar Hanseln mehr da, auf ein bisschen gute Stimmung haben wir aber vergeblich gewartet. Außer Tor Lundströms eifrigen Fangirls, die darauf gehofft haben, dass er sie nach der Afterparty ins Hotel zum pimpern mitnimmt, war scheinbar niemandem so wirklich nach Contest zu Mute. Als es dann um 20:15 (endlich) ans Finale ging, hat der Moderator Seppi Scholler es dann irgendwie geschafft, das Publikum so weit zu motivieren, dass sie beim einzigen Österreicher, Mathias Weißenbacher, ihre Pappen aufgekriegt haben um ein bisschen zu jubeln. Zu diesem Zeitpunkt waren Leute, die wie wir seit sechs Stunden auf dem Areal herumgehangen sind, schlecht gelaunt, diejenigen die sowieso erst abends gekommen sind, hatten keine Ahnung, wer da eigentlich jetzt um das Preisgeld kämpft. Der 16-jährige Kyle Mack ging in der ersten Runde in Führung und hat sich dann als Einziger am Triple Cork versucht, ihn aber beide Male nicht gestanden. Kim Rune Hansen hat ihn als allerletzter Rider mit einem Switch Backside 10 vom ersten Platz geschossen. Zum Publikum durchgedrungen ist das nicht. Mathias Weißenbacher hat es auf den dritten Platz geschafft, dafür gab es sogar ein kleines bisschen Klatschen. Die Siegerehrung war für 23:00 Uhr angesetzt, da saßen wir aber schon Transdanubien in meinem warmen Wohnzimmer um uns die Kälte rauszuprügeln und vor den horrenden Getränkepreisen zu billigem Fusel zu flüchten.

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Wichtigster Wegbegleiter für den Bürger mit kleinem Börserl

Bezahlen konnte man am gesamten Festival-Areal außerdem nur per Quick-Karte, die man gegen eine Kaution erstehen konnte. Das absolut Sinnfreiste, das man sich hätte einfallen lassen können. Die Schlangen vor den Ständen waren trotzdem irre, wie viel Geld man schon versoffen hat, konnte man nur erahnen. Sich am Ende des Abends die Kaution zurückzuholen, durfte man wieder mal mit ewigem Anstehen bezahlen. Irgendwann haben wir uns dann aber doch zurück zum Festival in das Partyzelt geschleppt, wo es auch nicht viel wärmer als draußen war, jetzt hat uns aber Gott sei Dank der reingeschmuggelte Flachmann gewärmt. Als Souvenirs blieben uns die Becher, weil es uns nicht mehr gefreut hat, die Becherrückgabe, die anscheinend in die hinterletzte Ecke geknallt wurde, zu suchen. Vielleicht sollte man die Organisation von Contests denen überlassen, die tatsächlich Ahnung davon haben. Aber dass solche Dinge schon lange nicht so ablaufen wie sie sollten sind eigentlich auch keine Neuigkeiten mehr. Ganz umsonst war das Fridge Festival aber nicht, nach einigen Diskussionen durften wir irgendwann auch endlich backstage um unsere Rider-Interviews führen. Was Tor Lundström, Kevin Bäckström und Mario Käppeli über Tinder und auf die Rampe scheissen gesagt haben könnt ihr nächste Woche hier nachlesen.

"HEY GURLS, 'SSUP???"