So untersuchst du dich selbst auf Hodenkrebs
Illustrationen von Michael Dockery

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So untersuchst du dich selbst auf Hodenkrebs

Hodenkrebs ist bei jungen Männern die häufigste Krebserkrankung. Die Symptome erkennen und darauf reagieren, könnte dein Leben (oder deinen Hoden) retten.

Hodenkrebs ist die häufigste Krebserkrankung unter Männern zwischen 15 und 35. Seit 1980 ist die Erkrankungsrate in den meisten EU-Ländern um mehr als 50 Prozent angestiegen (wobei hiervon hauptsächlich Männer zwischen 35 und 49 betroffen waren). Zu den Gründen für die Zunahme der letzten Jahrzehnte und die deutlich stärkere Verbreitung in manchen Ländern liegen leider keine gesicherten Ergebnisse vor.

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Mehr als 90 Prozent der Hodenkrebsfälle sind von der Art, die als Keimzelltumor bezeichnet wird. Diese entwickeln sich aus dem Keimgewebe im Hoden—Zellen, die sich irgendwann in Spermien verwandeln. Die zwei Hauptarten des Keimzelltumors sind das Seminom (40 Prozent) und das Nichtseminom (60 Prozent). Von Seminomen sind meist Männer zwischen 25 und 50 Jahren betroffen, während die aggressiveren Nichtseminome meist bei Männern in ihren 20ern auftreten.

Worauf du achten musst

Manchmal haben Männer mit Hodenkrebs gar keine Symptome. Wenn doch welche auftreten, dann am häufigsten in Form einer schmerzlosen Schwellung oder eines Knötchens. Zu den weniger verbreiteten Symptomen gehören eine Veränderung der Größe und Form des Hodens, ein Schweregefühl im Hoden sowie Schmerzen oder Druck im Unterleib/Hoden/Hodensack. Die Brustwarzen können auch anschwellen und empfindlicher werden.

Die Risikofaktoren

Die Faktoren, die Männer im Hinblick auf Hodenkrebs gefährden, sind leider nicht vermeidbar: Die Hauptfaktoren sind Hodenkrebs in der Familie (oder in der eigenen Vergangenheit) sowie ein Hodenhochstand (Kryptorchismus) in einem oder beiden Hoden. Verletzungen der Hoden, das Tragen enger Kleidung und heiße Bäder werden nicht mit Hodenkrebs in Verbindung gebracht.

Diagnose, Behandlung und Überleben

Meist gehören zur Diagnose von Hodenkrebs bildgebende Verfahren sowie Blutuntersuchungen. Mit Ultraschall kann festgestellt werden, ob eine Wucherung im Hoden vorliegt, und die Bluttests zeigen, ob gewisse Biomarker für Tumore vorliegen, darunter Alpha-1-Fetoprotein, humanes Choriongonadotropin und Lactatdehydrogenase.

Weiterhin gibt es die Möglichkeit, den Brustkorb zu röntgen oder einen Kernspintomografen einzusetzen, um die Ausbreitung oder das Stadium des Krebses festzustellen. Wenn der Krebs sich nur im Hoden befindet, ist oft keine weitere Behandlung als eine Orchiektomie, also die Entfernung des Hodens, vonnöten. Wenn der Krebs sich in die Lymphknoten oder andere Organe (wie Lunge, Leber oder Gehirn) ausgebreitet hat, ist möglicherweise eine Chemotherapie oder Strahlentherapie nötig. Die Entfernung eines einzelnen Hoden hat keine Auswirkung auf die Fruchtbarkeit oder Hormonproduktion, doch Chemo- und Strahlentherapie können die Anzahl der Spermien vorübergehend oder dauerhaft verringern.

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Zwar hängt die Genesung eines an Hodenkrebs erkrankten Mannes von vielen verschiedenen Faktoren ab (darunter die Krebsart und -ausbreitung sowie der allgemeine Gesundheitszustand), doch die Prognose ist allgemein gut. Die Sterblichkeitsrate an Hodenkrebs im metastasierten Stadium hat sich in den letzten Jahren drastisch verringert; laut Statistik Austria liegt sie bei 0,5 von 100.000 Männern. Während Hodenkrebs also immer häufiger zu werden scheint, geht die Überlebensrate dank moderner Behandlungsmethoden gleichzeitig immer weiter in die Höhe.

Aufpassen ist angesagt

Anders als beim Brust- und Gebärmutterhalskrebs bei Frauen gibt es für Hodenkrebs kein offizielles Früherkennungsprogamm. Es gibt allerdings weltweit Organisationen, die Männer dazu aufrufen, sich regelmäßig selbst zu untersuchen, wie zum Beispiel die australische Movember-Stiftung. Dazu gibt es dann diverse Promi-Unterstützer, Medienkampagnen und Twitter-Hashtags (#FeelingNuts), die das Bewusstsein schärfen und ein etwaiges Stigma reduzieren sollen.

In einem Artikel in The Conversation von 2012 schreibt der Urologe und Uroonkologe Mark Frydenberg, dass die Selbstuntersuchung Männern dabei helfen kann, mit der Struktur ihrer Hoden vertraut zu werden. Wenn dann irgendwann ein Knoten oder eine Veränderung in der Beschaffenheit auftreten sollte, merken sie es eher.

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Um deine Hoden auf Tumore zu untersuchen, musst du Folgendes machen:

  • Sorge dafür, dass dein Hodensack warm und entspannt ist (zum Beispiel mit einer warmen Dusche), sodass die Hoden weiter unten hängen.
  • Stütze den Hodensack mit einer Handfläche ab. Achte auf Größe und Gewicht der Hoden. Es kommt sehr häufig vor, dass einer größer ist als der andere und dass sie auf unterschiedlichen Höhen hängen.
  • Rolle sanft einen Hoden zwischen Daumen und Fingern, um nach Knoten in oder unter der Oberfläche zu suchen. Der Hoden sollte sich fest und die Oberfläche glatt anfühlen.
  • Taste mit Daumen und Fingern entlang der Verdickung an der Rückseite des Hodens nach Schwellungen. Das ist der Nebenhoden, in dem sich der auf engstem Raum gewundene Nebenhodengang befindet (hier werden Spermien in den Penis übertragen).
  • Wiederhole alle Schritte mit dem zweiten Hoden.

Wenn du ein Anleitungsvideo sehen willst, dann gibt es hier eines aus Großbritannien, das Teil einer preisgekrönten Serie ist, die „peinliche" Gesundheitsfragen entstigmatisieren will. (Natürlich NSFW)

Allerdings ist die Selbstuntersuchung auch kein ganz unumstrittenes Thema. Zwar wirkt das schon wie eine vernünftige Idee, doch es gibt sehr wenige Beweise dafür, dass diese Untersuchungen zu einer früheren Erkennung beitragen oder den Verlauf der Krankheit positiv beeinflussen. Die Gesundheits-NGO Cochrane hat in einem Bericht von 2011 festgestellt, dass keine randomisierte kontrollierte Studie existiert, die die Wirksamkeit der Früherkennungsuntersuchungen für Hodenkrebs erforscht. Die vorliegenden Beweise legen nahe, dass die Früherkennung bei Hodenkrebs aufgrund seiner geringen Verbreitung sowie der selbst in fortgeschrittenen Stadien sehr hohen Genesungs- und Überlebensrate wenige bis gar keine Vorteile bietet.

Wenn du allerdings eines der aufgezählten Symptome hast: Geh zu deinem Hausarzt oder deiner Hausärztin. Die Beweise legen nämlich auch nahe, dass das Hauptproblem bei Hodenkrebs nicht ist, dass Männer nichts davon bemerken würden, sondern dass Männer nicht darauf reagieren, wenn sie etwas bemerken.