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Sport

Warum Formel 1 für mich das Allergrößte ist?

Wir haben eine Person, die genauso klug wie verrückt ist, gebeten, uns die Magie von Formel 1 zu erklären.

Hurra, Schumi ist wieder aus dem Koma aufgewacht.

Um diese Frage zu beantworten, müsste ich wohl ins Jahr 1984 zurückgehen, als in Estoril Niki Lauda, der erste Michael Schumacher, dem ebenso mathematisch begabten Alain Prost die WM um einen halben Punkt abnahm. Dieses Rennen und sein Sieg in Zeltweg (heute Spielberg) machten Lauda für mich zum absoluten Abgott und das ansonsten triste Jahr 1984 (remember Orwell, Atomic bomb etc.) etwas weniger trist.

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Es stand für mich nie ernsthaft zur Debatte, mich für eine andere Sportart als Fan zu entscheiden.

Schon im Mutterleib wurde ich auf Motorsport geprägt. Ich hörte den irren Sound der Boliden der 70er Jahre durch Mutters Bauchdecke hindurch, wenn sie sich schwanger zu meinem Vater auf das Sofa setzte, während er sich anderthalb Stunden dem im Kreis fahrenden Mario Andrettis und dieser wohl besten Ära der Formel 1 hingab. So war es schon als Fötus um mich geschehen. Später, auf der Welt, hielt man mir einen Fussball vor. Ich rümpfte nur die Nase und bespuckte das stinkende Leder. Das war nichts für mich. Trotzdem fragte ich meinen Vater, warum die Piloten weiter fuhren—in dem Bewusstsein, jederzeit verbrennen zu können, wie einst Ur-Schumacher Niki Lauda, der es genau wie Schumacher verstand, ein Auto ordentlich abzustimmen. Auf die Frage der Todesgefahr wusste mein Vater keine Antwort zu geben. So schwiegen wir über die Gefahr, in der sich unsre Helden permanent befanden und glotzten weiter im Kreis fahrenden Höllenmaschinen auf dem Weg in eben diese beim Kreisen zu. Wir fragten uns eigentlich nie warum wir das taten. Bei Formel 1-Fans gibt es keine Gründe, lediglich die Ausweglosigkeit des Kreises.

Nun findet erstmals seit 2003 ein Grand Prix in Spielberg statt. Grund genug für mich um am Freitagvormittag um 10Uhr auf dem Gamshügel zu stehen. Da beginnt das erste freie Training. Dort stand auch einst der junge Wolf Haas. Der erste Bolide, der an ihm vorbeifuhr, war der McLaren von James Hunt. Aufgrund dieser Erfahrung schrieb Haas Jahre später sein wohl bestes Buch, den Formel 1-Thriller „Ausgebremst“. Bei der 30-maligen Lektüre des Bändchens fühlte ich mich als fanatischer Formel-1 Fan erstmals verstanden, realisierte, dass ich mit meiner Krankheit nicht alleine war, dass diese Krankheit sehr wohl auch sogenannte Intellektuelle befallen konnte. Bei dem Helden aus „Ausgebremst“ geht die Krankheit gar so weit, dass er die Zeit von November bis März (da finden keine Formel 1-Rennen statt) Winterschlaf hält.

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Der Roman spielt in den Siebzigern, einer Art goldenen Zeitalters der Formel 1, als Hunt und Lauda um den Titel kämpften. In diesem Jahr verbrannte sich Lauda das Gesicht, verätzte sich die Lunge und die Boliden klangen wie Motörhead—nur dreimal so laut. Es gab breite, kleinere Vorder- und sehr breite große Hinterreifen. In jeder Kurve drohte der Bolide mit dem Heck auszubrechen, was die damaligen Helden durch ihre Fahrkunst zu verhindern versuchten. Heutzutage würde dieses sogenannte Driften höchstens Zeitverlust bedeuten, da die Autos von heute nur noch wie auf Schienen fahren. Und wenn der Drift-König, der Steirer Jochen Rindt, das stumpfe leise Röhren der 2014er-Boliden durch die Erde seines Grabes in Graz hören würde, dächte er wohl kaum an den Lärm von My Blooody Valentine und Dinosaur Jr., sondern eher an laues Lulu. Oh yeah, ce times cej are changing.

Eine Collage mit Schumi und mir beim Eisessen

Der Lärm und Soundfaktor der F 1-Motoren ist ein Grund dafür, warum ich Formel 1- und kein Fußballfan bin. Wenn der momentan beste Formel 1-Pilot Lewis Hamilton nebenbei ein R’n‘B-Album aufnimmt, das dann in R’n‘B-Kreisen auch noch hoch gelobt wird, so finde ich das allemal interessanter, als einen Fußballer, der Untergatten-Werbung macht. Die Formel 1 liegt immer in der Nähe zur Musik und umgekehrt. Motorenlärm=Musik=Motorenlärm. Gerhard Berger war der beste Freund von George Harrison, Harrison, in erster Linie Motorsportjournalist, sein Job als Gitarrist der Beatles war ihm vergleichsweise unwichtig. Obwohl Bekannte Bergers den Beatle oft versuchten von dessen Yacht ins Wasser zu werfen, da sie dachten der zottelige Typ wäre ein Vietnam-Veteran. Aber gerade diese Tollereien erfrischten den humorvollen Tiroler Formel 1-Fahrer Gerhard Berger.

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Zur Formel 1 empfehle ich das ausgezeichnete Video „Supreme“ von dem Fußball-Fan Robbie Williams, der in diesem Video eine Art Jackie Stewart spielt, alle Höhen und Tiefen eines WM-Jahres durchlebt und am Ende den WM-Titel nur deswegen verliert, weil ihn ein Mitglied seines Rennteams unabsichtlich im Wohnwagen einsperrt, als Williams/Stewart kurz vor dem Start versucht noch eine Kotstange in das Häusl zu setzen. Williams/Stewart kommt nicht mehr rechtzeitig zum Start und verliert so den Titel auf groteske Weise. Richtungsweisend, denn oft entscheidet eine Nichtigkeit wie eine Stange Kot über Gewinn und Verlust des Weltmeistertitels. Aber so ist die Formel1 eben: eine Stange Kot wie das Leben.

Am Ende einer Formel 1-Saison zählt nur, wer in der Tabelle vorne steht. Alles andere interessiert die Fans nicht.

Mein Formel 1 Schrein

So werde ich zum ersten Mal seit 2003 (da fand der letzte Große Preis von Österreich statt) wieder zum Ring pilgern, und obwohl die Boliden heuer nicht mehr so klingen wie die Valentines, sondern eher wie leise Lemmys, weiß ich, dass ich, wenn der Spass vorbei ist, ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen tragen werde. Und vielleicht bekommen sie den Sound bis 2015 auch wieder hin. Deswegen ist Formel 1 für mich das allergrößte.

Als Songs zur Formel 1 empfehle ich :

„You can win the race“ von Modern Talking

„Streckenabschnitt Sonnenhölle“ von Müde

„Supreme“ von Robbie Williams

„Faster“ von George Harrison