FYI.

This story is over 5 years old.

Popkultur

​Können wir bitte aufhören, Remakes von perfekten Filmen zu machen?

Wenn ich den 'Independence Day: Resurgence'-Trailer anschaue, fühle ich gar nichts.
Screenshot via YouTube

Independence Day aus 1996 war ein perfekter Film. Da brauchen wir gar nicht lange herumstreiten, dass der CGI-Effekt mit dem Hund im Tunnel scheiße aussieht oder den Blockbuster als Anfang des Niedergangs von Hollywood bezeichnen. Es ist einfach Fakt, dass kein Action-Katastrophenfilm das Kino so geprägt hat wie ID4—danach die Sintflut. Ein kompakter, Etwas-über-zwei-Stunden-Streifen, der mit ordentlicher, gut getimter Dramaturgie, einer der besten Rollen von Will Smith und ikonischen Bildern eine geniale Unterhaltungskurve zeichnet.

Anzeige

Vielleicht ist der originale Film sogar ein Mitgrund, warum es Kino heute überhaupt noch gibt. Aber vielleicht ist sein drohendes Remake der Grund, warum das Kino der Zukunft so leer aussehen könnte wie die Straßen von New York nach der Evakuierung in Teil 1. Mir ist schon bewusst, dass es ein bisschen ironisch wirkt, wenn ich den ersten Independence Day vor denselben Anschuldigungen beschütze, die ich jetzt in Bezug auf die Fortsetzung erhebe. Aber seit am Sonntag der Trailer online ging, wissen wir, dass im 2. Teil so hemmungslos und nostalgisch plump geklaut wird, dass sogar jedem Franchise-Restart-Fetischisten graust.

Mir ist zwar klar, dass das hier ein Sequel ist und keine Neuinterpretation—aber erstens ist heutzutage jede Fortsetzung ein Re-Boot im Kleinen (siehe Jurassic World oder Terminator: Genisys) und zweitens zeigt mir die Tatsache, dass sie die Ansprache des Präsidenten aus dem ersten Film über die ziemlich unstimulierenden CG-Bilder von Independence Day 2 abspielen, die völlige Substanzlosigkeit vom Emmerichs neuestem Streich.

Als im ersten Independence Day unser liebster Vergissmeinnicht-Schauspieler Bill Pullman mit seinen epischen Worten alle Erdenbürger für den Kampf mobilisierte, habe ich ernsthaft geweint—völlig ironiefrei, komplett nüchtern und ja, sogar mehrmals. Im neuen Film haben wir zwar zum Teil die alten Darsteller, aber auch einen superpeinlichen Smith-Ersatz und eine müde Handlung rund um eine Erde mit Alien-Technologie, was bei mir nicht mal ein Fünkchen Gefühl erzeugen konnte.

Anzeige

Was ich befürchte, ist eigentlich kein zweites Independence Day, sondern ein zweites Jurassic World. Diese Neuauflage hat auch unerwartet den Sommer dominiert und war in Wahrheit eine riesige Enttäuschung. Auch hier funktionieren nur die Referenzen auf früher: die Musik von John Williams, der Jurassic Park-Merch, die legendären Autos oder eben der altbekannte T-Rex.

Ich verstehe zwar die offensichtliche finanzielle Rechnung der Produktionshäuser, die auch fast immer aufgehen wird, einen altbewährten Klassikertitel wieder zu beleben. Aber verlieren wir nicht mit jedem neuen Total Recall, Tin Tin, Robocop, Escape from LA, Prometheus, Alice in Wonderland, und—seien wir uns ehrlich—letztlich auch der Star Trek-Mist immer ein weiteres Stückchen unserer unschuldigen Seele? Bis auf _Dredd _und_ Max Max: Fury Road_, die beide in Film gegossene Wunderwerke sind (unbedingt in 3D schauen!), hat in letzter Zeit keine Fortsetzung und kein Reboot überzeugt.

Während ich das hier schreibe, höre ich den Soundtrack des 90er-Jahre-Monumentalwerks ID4 und kann vor Gänsehaut fast nicht tippen. Ähnlich wie bei Jurassic Park wird die Franchise aus ihrem Grab gecockt und rein auf Wiedererkennungswert gesetzt—ohne auch nur einen einzigen guten Hook, originellen Gedanken oder lockenden Inhalt zu haben.

Dasselbe steht bei Independence Day 2 zu befürchten. Der erste Film war „Außerirdische kommen und sind Bad-Ass-Invasoren", aber der zweite Film wird „Außerirdische kommen noch einmal und haben ein größeres Mutterschiff, und die Menschen sind ein bisschen besser vorbereitet". Der Abklatsch ist ein Meister aus Deutschland.

Der Test der Zeit beweist, dass manche Filme einfach unvergessliche Motive und eine unangreifbare Elevator-Pitch-Handlung hatten und dadurch vom ersten Moment bis zum letzten funktionieren. Dieselbe Handlung mit einem „nur noch mal!" oder „nur größer!" als Suffix verbreitet selten dieselbe Magie. Dasselbe gilt für die Wiederholung klassischer Filmmomente, die manche Studios total postmodern für das Nerd-Publikum zu reproduzieren versuchen: seien es dreibusige Prostituierte am Mars, das vibrierende Wasser am Armaturenbrett oder Will Smiths göttlicher „Welcome to Earth"-Spruch.

Einen Terminator 2 hinzulegen ist eigentlich nur dann möglich, wenn man das Erzähluniversum um tausend neue Dimensionen erweitert. Vielleicht werde ich Lügen gestraft, aber dem Trailer nach zu urteilen Independence Day 2 tut das nicht. Lasst uns also die perfekten Originale bitte in Ruhe und macht stattdessen lieber richtig postmoderne, nerdige Remakes von echt schlechten Klassikern.

Auf Anhieb fallen mir da Demolition Man, Immer Ärger mit Bernie, Hackers oder Johnny Mnemonic ein (meine Güte, was war bitte in Johnny Mnemonic los?). Was ich hingegen wirklich nicht sehen will, ist ein neuer The Big Lebowski oder eben auch Independence Day. Und ja, ich fürchte mich auch jetzt schon ein bisschen vor dem nächsten Blade Runner.

Josef auf Twitter: @theZeffo