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Studentenverbindungen haben den Basler Studierendenrat übernommen

Der Entscheid, dass sich Basel aus der nationalen Studentenpolitik zurückzieht, wurde von einer Mehrheit aus Verbindungsleuten gefällt.
Titelbild von Patrik Tschudin

Letzte Woche fragten sich alle, die mit mindestens einem Bein im Basler Studentenkuchen stehen, weshalb die SKUBA (Studentische Körperschaft der Uni Basel) aus dem VSS (Verband der Schweizer Studierendenschaften) ausgetreten ist. Die Erklärung ist einfach: Die Studentenverbindungen AKV Rauracia, Zofingia Basel und die schlagende Akademischen Turnerschaft Alemannia haben die Mehrheit im Studierendenrat übernommen.

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Die SKUBA ist im letzten Jahr kaum mit positiven Nachrichten aufgefallen: Das von ihr geführte Kultur-Café „Caffe Bologna" budgetierte in den ersten fünf Monaten einen Verlust von 220.000 Franken. Mittlerweile hat sich die SKUBA mit 360.000 Franken bei der Uni Basel verschuldet. Jetzt hat sich die SKUBA aber ganz zurückgezogen; das „Caffe Bologna" wird von der Rheingarten GmbH geführt.

Foto von Nina Stössinger; Flickr; CC BY-SA 2.0

Bereits im vergangenen Herbst wurde—wegen dem Finanzdesaster „Caffe Bologna"—diskutiert, ob es künftig noch möglich sei, die 53.000 Franken Jahresbeitrag beim VSS zu entrichten. Darauf bot der VSS einen reduzierten Beitrag von 17.000 Franken an. Im jetzigen Statement der SKUBA zum Austritt aus dem VSS nimmt das Budget aber nur noch eine Randrolle ein:

„Die Befürworter eines Austritts stellten den Nutzen und die Leistung des VSS im Allgemeinen in Frage und setzten ihn in Relation zum personellen und finanziellen Aufwand für die SKUBA. (…) Eine nationale Vertretung der studentischen Interessen wäre auch ohne VSS möglich."

Der finanzielle Aufwand ist sicher auch ein Anlass gewesen, aber in Teilen des Statements wird auch die Option einer anderen nationalen Vertretung angesprochen. Die alten Vegan-Mensa-Befürworter aus dem Studierendenrat fühlen sich nicht mehr vom VSS vertreten? Es sind eben nicht mehr die Veganer von früher.

Einige Studentenverbindungen haben das mangelnde Interesse am Basler Studierendenrat genutzt, um sich dort zu installieren. Der Studierendenrat hat 36 Sitze, welche aber nie alle gefüllt sind. Der Entscheid für eine rein vegetarische Mensa fiel 2012 beispielsweise mit 6 zu 2 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Anscheinend finden sich unter den 12.500 Studierenden keine 36 Menschen, die die Studierendenschaft vertreten wollen. Und von denen, die offiziell dabei sind, gehen nicht alle an die Sitzungen.

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Titelbild/Foto von Patrik Tschudin; Flickr; CC BY 2.0

Diesen Umstand machten sich jetzt einige Studentenverbindungen zunutze: Seit 2015 dominiert die christliche Verbindung AKV Rauracia mit 9 Leuten den Studierendenrat. Weiter sitzen jeweils ein Mitglied der Zofingia, ein Altherr der GV Disenstis und ein Mitglied der schlagenden Verbindung Akademische Turnerschaft Alemannia im Basler Studierendenrat. Was zusammen 12 der insgesamt 16 Stimmen für den VSS-Austritt sind. (Bei 4 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen. Die Verbindungen haben wirklich einen Spielplatz gefunden, den sonst niemand interessiert.)

Nach dem Austritt aus dem VSS brüstet sich die AKV-Rauracia auf Facebook: „Das ist Hochschulpolitik! Eine von der AKV Rauracia orchestrierte Meisterleistung! Dank dem Austritt aus dem VSS spart die SKUBA 50.000 CHF pro Jahr. Ein grosses Dankeschön an alle Mitglieder, die sich im Studierendenrat engagieren—natürlich auch von den anderen Verbindungen. ;-)"

Screenshot von Facebook

Max Hufschmidt, SKUBA-Vorstand für Hochschulpolitik, bestätigt die „Meisterleistung": „Die Mehrheit für den Austritt aus dem VSS ist wegen dem Engagement der AKV Rauracia zustande gekommen." Eine Position zum Austritt aus dem VSS darf er aber nicht einnehmen. Doch der Austritt aus der nationalen Studierendenvertretung ist auch in der „echten" Politik ein Thema, etwa bei Beda Baumgartner, Präsident der JUSO Basel-Stadt: „Hochschulpolitik wird national und international betrieben, ein Austritt aus dem VSS bedeutet daher eine Abschottung und Isolation der SKUBA und verunmöglicht eine Beteiligung an wichtigen Projekten. Eines davon ist die Stipendieninitiative, welche vielen Studierenden Vorteile bringen würde."

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Die AKV Rauracia begründet auf Anfrage die „orchestrierte Meisterleistung" des VSS-Austritts mit den 53.000 Franken Mitgliederbeitrag. Eine vorgeschobene Begründung, denn die VSS bot ja einen reduzierten Beitrag von 17.000 Franken an. Die Zofingia beantwortete unsere Anfrage nicht; laut der Alemannia ist ihr Mitglied nur als Privatperson im Studierendenrat.

Foto von Taxiarchos228; Wikimedia Commons; CC BY-SA 3.0

Thibaut Meyer von der AKV Rauracia hatte den Antrag für den Austritt aus dem VSS gestellt. Thibaut Meyer stellte an derselben Sitzung eine Reihe Hedonismus-Anträge, die das Budget-Argument zur absurden Pointe machen. Er forderte neben dem VSS-Austritt: „Der SR möge beschliessen, dass die nach den Sitzungen konsumierten Getränke von der SKUBA übernommen werde." Der Inhalt eines weiteren Antrags „Häppchen und Mineralwasser während den Sitzungen" muss wahrscheinlich nicht im Wortlaut zitiert werden. Wer will, kann es im Beschlussprotokoll nachlesen.

Studentenverbindungen haben sich die Mehrheit in der Basler Studierendenvertretung gesichert. Ein besonderer politischer Umsturz, denn das unipolitische Desinteresse der Studenten geht in Basel so weit, dass keine Wahl gewonnen, gefälscht oder umgangen werden muss: Im Basler Studierendenrat ändert sich die Mehrheit nur schon, wenn man Interesse bekundet (und bereit ist, die ewig langen Sitzungen zu ertragen).

Update: In einer älteren Version dieses Artikels stand, dass zwei Mitglieder der Zofingia im Studierenrat Einsitz nehmen. Am 19.3. hat uns die Zofingia auf den Fehler aufmerksam gemacht. Ausserdem möchte die Zofingia darauf hinweisen, dass die Verbindung parteipolitisch neutral ist und sämtliche von Zofingia-Mitgliedern vertretenen Meinungen allein deren persönliche Meinungen sind.

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