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Auf LSD bei Ho Chi Minhs Geburtstag

Kürzlich war der Geburtstag von Ho Chi Minh, dem revolutionären Führer von Vietnam und wir hatten die großartige Idee, den Tag auf LSD in den Dong-Xuan-Hallen zu verbringen.

Auf LSD ist alles unglaublich, oder? Mao Zedong ist wie Hähnchen süß sauer … auf LSD. Glückskekse sind wie Nachrichtensprecher … auf LSD und Winkekatzen sind auch auf LSD irgendwie süß. Und so weiter. Also dachten wir uns, wir machen ein paar wirklich gruselige Dinge auf LSD, um zu sehen, ob an diesem Klischee wirklich etwas dran ist. Dieses Mal: Ho Chi Minhs Geburtstag auf LSD.

Kürzlich war der Geburtstag von Ho Chi Minh, dem revolutionären Führer von Vietnam. Das ist übrigens ziemlich sicher nicht sein echter Name, mittlerweile geht man von ca. 75 Decknamen aus, die er sich im Laufe seiner Zeit als Widerstandskämpfer zugelegt hat. Im Gegensatz zu vielen ehemals idealisierten Führern, bei denen sich aber ziemlich schnell rausgestellt hat, dass sie in der postrevolutionären Realität ziemlich große Idioten waren, war Ho Chi Minh sehr konsequent und auf der Bewertungsskala von Revolutionshelden, die tatsächliche Politik machen mussten, würde er sicherlich im oberen Drittel der Glaubwürdigkeit und Kredibilität angesiedelt werden. Im Gegensatz zu Lenin, Stalin oder unser aller Lieblingsrevoluzzer Schrägstrich blutrünstiger Diktator aus jüngerer Zeit. Lady Gagaddaffi. Ho Chi Minh kämpfte für ein unabhängiges Vietnam und gegen die französische Kolonialherrschaft und das durchaus erfolgreich und in seinem weiteren Leben immerhin so konsequent, dass er, schon Präsident von Vietnam, ganz asketisch in einer Hütte neben dem eigentlichen Präsidentenpalast lebte. Also prinzipiell legitim, seinen Geburtstag zu feiern.

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Der Junge Mann da oben ist Daniel. Er hatte die großartige Idee, den Geburtstag von Onkel Ho in den Dong-Xuan-Hallen zu verbringen, einem Großhandelszentrum mitten in Lichtenberg und das Mutterschiff aller vietnamesischen Nagelstudios, Lebensmittelmärkte, Blumenläden, Frisöre und Restaurants in Berlin.

Daniel wollte quasi in Hos Fußstapfen wandeln und wir fingen deswegen den Tag in der Brasserie de France an, in stiller Erinnerung an Ho Chi Minhs Studententage in Paris, wo er sich nicht nur für ein freies Vietnam engagierte, sondern auch die kommunistische Partei Frankreichs mitbegründete. Das Frühstück wurde unter einem hölzernen Eiffelturm serviert. Fast wie bei Onkel Ho.

Daniel hatte sich dazu entschieden, das Croissant den ganzen Tag mitzunehmen. Außerdem auch noch einen 500.000-Dong-Schein aus Reispapier. Alles als Ausweis seiner revolutionären Einheit mit dem vietnamesischen Volk an diesem großen Tag. Im Laufe der Zeit ging das alles irgendwo verloren oder tauchte zufälligerweise wieder auf. Zu diesem Zeitpunkt fing übrigens das LSD an zu wirken. Er fühlte nämlich plötzlich Wellen von Lachen.

Diese Lady in Rot war das erste Highlight des Tages. Daniel war total fasziniert von ihr, weil er sich bereits auf der Hinfahrt vollkommen für alles begeisterte, was auch nur annähernd rot war.

Wenn man überlegt, was sich Ho Chi Minh wohl am ehesten zu seinem Geburtstag gewünscht hätte, dann stände wohl eine Hüpfburg ganz oben auf der Liste. Schließlich wünscht sich jeder eine Hüpfburg und der große revolutionäre Führer war da auch keine Ausnahme. Und was ist schon eine bessere Metapher für den Niedergang des Kolonialismus als Kinder, die auf dem Symbol für mittelalterlichen Absolutismus schlechthin rumspringen. Dummerweise hatte Daniel ein bisschen Angst vor den ganzen Kindern. Er packte kurz seinen 500.000-Dong-Schein raus, um vielleicht die Hüpfburg zu kaufen.

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Hätte er sich entscheiden können, welche der circa 3.845 Farbvariationen er am liebsten mag, hätte er das Dong Xuan Center sicherlich mit French Nails verlassen.

Jetzt mal ehrlich: Ein graues Plastikhausboot, auf dem sich ein Aquarium für neonfarbene Plastikschiffe befindet und eine Turmuhr. LSD ist da doch fast schon obsolet.

Wir sollten auch unbedingt diese Brille, „durch die man einfach nichts sieht", anprobieren.

Als wir ihn kurz in einem Laden, in dem es scheinbar nur Plastik-Shirts gab, verloren hatten, ist er Gott sei Dank auf den Überwachungsbildschirmen wieder aufgetaucht.

Daniel mag eigentlich Kunstblumen. In diese Laden war die Auswahl allerdings derart groß, dass ihm schwindelig wurde. Beim Hinsetzen entdeckte er diesen Brunnen, der ihn kurzzeitig in einen Zen-mäßigen Gemütszustand versetzte.

Nach ein paar Stunden in schlecht belüfteten Hallen war es Zeit für einen Snack. Dummerweise war unsere Bedienung ziemlich einschüchternd für Daniel.

Sie erinnerte ihn zu stark an die versehrten Plastikpuppen aus den Hallen.

Der Parkplatz vor den Hallen ist auch eine Art Autofriedhof. Daniel sagte: „Das Auto ist voller Pilze.“ Was sich zwar bizarr anhört, aber merkwürdigerweise tatsächlich so war. Ein nicht mehr fahrtüchtiges Pilzbiotop vor vietnamesischen Markthallen also.

Kurz bevor der Tag in den Dong-Xuan-Hallen zu Ende war und wir schon halb auf dem Weg zum Auto waren, fuhr plötzlich dieser griechische Reisebus vor, aus dem eine riesige Gruppe Asiaten ausstieg. Griechische Partytouristen aus Vietnam, die tagelang unterwegs waren, um den Geburtstag des großen Revolutionärs zu feiern? Offensichtlich hatte auch Daniel keine Antwort gefunden.

Zumindest aber ein Bier.

Fotos: Grey Hutton