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So überlebt ihr die Book Challenge

Hier sind 10 Bücher, mit denen ihr bei der Book Challenge auf Facebook Eindruck schinden könnt.

Zeichnung via VICE Media

Jetzt ist es also passiert. Aber es war auch nur eine Frage der Zeit, bis jemand aus meinem erweiterten Facebook-Freundeskreis seinen Finger gegen mich erhebt und mich mittels Namens-Tagging—dem Body Snatchers-Schrei unter den Social Media-Funktionen—für eine dieser Challenges nominiert. Nachdem ich also davor dem drohenden Damokles-Kübel voll Eiswasser erfolgreich ausgewichen war, hat mich gestern die „Book Challenge“ erwischt.

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Eigentlich kein Grund nervös zu werden oder sich unter First-World-verdächtigen „Oh—my—gawd“-Rufen Luft zuzufächeln. Immerhin muss man nur seine 10 prägendsten Lieblingsbücher nennen, ein nettes Emoticon dazu raussuchen und den Virus mit 5 neuen Name-Tags weiterverbreiten. Niemand muss nass werden und noch nicht mal spenden. Dagegen könnte man argumentieren, dass es in diesem Fall genauso wenig bringt wie es wehtut.

Aber der wahre Sinn dieses Kettenbrief-Spiels ist sowieso ein ganz anderer. Es geht nämlich darum, dass ihr euch mit kultureller Kompetenz schmückt und eurem Freundeskreis zeigt, was für ein wunderbar funkelnder, facettenreicher Diamant ihr seid. Und weil wir für das bisschen extra Funkeln alle eine kleine Politur gebrauchen können, sind hier unsere 10 Bücher, die auf jeden Fall mit auf die Liste sollten.

1. Ulysses von James Joyce

Foto von Celithemis ı Wikimedia Commons ı CC-0

Angeblich ist Ulysses gleich nach der Bibel das am meisten gekaufte und am wenigsten gelesene Buch der Welt. Falls ihr euch fragt, warum es auf eure Liste soll: Weil das gleichzeitig auch der erste von vielen Fun Facts rund um dieses „Jahrhundertwerk“ ist. Der zweite ist, dass man das Phänomen vom Kaufen und dann doch nicht Konsumieren Interpassivität nennt. Und der dritte, dass der Schriftsteller James Joyce gemeinsam mit seiner Frau einen sehr ausgeprägten Furzfetisch hatte. Wenn euch das immer noch nicht reicht, könnt ihr natürlich auch damit angeben, dass die deutsche Übersetzung eigentlich eine „Neuinterpretation“ von Hans Wollschläger ist und es im Buch um die Odyssee von Leopold Bloom durch das Dublin der frühen 1920er geht. Oder wie es ein User auf Amazon ausdrückt: „Ja, es ist ein dickes Buch. Und schwierig ist es. Und man versteht sicherlich nicht alles. Aber: es macht Spaß es zu lesen.“ Ganz genau. Wem das nicht fetzig, chaotisch und actionreich genug ist, der kann ersatzweise auch die Bibel nehmen.

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2. Das Kapital von Karl Marx

Foto: Abode of Chaos via photopin cc

Ihr habt es zwar nie gelesen und vielleicht nicht einmal in eurem Bücherregal, aber mit diesem Buch in eurer Prägungs-Liste zeigt ihr, wofür euer Herz schlägt—bevor ihr euch auf eurem iPhone irgendwas über Amazon bestellt (zum Beispiel die Kindle-Version von Das Kapital).

3. What Was the Hipster? von Mark Greif

HymneGang*Ben via photopin cc

So wie ich das bei anderen gesehen habe, die ihr innerstes Buchleben für die Challenge schon offengelegt haben, muss immer mindestens auch ein Sachbuch dabei sein, damit einen nicht alle für einen vergnügungssüchtigen, debilen Affen halten. Und weil wir nun mal nicht die Typen sind, die von Die Narrativität des imaginierten Realen im Deleuze’schen Nicht-Raum des Biotech-Barocks geprägt wurden (zum Teil auch, weil ich mir den Titel gerade erst ausgedacht habe), können wir euch auch nichts Besseres empfehlen als What Was the Hipster?. Aber wenn ihr ehrlich seid, passt es sowieso ganz gut zu euch: Es ist gleichzeitig akademisch abgehoben und populärwissenschaftlich verbrüdernd und zeigt, dass ihr einerseits Hipster-Kultur verinnerlicht habt, andererseits aber auch längst auf einer ganz anderen Ebene seid.

4. Pippi Langstrumpf von Astrid Lindgren

Foto: alias URBAN ARTefakte via photopin cc

Ihr wollt zeigen, dass euch Kinder wichtig sind und ihr schon sehr früh zu lesen begonnen habt. Und weil du doch noch ein bisschen links bist (siehe Das Kapital) hast du dich für Pippi Langstrumpf und nicht für Hatschi Bratschis Luftballon entschieden. Ganz beiläufig verleiht ihr damit eurem eigenen inneren Kind Ausdruck—aber nicht auf die „Ich mach dreckige Sex-Witze“-Art, sondern auf die „Ich hole mir ohne Schuldbewusstsein Popel aus der Nase“-Art, was viele eurer Freunde bestimmt magisch finden.

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5. Das obszöne Werk von Georges Bataille

Foto: Abode of Chaos via photopin cc

Anfänger würden vielleicht Marquis de Sade auf die Liste schreiben, aber nicht wir. Falls ihr die Essenz von Sadismus verstehen wollt—und solche Dinge wie Kack-Orgien, Nazi-Psychoterror und Jünglings-Penisse gut vertragt—, schaut euch stattdessen lieber Salò oder die 120 Tage von Sodom von Pasolini an. In Sachen obszöne und schockierende Literatur ist nichts obszöner und schockierender als Georges Batailles obszönes Werk Das obszöne Werk. Es ist die literarische Entsprechung eines Gehirns, das sich selbst verdaut. Und es kommen merkwürdige Spiele mit gekochten Eiern drin vor, was eigentlich alles ist, was ihr wissen müsst.

6. The Great Shark Hunt von Hunter S. Thompson

Foto: DAN_DAN2 via photopin cc

Wenn ihr dachtet, es würde zumindest ein Mal auch ohne Hunter S. Thompson gehen, habt ihr falschgelegen. Immerhin hat der gute Doktor (der sich seinen Titel von der Universal Life Church gekauft hat) schon gewutbürgert, bevor es Wutbürger gab und Acid geschmissen, lang bevor wir auf LSD auf dem Christkindlmarkt waren. Aber um zu zeigen, dass ihr wirklich Ahnung von Gonzo habt, darf es natürlich nicht Fear and Loathing in Las Vegas sein. The Great Shark Hunt ist ohnehin viel besser; genaugenommen ist es die beste Sammlung an (erfundenem?) Journalismus, die je geschrieben wurde.

7. Images You Should Not Masturbate To von Graham Johnson, Rob Hibbert

Foto: o-wagen via photopin cc

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Seit wir aus dem Falter wissen, dass es bei uns anscheinend nicht ohne Ironie geht, ist für uns fix, dass unsere ironische Lieblingsbücherliste auf jeden Fall ein Buch dabei haben muss, das man sich einfach nur auf den Coffeetable (ironisch! dort wird gar kein Kaffee getrunken!) stellt, um zu zeigen, wie lustig (und ironisch!) man ist. An diesem Buch ist sogar der Preis ironisch, weil es keinen einzigen Cent davon wert ist, aber das macht nichts. Dafür ist das Gesicht eurer Großtante beim Anblick des Titels auch priceless—was ironisch ist, weil man ihn eben sehr wohl genau um den Preis des Buchs kaufen kann. Ironischerweise ist das Buch selber völlig egal—ersatzweise könnt ihr auch sowas wie den sexy Karpfenkalender oder „Jugendkultur für Dummies“ nehmen.

8. Ein Buch von Bret Easton Ellis

Foto: JohnnyCashsAshes via photopin cc

Ihr habt zwar schon einen Amerikaner in eurer Liste, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er tot ist und Steinbeck, Hemingway oder Faulkner heißt, ist sehr groß. Mit Bret Easton Ellis (der seinen zweiten Vornamen übrigens nur erfunden hat) zeigt ihr, dass ihr am Puls der Zeit seid und auch eine dunkle Seite in euch habt. Auch wenn der Puls vielleicht die 1980er misst und ihr mit dunkler Seite nur das lichtlose Eck am Club-WC meint, in das ihr euch gelegentlich übergebt. Bei Ellis gibt es natürlich verschiedene Abstufungen von dunkel oder böse, beginnend bei Less than Zero, das für „ein bisschen abartig“ steht bis hin zu American Psycho, dem Roman, mit dem du anderen Menschen sagst „Ich scheue auch nicht davor zurück, eine Prostituierte von einer Ratte innerlich auffressen zu lassen“. Beides wird von deinem Freundeskreis wohlwollend aufgenommen werden.

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9. Hagakure von Yamamoto Tsunetomo

Foto: Narisa via photopin cc

Fernöstliche Philosophie gehört natürlich auch zum guten Ton, wenn man sich nach außen hin literarisch profilieren will. Hagakure ist eine Schriftensammlung des zum Mönch pensionierten Samurais Yamamoto und erklärt euch in halb- bis zweiseitigen Absätzen, warum ihr euer Leben gefälligst dem des Lehnsherren unterordnen solltet, um als edler und ehrenhafter Untergebener zu gelten. Fans von Ghost Dog und Leute, die diesen selbst- und irgendwie hirnlosen Codex auf Beziehungen oder Arbeit umlegen können, werden ihr Weltbild mit strengen Traditionen und Richtlinien verbessern. Wenn ihr zum Beispiel den Seppuku deines Meisters verpatzt, indem ihr ihm nach seinem Bauchstich den Kopf nicht richtig abschlagt, könnt ihr euch auch direkt ins Messer werfen. Seht ihr, alles auch heute noch anwendbar!

10. Euer Tagebuch

Foto: andres.moreno via photopin cc

Ah, es geht doch nichts über einen klassischen M. Night Shyamalan-Abschluss! Sicher, es ist nicht gerade bescheiden, euch und euer eigenes Leben so wichtig zu nehmen, aber irgendwo muss man mit dem Selbstbewusstsein ja auch mal anfangen. Jack Kerouac konnte Desolation Angels auch nur schreiben, weil er es wichtig fand, dass er alleine in einer Berghütte saß, Dosenfutter in sich hinein schob und über die Stadt nachdachte. Scheiß drauf, dass Berghütten und Dosen und Städte schon vor ihm da waren! Diese gesunde Portion Überheblichkeit ist es, die in jedem großen Buch steckt.

Markus schreibt selbst Tagebuch, unter anderem auf Twitter: @wurstzombie