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Popkultur

Malicks Antiwunder

'Arrested Development' reift, 'To The Wonder' nervt

Für manche findet gerade das Highlight des Jahres statt, die Rückkehr der asozialen Bluths. Arrested Development wurde von Netflix in einer großen Wurst rausgedrückt und ersetzt für die leidenschaftlich eingesessenen Fans das maue Kinoprogramm dieses Frühlings. Viele haben sich irrsinnig darauf gefreut und jetzt wo die neuen Folgen da sind, bleibt nur Sprachlosigkeit. Wie bei einem scharfen Chili kommen die wahren Nachbeben erst später. "Ein guter Wein muss reifen" wäre auch mögliche Metapher gewesen, aber ich habe gerade sehr scharfes Curryhuhn gegessen.

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Verdauen wir jedenfalls erst einmal diese geballte Netflix-Ladung. Ich bin noch nicht durch, aber merke bereits, die vierte Staffel ist wieder traumhaft konfus geschrieben und stärkt meinen Glauben an die absurd-witzige Randomness der menschlichen Existenz. Endlich kann man wieder einmal eine Serie hundert Mal anschauen und die kleinen Genialitäten neu entdecken. Keine Sitcom-Wegwerfgags wie bei Two and Half Man, was meines Erachtens die Magendarmgrippe der Comdey-Landschaft ist.

Offenbar sind aber nicht alle begeistert von den neuen Arrested Developments und geben teils dem elenden Online-Format die Schuld, "Ninja please". Diese Show funktioniert anders und löst nicht sofort Orgasmen aus, darum wurde sie ja auch abgesetzt. Tatsächlich ist die neue  trotzdem eine super Staffel, sage ich! Lustigerweise wird Terrence Malick in einer der neuen Folgen kurz verarscht. Obwohl er das mittlerweile sehr gut selber schafft, habe ich mir im heutigen Bunker ebenfalls genau das zur Aufgabe gemacht.

Malicks Peek & Cloppenburg-Werbung 

"Das sieht schon jetzt aus wie ein Film, in dem Leute mit den Händen durch Getreide oder Grashalme streichen … " Hätte ich doch auf mein zynisches Gefühl gehört und wäre einfach gegangen. Wer zum Teufel will einem viel zu attraktiven und genauso schmierig affektierten Pärchen dabei zuschauen, wie sie sich in dramatischen Model-Posen gegenseitig millionenfach die gepflegten Haare streicheln oder wortlos-lebensschmerzhaft in die Herbstsonne starren? Schwebende Steadycam-Shots langweilen uns durchgehend für zwei Stunden. To The Wonder besteht ausschließlich aus Aufnahmen von Frau Bambi, die sich jauchzend und mit ausgestreckten Armen durch Felder dreht oder zu Tode betrübt die scheuen Augen aufschlägt.

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"Jetzt dreht sie sich gleich wieder! Nur dieses Mal in einem Wald, jetzt reicht es mir aber!" dachte ich kurz vor Ende und floh richtig verärgert aus dem Kino. Hey, ich mag Schnulzen prinzipiell gerne und gute Cinematographie natürlich auch. Auch habe ich schon mit Freude wegen emotional zerstörenden Beziehungsgeschichten meinen Wohnzimmertisch geboxt, aber Terrence Malick hat hier schlicht und ergreifend einen Peek & Cloppenburg-Katalog verfilmt. Ein schöner Satz mit Substanz war schon dabei, muss ich zugeben: "Only weak people will not end something, and choose others to let it end for them."

Ich hätte nie gedacht, dass mir eine dermaßen wunderschöne Frau wie Olga Kurylenko langweilig werden könnte. Sie hat zwar schon in Oblivion ziemlich schlecht gespielt, aber hier kaufe ihr das "Mensch sein" nicht einmal wirklich ab. Magersucht ersetzt Talent nicht. Sie ist total unglaubwürdig als junge Mutter besetzt und versucht sich mit dem Ben Affleck Charakter zusammenzuraufen. Affleck ist aus einem Gilette-Spot entwachsen und steht permanent im Flanellhemd herum. Stoisch und völlig unfähig eine Entscheidung oder Motivation zu vermitteln, kotzt mich seine Figur heute noch an. Wenn er nicht gerade rumschmust oder besorgt aus einem Fenster grübelt, nimmt er Bodenproben. Ist er etwa ein Ökologe oder was soll das? Solche Fragen werden natürlich nicht ansatzweise beantwortet. Ich weiß, man muss Malicks Filme fühlen, nicht analysieren, aber irgendwas muss ich doch verarbeiten, während mir eine Erzählung hingeworfen wird.

Ich kann doch nicht bloß unreflektiert Olga beim lebensbejahenden und doch halbdepressiven Drehen im Feld beobachten. Das entspricht für mich einem visuellen Äquivalent von weißem Rauschen. Da geben mir Info-Screens in einer Bankfiliale mehr. Malicks Tree of Life war schon ziemlich cool und hat auf seine Art gut funktioniert (auch, wenn er etwas zu sauber war für meinen Geschmack und diese eigenartige Naturesoterik hatte). Was mich bei To The Wonder dann doch vor dem Verlassen des Kinositzes bewahrt hat, waren die Szenen mit Javier Bardem als katholischen Priester, der im Gefängnis Visite macht, innere Spanischmonologe führt und dem eine Glaubenskrise nachhängt. Von DEM Film hätte ich gerne mehr gesehen und nicht "Der Idiot und seine Feldmaus".

Josef auf Twitter: @theZeffo