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Popkultur

Johnny Depp wird 50 und eine Ode an das Bullshiting

'Before Midnight' und 'Room 237' sind äußerst sehenswert (wenn auch aus unterschiedlichen Gründen) und Johnny, der fesche Fokus unseres gebündelten Neids feiert Geburtstag.
Screenshot aus ,Platoon‘

Johnny Depp hat heute seinen 50. Geburtstag! Selten erinnert sich wer an seine Rolle in Nightmare on Elm Street, der Schlingel hatte aber bereits Potential. Auch, wenn er in Platoon mehr Statist war und mit 21 Jump Street das Bravo-Centerfold-Konzept revolutionierte. Letztlich hat Johnny in den Anfängen seiner Karriere das geschafft, was man mit Erfolg eigentlich auch anfangen sollte. Er nutzte die vielen Möglichkeiten seines Celebrity-Status und begann bei wirklich spannenden Projekten mitzuwirken und solchen "Anspruch" zu fördern. Auch hübsche Männer haben Herz.

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Ob das jetzt Arthouse-Wirrwarr wie Arizona Dreams oder echt starke Performances wie in What's Eating Gilbert Grape sind, man merkte in den Neunzigern, dass der Junge nicht mit den anderen Hollywood-Prolos spielen wollte. Sich mit Emir Kusturica, Fay Dunaway, Vincent Gallo und Jerry Lewis in ein serbisches Irrsinns-Boot zu setzen, war mutig und er ist dafür sicher auch ziemlich verarscht worden. Ich find's geil. Johnny hat viel probiert und hat diesen lockeren Fasching orientierten Acting-Zugang. Er spielt sich selbst als Schauspieler, der einen Typen mit Scherenhänden spielt. Sehr meta und manchmal vielleicht sogar schon zu stilisiert unser Rock and Roll-Aktör, aber hassen tut ihn irgendwie auch niemand dafür.

Dass Johnny gut Freund mit Marlon Brando war—die coolste Sau seit überhaupt—ist bekannt, spätestens seit Johnny einen der Strände seiner Privatinsel ("Little Hall's Pond Cay")" nach dem fetten Nuschler benannt hat. Eine andere Ecke seines Karibikdomizils heißt "Keef Reef" nach Stones-Gitarrist Keith Richards und natürlich gibt es auch "Heath's Place", ein kleines Tribut an Ledgers abruptes Ableben und als Erholungsort für dessen gebeutelte Familie. Herr Depp holt dich ab in seinem Boot, mixt Cocktails und raucht lässig Zigarillos, während im Hintergrund Warren Zevon Platten laufen und man kaum fassen kann, wie verdammt cool dieser Typ ist.

Jetzt hätte ich beinahe "Gonzo Beach" vergessen, aber Johnnys Hunter Thompson Obsession/Freundschaft ist dem geneigten Fan von einem der beiden sicherlich längst ein Begriff. Er bezahlte auch die 2005er Feuerwerksbestattung des Acid-Journalisten, der seine Asche mit einer Kanone in den Nachthimmel schießen wollte. Versprochen ist versprochen. Man sollte aber nicht vergessen, dass jeder Stern auch irgendwann verglüht. Tolle Metapher, ich weiß, aber ich meine so Filme wie The Tourist, Pirates und der neue Charlie and the Chocolate Factory. Die alten Werte scheinen etwas verloren gegangen zu sein, aber ganz ehrlich, Geld scheffeln zu wollen sei einem nach so viel Cinephilen-Pleasing dann auch ma verziehen, gerade ab einem gewissen Alter. Vielleicht wird er auch bald fett wie Brando und dreht völlig ab. Ich bin gespannt.

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Auch wenn er erlesene Schönheiten à la Amber Heard und der letzten Ex Vanessa Paradis wie feine Weinsorten um sich arrangiert, wissen wir letztlich, dass Johnnys intensivste und fruchtbarste Beziehung die zu Tim Burton ist. Die Regisseur-Lieblingsdarsteller-Zusammenarbeit der beiden nimmt auch immer mehr ein obskures Erscheinungsbild an, das ironischerweise langsam dem schrägen Vibe der früheren, guten Filme von Burton gleicht. Aber in Wirklichkeit träumt unser Depp sicher noch nächtlich von Winona Ryders Rehaugen und massiert seine umgestochene Tätowierung ihres Namens mit diesem schmerzhaft-süßen "The one that got away"-Gefühl. Alles Gute, hoffentlich wird Lone Ranger nicht nur scheiße.

Nicht nur Delpys Busen sind unerwartet ehrlich

Assoziationskette! Von Winona ist es nicht weit zu Ethan "Troy" Hawke und dann stehen wir auch direkt vor Richard Linklaters—mittlerweile—Trilogie der philosophierenden Before-Filme. Was, wenn eine schicksalhafte und bedeutungsschwangere Liebe zu einer Beziehung wird? Auch die ach so tollen, kreativ-interessanten Personen machen genau den gleichen zwischenmenschlichen Scheiß durch wie du und ich—nur können sie sich besser ausdrücken. Before Midnight lässt Jesse und Celine dieses Mal dialogschwer durch Griechenland trotten und den mittlerweile ordentlich angehäuften Lebensbalast durchkauen, eine Reprise der Bullshiting-Spezialisten.

Man will am liebsten wieder mitstreiten und wechselt aber mit jedem Wort die Seiten. Ein blanker Busen wird in eine ziemlich unpassende Situation hineingetragen, was aber Linklaters verbalem Realismus nur zuträglich ist. Ich mag echt nicht zu viel verraten, denn trotz einer erst abstoßenden Prämisse und dem—für mich—etwas unbefriedigenden Ende, ist Before Midnight saustark und richtig gut geworden. Nach dem Film kann man zum Beispiel nach einer argen Trennung wieder ein echtes Gefühl von Frieden im Kopf anreichern. Es ist erfrischend, den Wahnsinn anderer Menschen zu sehen. Wahrlich sehr zu empfehlen der Schmus, aber man sollte Before Sunrise und Before Sunset definitiv gesehen haben, bevor man sich in Kapitel 3 der episch-intellektuellen Austragungsgeschichte zwischen Mann und Frau stürzt.

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Nichts ist wahr, alles ist … Blödsinn

Hat Stanley Kubrick The Shining gemacht, um Stephen King den Stinkfinger zu zeigen, oder doch der gesamten Filmindustrie? Reicht die Platzierung einer deutschen Adler-Schreibmaschine samt Blut um den ganzen Film als Mahnmal an den Holocaust auszuweisen? Oder liegt da doch eher ein Gleichnis für den nordamerikanischen Indianer-Genozid vor? Beweist Dannys Raketenpulli, dass Kubrick die 69er Mondlandung gedreht hat? In Room 237 besprechen—ich benenne sie einmal vorsichtig—cineastische Spinner ihre tiefgehenden Theorien zu The Shining und rangen mir mehr Kopfschütteln als Augenöffnung ab.

Teils nachvollziehbar, kam das meiste davon trotzdem eher idiotisch rüber. Aber Room 237 ist eine unglaublich unterhaltsame und inspirierende Doku über Intention, Symbolik, interpretative Grenzenlosigkeit und die tatsächlichen Möglichkeiten der Filmregie.

Wenn man bestimmte Stellen des Films übereinander legt, sehe ich zwar keine gewollte Handschrift von Kubrick, aber Jack als Blutclown sieht definitiv geil aus. Room 237 ist wie ein Internet-Forum, in dem jeder alles sagen darf, was ihm gerade in den Sinn kommt. Ergo me likey! Perfekt für Verschwörungs"theorie"-Fans oder Leute, die gerne zynisch über andere und deren Überzeugungen lachen.