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„Es ist klar, dass die Gewalt von den Radikalen organisiert wurde“

Im Namen der Besetzer-Szene möchte sich dieser Zeuge von der Gewalt an der „Reclaim the Streets"- Demo distanzieren.
Alle Fotos von PhotoAssasin

Sihlhölzi 22.30 Uhr, mit grosser Spannung begebe ich mich zum Treffpunkt von ​Reclaim the Streets. Ca. 400 Personen sind versammelt, viele Personen sind schwarz gekleidet, jedoch sind auch viele bunte, gut gelaunte, bekannte Gesichter darunter. Goldene Fahnen wehen in der geladenen Luft, die ersten Knaller gehen los. Man erkennt bald die Nervosität in den Augen der Anwesenden.

Was erwartet uns? Werden wir einen wundervollen Tanzumzug durch die Stadt haben, so wie ich Reclaim the Streets von früher in Erinnerung habe? Hat es gewaltbereite Personen? Wird die Polizei eingreifen und den Umzug auflösen?

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Der Umzug setzt sich in Bewegung, einige Leute organisieren sich. Es werden Handschuhe und Spraydosen verteilt, einige ziehen Schutzbrillen an und vermummen sich. Schon kurz nach dem Start der Demo werden auf beiden Seiten der Demonstration Hauswände versprayt, wie mir scheint wahllos.

Die Stimmung ist gut aber recht aufgeheizt, stolz tragen die Tanzlustigen Glitterfahnen und weitere kreativ gebastelte Mitbringsel. Feuerwerkskörper explodieren über unseren Köpfen. Beim Bahnhof Wiedikon werde ich Zeuge, wie einige Vermummte mit roher Gewalt die Scheiben einer Bushaltestelle zerstören, kurz danach brennen die ersten Container.

Es wird massiv provoziert, man hört die ersten Polizeisirenen und alsbald habe ich Tränengas in den Augen. Es wird schwierig zu atmen. Da ich strikt gegen Gewalt und Zerstörung bin und zu viele aggressive Demonstranten im Umzug sind, verlasse ich den Umzug und gehe in eine Nebenstrasse.

Ich folge dem Umzug in einigen Metern Entfernung. Ich werde Zeuge massiver Zerstörung. Viele Schaufenster sind zerstört, es liegen Trümmer auf der Strasse. Der Umzug ist nun in die Langstrasse eingezogen.

Immer mehr Leute flüchten aus dem Umzug, Empörung macht sich breit über das Ausmass der Schäden. Sichtlich geschockte Ladenbesitzer begutachten die Schäden.

Weiter vorne hört man wie die Polizei Gummigeschosse abfeuert. Die Demonstration biegt in die Europaallee ein. Ich beschliesse mit einer Freundin dem Umzug nicht mehr zu folgen. Plötzlich kommt der Demonstrationszug auf uns zu, wir suchen Schutz in einer Bar.

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Mit grossem Gebrause zieht der auf etwa 100 Personen geschmolzene, zerstörende Mob an der Bar vorbei, dicht gefolgt von dutzenden Polizisten in Kampfmontur. Der Wirt hat die Tür der Bar abgesperrt.

Nach 3 Minuten ist der Spuk vorbei. Einige Passanten sammeln Gummigeschosse als Souvenir von der Strasse auf, der ganze Boden ist übersäht davon. Freunde erzählen mir, dass alle Schaufenster in der Europaallee zerborsten sind und 2 Autos in Brand gesetzt wurden.

10 Minuten später versammeln sich meine Freunde in einer Bar. Es wird viel diskutiert, alle sind enttäuscht über das Ausmass der Gewalt und der Zerstörung. Es ist klar, dass die Gewalt von den Radikalen organisiert wurde. Extrem schade.