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Sex

Warum komme ich so schlecht mit einer Abfuhr klar?

Warum macht es mich jedes Mal so fertig, wenn mir ein Typ sagt, dass er nicht mit mir ausgehen will?

Foto von Christian Benseler | Flickr | CC BY 2.0

Mittlerweile habe ich Abfuhren schon in jeder erdenklichen Form und Farbe erlebt. Als Stand-Up Comedian habe ich schnell gelernt, dass mich nicht jeder mag. Als jemand, der im Internet Artikel veröffentlicht, habe ich noch viel mehr ( viel, viel mehr) darüber gelernt. Inzwischen reagiere ich auf Menschen, die mich über Twitter als Fotze bezeichnen genau so, wie ich auf eine Fliege in meinem Drink reagiere: klar ist es nervig, aber es versaut mir nicht meinen ganzen Tag.

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Warum schaffe ich es dann aber nicht, vernünftig mit einer Dating-Abfuhr umzugehen? Wenn ich es doch hinbekomme, es einfach an mir abperlen zu lassen, wenn mich jemand auf der Bühne angeht, warum komme ich dann nicht damit klar, dass mir Männer im Internet sagen, ich sei nicht heiß genug, um mir erlauben zu können, keine Blowjobs zu geben?

Abfuhren bringen immer wieder meine schlimmsten Seiten zum Vorschein. Nehmen wir meinen ersten Freund zum Beispiel—wir nennen ihn einfach mal Sid. Sid hat mit mir schlussgemacht, nachdem ich ihm gesagt hatte, dass ich ihn liebe. Damals wusste ich durchaus, dass ich ihn nicht ernsthaft liebe. Ich war einfach nur neugierig darauf, es mal zu jemandem zu sagen, der nicht zu meiner Familie oder meinem engsten Freundeskreis gehörte—oder ein Laib Brot war. Aber es war zu spät. Ich hatte es total versaut. Zwei Tage später war es aus mit uns. Und nein, ich kam nicht wirklich gut damit klar.

Ich entschied mich schnell dazu, dass der einzig vernünftige Weg, um mit meinem Schmerz klarzukommen, der war, mich in die Besinnungslosigkeit zu saufen. Meine beiden Freundinnen waren der gleichen Meinung und so tranken wir zusammen eine beachtliche Menge Whiskey. Vier Stunden später—ich war inzwischen zu einer besoffenen, unbeholfenen und notgeilen Vollidiotin mutiert—hatte ich Sid geschätzte 15 SMS geschrieben. Er antwortete lediglich auf die letzte und bat mich darum, ihn nicht mehr mit SMS zu bombardieren. Selbstverständlich rief ich ihn daraufhin an.

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Wir telefonierten geschätzte 20 Minuten. Ich habe keinerlei Erinnerungen an das Gespräch an sich. Ich weiß nur noch, wie ich unsere Unterhaltung beendet habe. Ich sagte ihm, dass er mir am nächsten Morgen eine SMS mit dem Wort „Bacon" schicken soll, wenn er es noch einmal mit mir versuchen möchte—wenn nicht, dann das Wort „Eierspeis". Wir legten auf. Am nächsten Morgen reflektierte ich natürlich meine Handlungen der letzten Nacht. Ich muss mich wie einer dieser alten Klingelton-Werbespots angehört haben, bei denen ein potthässliches, computeranimiertes Etwas über den Fernsehbildschirm hüpft und eine übertrieben enthusiastische Stimme irgendwas in der Art von, „Du willst dieses kichernde Baby als deinen Klingelton? Dann sende eine SMS mit „BABY" an 44544!", erzählt. Ja, das war ich. Ich war so eine Werbung. „Willst du dieses selbstmitleidige und betrunkene Mädchen wieder als deine Freundin haben? Dann sende eine SMS mit ‚BACON' an …" Nein, er hat mir keine SMS geschrieben—nicht einmal „Eierspeis." Seitdem habe ich zu niemandem mehr „Ich liebe dich" gesagt.

Vor zwei Jahren wollte ein Typ, mit dem ich rumgemacht hatte, nicht meine Freundschaftsanfrage bei Facebook beantworten, obwohl er mir gesagt hatte, dass ich ihn hinzufügen soll. Ernsthaft, er hatte sogar den verdammten „Anfrage"-Button auf meinem verfickten Handy gedrückt. Am nächsten Tag—Stunden nachdem er so getan hatte, als würde er noch schlafen, während ich seine Wohnung verlies—schaute ich auf seine Seite. Er hatte ein Status-Update gepostet. Er hatte meine Anfrage definitiv gesehen und sie absichtlich ignoriert.

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Ich war stinksauer. Anstatt der bessere Mensch von uns beiden zu sein und es einfach dabei zu belassen, ließ ich mich auf der Couch einer Freundin volllaufen und schickte ihm eine ganze Reihe hasserfüllter Nachrichten. Ich glaube, ein, „fick dich" war auch irgendwo mit dabei, genau wie ein „du bist scheiße" und sogar ein „du hast einen bescheuerten Haarschnitt." Als ich am nächsten Morgen wieder aufwachte, bereute ich alles—mal wieder. Drei Monate später antwortete er endlich mit einem „Whoa" auf meine Nachrichten und schickte mir eine Freundschaftsanfrage.

Jedes Mal, wenn ich etwas Derartiges gemacht hatte (und das kam öfter vor, als ich zugeben möchte), dachte ich mir danach immer, ‚Das bin nicht ich. Ich bin nicht diese Person.' Aber warum wurde ich dann immer wieder zu dieser Person?

Wie sich herausstellt, hat das Selbstwertgefühl eine Menge damit zu tun. Jeder wird von einer Abfuhr hart getroffen, aber diejenigen mit einem geringen Selbstbewusstsein trifft es doppelt oder dreimal so heftig. Eine 2011 von der University of Michigan durchgeführte Studie fand heraus, dass heftige soziale Zurückweisung die gleichen Regionen im Gehirn aktiviert, die auch bei körperlichen Schmerzen aktiviert werden. 2013 ging eine andere Forschergruppe der University of Michigan dieser Sache weiter nach und fand heraus, dass nicht nur Ablehnung und körperliche Verletzungen die gleiche Art von Schmerz hervorrufen, sondern dass das Gehirn auch noch im Versuch, den Schmerz zu lindern, die gleichen Opioide ausschüttet. In der Studie heißt es außerdem, dass „Menschen, die hohe Werte bei einer Charaktereigenschaft namens Resilienz—der Fähigkeit, sich Veränderungen in der Umwelt anzupassen—erreichen, auch die meisten natürlichen Schmerzstiller ausschütten." So viel zum biologischen Hintergrund.

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Und das ist auch der Punkt, an dem die Sache mit dem Selbstbewusstsein ins Spiel kommt. Wie Psychologe und Autor Guy Winch in einem Artikel für die Huffington Post geschrieben hat: „Die Forschung hat gezeigt, dass Menschen, die über ein geringeres Selbstbewusstsein verfügen, Ablehnung schmerzlicher erfahren. Sie brauchen auch länger, um sich davon zu erholen. Diejenigen wiederum, die über ein höheres Selbstbewusstsein verfügen—aber keine Narzissten sind—, zeigen sich da robuster."

Das muss also mein Problem sein. Ich bin ziemlich selbstbewusst, wenn es um meine Fähigkeiten als Autorin und Performerin geht—weshalb mich Ablehnung auf der Bühne nicht so hart trifft. Aber ich war noch nie besonders selbstbewusst, wenn es um die Liebe ging. Meine prägenden Jahre wurden dominiert von den Gefühlen maßloser Enttäuschung und absoluter Hoffnungslosigkeit. Es ergibt schon Sinn, sich selber die Schuld zuzuweisen—vor allem wenn der Anteil der erfahrenen Ablehnung, die der aktiv ausgeteilten Ablehnung ums Dreifache übersteigt. Über die Jahre hatte ich mir zwei Reaktionsvarianten auf die Ablehnung durch potenzielle Liebhaber angeeignet: Entweder drehe ich total durch oder ich weigerte mich, die Ablehnung zu akzeptieren und blieb weiter am Ball—felsenfest davon überzeugt, dass mein Gegenüber vielleicht irgendwann noch mal seine Meinung ändern würde. Ja, ich bin ganz gut darin, den Herzschmerz über und mit ein und demselben Mann in die Länge zu ziehen. Je mehr man mir „nein" sagt, desto mehr versuche ich verbissen, daraus ein „ja" zu machen.

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In letzter Zeit habe ich vermehrt versucht, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und mir ist es tatsächlich wesentlich besser gelungen, mit Ablehnung klarzukommen als früher. Vor allem habe ich mich dazu gezwungen, nicht jedes Mal nach dem „warum?" zu fragen, wenn mich ein Typ mal wieder abblitzen lassen hat. Immer wieder habe ich die Erfahrung gemacht, dass es mit einem Typen für kurze Zeit wunderbar lief und dann, aus dem Nichts, bekam ich zu hören, dass wir uns besser nicht mehr treffen sollen. Sofort wollte ich wissen, was an mir plötzlich so unattraktiv geworden war—als würde das meinem Selbstbewusstsein irgendwie auf die Sprünge helfen. Diese Nachforschungen betreibe ich nicht mehr.

Letztens habe ich diesen Typen, Julian, über Tinder kennengelernt. Wir hatten ein großartiges erstes Date—wir hingen bis 5 Uhr morgens zusammen ab, küssten uns zum Abschied und trafen uns für ein zweites Date am nächsten Wochenende. Bei diesem zweiten Date lud mich Julian zum Abendessen ein. Wir hatten ein paar Drinks und blieben wieder ziemlich lange zusammen aus. Dieses Mal knisterte es aber etwas mehr zwischen uns und eins kam zum anderen. Julian bettelte geradezu, mich lecken zu dürfen. Ich sagte ihm, dass ich meine Tage habe, aber ihm machte das nichts aus. Er wollte immer noch. Als die hingebungsvolle Liebhaberin, die ich nun mal bin, gewährte ich ihm dann diesen Wunsch. Er leckte mich mehr als 30 Minuten und fragte mich dann, ob er mich massieren darf. Auch diesen Wunsch gewährte ich ihm. Am nächsten Morgen verließ er meine Wohnung mit der Bemerkung, dass wir uns bestimmt bald wiedersehen würden.

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Wir schrieben uns am nächsten Tag und ich fragte ihn, wann wir uns mal wieder treffen sollten. Daraufhin bekam ich dann folgende Nachricht von ihm: „Wahrscheinlich willst du das jetzt nicht hören, aber ich möchte nicht mit dir ausgehen. Ich fände es aber super, wenn wir weiter als Freunde abhängen können."

Hätte ich diese Nachricht vor einem Jahr bekommen, hätte ich sofort mehr Informationen verlangt—Warum zur Hölle? Was ist innerhalb eines Tages passiert, das deine Meinung so sehr geändert hat? War es meine Vagina? Hat sie dir Angst gemacht? Ich habe dir doch gesagt, dass ich meine Tage habe. Weiß du nicht, was „die Tage haben" bedeutet?

Ich hielt mich aber zurück und antwortete einfach, „Kein Problem, aber ich habe genug Freunde." Danach löschte ich seine Nummer aus meinem Telefonbuch.

Es ist jetzt nicht so, dass ich mir keine Gedanken darüber gemacht hätte, warum er einen Rückzieher gemacht hat. Ich hatte mich nur dafür entschieden, dass ich es nicht unbedingt wissen muss. Ich bekomme langsam das Selbstbewusstsein, mich nicht mehr so sehr darum zu scheren.

Endlich zähme ich dieses erbärmliche Tier in mir. Jetzt, da es auf eine kontrollierbare Größe geschrumpft ist, wird es nur einfacher und einfacher. Hier und da habe ich noch mal einen Schluckauf. Julians Nummer habe ich auch nur gelöscht, weil ich wusste, dass die Chancen nicht schlecht stehen, dass ich ihm das nächste Mal, wenn ich betrunken bin, eine SMS schicken würde. Hey, ich habe nie behauptet, ich hätte das Tier vollkommen besiegt. Das ist gar nicht möglich. Der Schmerz der Ablehnung wird immer da sein. Vernünftig mit dem diesem Schmerz umzugehen, ist aber genau das, was einen zu einem besseren und selbstbewussten Menschen macht.

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