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Warum Videospiele manchmal besser sind als Sex

In Zeiten von ‚Fallout 4' sollen Initiativen wie #wichsenstattzocken die Pornobranche „retten". Warum ‚Battlefield' trotzdem befriedigender als Bukkake ist.
Foto: imago/Future Image

Manchmal werden einem die Augen beinahe feucht (haha!) vor Glück, wenn man den Blick über die wunderschönen Kurven, die da vor einem liegen, schweifen lässt, bis man sie schließlich mit zitternden Händen auspacken darf: Die Playstation/Xbox/neue Grafikkarte. Es gibt wahrscheinlich keine Zahlen, die belegen, ob man beim Einlegen des seit Jahren erwarteten Spiels erregter ist als bei der Taxifahrt nach Hause mit jemandem, den man sich gerade auf irgendeiner Hausparty aufgerissen hat, aber: Ich bin mir im Nachhinein schon ein bisschen unsicher, ob ich jemals einen Mannso sehr geliebt habe wie Red Dead Redemption.

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Deswegen überrascht es mich nicht, wenn die Internetpornonutzungszahlen unter Gamern zum Release von Fallout 4 deutlich sinken oder die „Zocken > Ficken"-T-Shirts des Nerdrappers Rockstah weggehen wie billiger Prosecco an Silvester. Was mich allerdings überrascht, ist, dass die 1080pNerdscope-Jungs um LeFloid zusammen mit der Pornodarstellerin Lexy Roxx zum #wichsenstattzocken aufrufen—dabei sollten sie es als leidenschaftliche Gamer doch besser wissen. Ihr haltet Bukkake immer noch für befriedigender als Battlefield? Diese Punkte werden euch eines Besseren belehren.

Das Vorspiel ist deutlich spektakulärer

Ohne all zu sehr verallgemeinern zu wollen: Die ersten Minuten eines Spiels sind meistens deutlich spektakulärer als desorientieres Herumgefummel (wahlweise aus Alkohol- oder Nervositätsgründen), bis sich irgendjemand traut, die Kondom-Frage zu stellen. Alleine schon, was die Inszenierung angeht. Man wird zu pompöser Musik in eine wunderschön inszenierte Spielwelt geworfen, statt sich zur Drake-Playlist auf Spotify (nichts ist so sexy wie die immergleichen Werbeunterbrechungen) langsam aber sicher Richtung Intimbereich vorzutasten.

Für viele Leute war bei Sims beispielsweise das Erstellen der Figuren und Einrichten des Hauses der absolute Höhepunkt des Spielerlebnisses. Übertragen ins Geschlechtsleben wäre das dann die Art von Person, die einfach echt gerne Heavy Petting hat und dann total glücklich einschläft. Muss man mögen, kann aber auch mal ganz gut sein.

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Außerdem: Für den ein oder anderen da draußen wäre eine Art Geschlechtsverkehr-Tutorial überaus wünschenswert.

Foto: ReneSchroeder | Flickr | CC BY 2.0

Für Sex gibt es keinen idealen Lösungsweg

Apropos Geschlechtsverkehr-Tutorial: Trotz Jahrzehnten Dr. Sommer-Fragestunde in der BRAVO, diversen fragwürdigen Sexualtherapie-Angeboten und Tantrakursen für Rentnerpaare im dritten Lebensfrühling gibt es da draußen jede Menge Menschen, die kein wirklich erfülltes Sexleben haben. Sei es, weil sie selbst noch nicht so richtig herausgefunden haben, was sie erregt, oder weil ihre Partner nicht dazu in der Lage sind, sie angemessen zu befriedigen. Wenn man in Videospielen nicht mehr weiterkommt, hat man entweder eine unendliche Anzahl an Neuversuchen (beziehungsweise die Option auf einen Herzinfarkt aufgrund eines mehrstündigen Tobsuchtsanfalls, wenn man Dark Souls spielt)—oder man schluckt seine Spielerehre kurz runter und googelt einfach, mit welchem gottverdammten Gegenstand man das Stück Käse kombinieren muss, um den Schlüssel zum Keller zu erhalten. Oder auf welchem Weg die Wahrscheinlichkeit, von fünf Snipern gleichzeitig erledigt zu werden, am geringsten ist. Je nachdem, was ihr so spielt.

Wäre Sexualität nicht so ein wahnsinnig kompliziertes und diverses Feld, Gronkh, Unge und Co. würden ihre YouTube-Millionen längst mit Let's Plays für den Intimbereich verdienen.

Fallout 4Fallout 4 ist massiv, anspruchsvoll und verdammt gut.

Speicherpunkte!!11einseinself

Das mag jetzt absolut albern für all jene Leute klingen, die in diesem ganzen Videospieleding nicht so richtig drin sind, aber: Wie oft lief es beim Rummachen so richtig, richtig gut, ihr wart kurz vor dem besten Orgasmus eures Lebens … und dann macht euer Sexualpartner irgendetwas, das alles kaputt macht. So absolut alles. Und ihr wisst: Das wird heute nichts mehr. Beim Zocken umgeht man solche Situationen, in denen man vor größeren Bosskämpfen oder an besonders kniffligen Stellen einfach zwischenspeichert und den alten Speicherstand lädt, falls alles schiefläuft. Wir alle wären glücklichere Menschen, wenn es diese Option auch im echten Leben gäbe.

Sexy | Foto: Joey | Flickr | CC BY 2.0

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Videospiele haben ein besseres Belohnungssystem

Wer immer noch glaubt, dass der Orgasmus das ultimative Empfinden ist, zu dem der menschliche Körper überhaupt nur fähig ist, hat noch nie in die wahnglitzernden Augen eines Menschen geguckt, die gerade ein Open-World-Spiel zu 100 Prozent abgeschlossen hat. INKLUSIVE aller Sammelaufgaben und versteckten Nebenquests. Vielleicht ist es ein bisschen traurig, dass man aus Dutzenden Stunden mit Pixeln und Polygonen mitunter mehr Befriedigung ziehen kann als aus mal mehr, mal weniger Minuten Sexytime mit einer Person—aber ernsthaft: So lange es für besonders erfolgreich ausgeführte sexuelle Moves keine Achievements gibt, wie motiviert soll man da denn noch bleiben? Gerade dann, wenn die ganz große Aufregung nach ein paar Monaten Beziehung schon wieder verpufft ist?

Wenn eine Spieleerfahrung richtig gut und intensiv war, muss man auch mal weinen—wie supereuphorische Sexualpartner in einer beschissenen Romcom. Nur, dass man nach 15 Stunden The Last of Us eben nicht überraschend schwanger von Seth Rogen ist.

Der Abgang

Wie wir unter anderem in unserem ultimativen Guide zu One-Night-Stands schon festgehalten haben, ist es eine Wissenschaft für sich, nach einem eher unbefriedigenden sexuellen Erlebnis das Weite zu suchen. Im Allgemeinen stellt sich, auch wenn man sich vorher ganz fantastisch unterhalten hat, nach erstmaligem sexuellen Kontakt des Öfteren eine etwas beklommene Stimmung ein. Was bedeutet das jetzt? Bedeutet es irgendwas? Und wenn es mir nichts bedeutet, heißt das, dass ich das Arschloch bin, was sich jetzt nie wieder melden darf, um keine Erwartungen zu schüren?

Videospiele bringen einen erst gar nicht in diesen emotionalen Zwiespalt. Sie sind immer für dich da, wenn du sie brauchst, beanspruchen dich manchmal mehr, als dir lieb ist, und lassen dich doch wieder ziehen—außer vielleichtWorld of Warcraft. Damit sollte man erst gar nicht anfangen. Das scheint wie mit Heroin zu sein.

Wisst ihr, was Solid Snake und die gesammelten Protagonisten ausAssassin's Creed machen würden, wenn ihnen eine zwischenmenschliche Situation ein bisschen zu intensiv und unangenehm wird? Sie würden eine Nebelgranate werfen und sich auf Nimmerwiedersehen verpissen. Uns hingegen bleibt nichts anderes übrig, als auf „Trennungstrends" wie Ghosting zurückzugreifen und für immer die furchtbare Person zu sein, die die Nachricht bei WhatsApp gelesen, aber einfach nicht mehr geantwortet hat. Na vielen Dank auch, Reallife!

Wenn ihr Lisa trotzdem noch kennenlernen wollt, schreibt ihr doch mal bei Twitter.


Titelfoto: imago | Future Image