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Warum wir aus Köln keine falschen Schlüsse ziehen sollten

In Salzburg sind sexuelle Übergriffe gegen Frauen bekannt geworden, darum gibt es aber noch keinen „Sex-Mob".

Screenshot via YouTube

Was bedeuten die Vorfälle in Köln für uns? Sind österreichische Frauen jetzt gefährdet(er)? Das sind verständliche Fragen. Der persönliche Bezug zu Nachrichten—also: Was bedeutet das, was irgendwo anders passiert, konkret für mich oder uns?—ist extrem wichtig.

Dabei besteht die Gefahr, dass Vorfälle pauschalisiert und für die eigenen Zwecke instrumentalisiert werden. In Österreich passiert das bereits bei manchen Medien und Politikern. Norbert Darabos wies in seiner Pressemeldung am Donnerstagdarauf hin, dass Österreich zwar nicht Deutschland sei, aber „Forderung nach Sicherheit aller BurgenländerInnen aktueller denn je" wäre. Die Zeitung ÖSTERREICH berichtet sogar von einem Sex-Mob, der auch in Österreich wüten soll sowie von immer mehr Opfern in Salzburg und Wien.

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Screenshot via oe24.at

Fakt ist: In Salzburg gab es sieben Übergriffe auf Frauen. Fünf davon haben bei der Polizei Anzeige erstattet. Bei diesen handelt es sich um sexuelle Belästigungen und Diebstähle rund um die Weihnachtsfeiertage und die Silvesternacht. „Von Fall sechs und sieben haben wir bisher aber keine Kenntnis", sagt die Salzburger-Bezirksinspektorin Valerie Hillebrand. In einem davon geht es um ein 4-jähriges Kind.

Die ÖSTERREICH-Autorin Victoria Bichler stieß durch einen Facebook Post in ihrer Timeline zufällig auf die Vorfälle in Salzburg. Im Posting erzählt die 28-Jährige, die anonym bleiben möchte, davon, wie sie am 26. Dezember in der Altstadt von zehn bis 15 ausländisch aussehenden Männern angegriffen wurde. Anzeige erstattete sie erst am Donnerstag dem 7. Jänner, da ihr die „die Tragweite dieses Überfalls gar nicht bewusst war".

In ihrem Post warnt die 28-Jährige Mädchen in Salzburg und schreibt: „Das soll weder als Hetze, noch als sonst was dienen, aber es passieren so viele schlimme Sachen, wie man zum Beispiel in Köln gesehen hat."

In Österreich gäbe es jedenfalls keinen Grund zu Unruhe oder Panik, betont der Kommunikationsleiter des Innenministeriums Alexander Marakovits. „Man könnte fast behaupten, dass sich der Boulevard freut, Vergleiche zu Köln ziehen zu können", sagt er.

Die Vorfälle in Salzburg würden bereits vom Landeskriminalamt auf etwaige Zusammenhänge untersucht. Was passiert ist, sei schlimm, aber bisher sei die Situation in Salzburg zum Glück nicht mit Köln vergleichbar, sagt Marakovits.

„Es hat dieses Jahr eine Steigerung der Übergriffe im Vergleich zum letzten Jahr gegeben", sagt Bezirksinspektorin Valerie Hillebrand in Salzburg. Im Jahr 2014 gab es in ganz Österreich im Schnitt 6,6 sexuelle Übergriffe pro Tag. Bei aller Schrecklichkeit angesichts der Vorfälle in Salzburg betont die Polizei aber auch, dass es bei großen Veranstaltungen immer eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Übergriffe gäbe.

Was den Frauen in Salzburg passiert ist, soll nicht verharmlost werden, im Gegenteil—jeder sexuelle Übergriff ist einer zu viel. Aber der Vergleich zwischen den Vorfällen in Österreich und den Taten zu Silvester in Köln hinkt nicht nur, er ist faktisch einfach falsch. In Salzburg gab es insgesamt sieben dokumentierte Vorfälle und in Wien genau einen. In keiner der beiden Städte kam es zu einem Mob. Außerdem passierten alle Fälle an unterschiedlichen Orten und Tagen.

Was wir gerade jetzt viel dringender bräuchten, als eine Instrumentalisierung der Übergriffe in Köln, sind Fakten gegen die Panikmache. Wenn wir uns also fragen, was die Vorfälle von Köln mit uns zu tun haben, sollte die Antwort lauten: Es gibt bisher einfach noch keine klare Antwort. Und auch, wenn das im Vergleich zu alleserklärenden Kulturvergleichen und einfachen Pauschalurteilen sehr unbefriedigend ist, sollten wir die Fakten abwarten und keine voreiligen Schlüsse ziehen.

Eva auf Twitter: @immerwiederEva