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Was passieren könnte, wenn Trump eine Niederlage nicht anerkennen würde

Die "Concession Speech" des Verlierers ist traditionell Teil der US-Präsidentschaftswahlen. Nun hat Trump angedeutet, er könnte sie einfach verweigern.

Donald Trump bei einer republikanischen Vorwahldebatte im November 2015 | Foto von Scott Olson/Getty Images

In den USA wird vom Verlierer (oder der Verliererin) einer Präsidentschaftswahl erwartet, eine sogenannte "Concession Speech" zu halten. Bei dieser Rede soll der (oder die) Unterlegene die Niederlage eingestehen und dem Gewinner (oder der Gewinnerin) gratulieren.

Während der letzten Präsidentschaftsdebatte am Mittwoch sagte Donald Trump dem Moderatoren Chris Wallace, dass er das im Falle eines Clinton-Siegs nicht unbedingt machen werde. "Ich mache es weiter spannend für euch alle, OK?", sagte er, als eine Million Journalisten anfingen, ihre Zusammenfassung der Debatte aufzuschreiben.

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Wie Wallace zu Trump sagte, gibt es in den USA eine lange Tradition des würdevoll Verlierens und des Respekts vor den Wahlergebnissen. Die Verlierer murmeln immer etwas darüber, wie wichtig und großartig der Wahlprozess sei—selbst wenn sie eine umstrittene oder knappe Niederlage erlitten haben, wie Al Gore 2000 gegen George W. Bush. Manche halten es vielleicht auch mit Dick Tuck (ungelogen sein echter Name), der nach einer Niederlage 1966 im Rennen um den kalifornischen Senat sagte: "Die Wähler haben gesprochen, die Bastarde."

Gab es schon einmal einen Kandidaten, der sich einfach geweigert hat, eine Concession (dt. Entgegenkommen, Zugeständnis) zu machen? Und was passiert in so einem Fall? Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, habe ich James McCann angerufen. Er ist Professor für Politikwissenschaft an der Purdue University im Bundessstaat Indiana und seine Spezialgebiete sind Concession Speeches und komparative Politik. Das habe ich herausgefunden:

VICE: Hallo, Professor McCann. Hat es in den USA schon einmal einen Präsidentschaftskandidaten gegeben, der nach verlorener Wahl keine Concession gemacht hat?
James McCann: Die Concession Speech wird immer gehalten, aber der Kandidat kann gewisse Entscheidungen über die Ausführung treffen. Man könnte es zum Beispiel machen wie Al Gore: Selbst wenn etwas sehr Unerwartetes passiert oder es Unregelmäßigkeiten gibt, zeigt man seine soziale Ader, indem man die Concession macht und öffentlich anerkennt, wie wichtig die Demokratie ist, etc. etc. Für Andere ist die Concession Speech der Startschuss für die nächste Kampfrunde, also sagen sie: "Ja, ich gestehe ein, dass wir verloren haben, aber wir kämpfen weiter. Unsere Ideale haben nicht verloren. Wir werden uns erholen." So in die Richtung. Und auch das ist sehr verständlich. Personen des öffentlichen Lebens sind zum Großteil Karrieremenschen. Und denen geht es immer um die nächste Sache.

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Aber Trump ist in dieser Hinsicht kein Karrieremensch. Er hat noch nie ein öffentliches Amt bekleidet.
In Trumps Fall weiß ich nicht, was seine nächste Sache wäre. Wenn er sagt, das hier sei eine einmalige Angelegenheit und er werde danach nie mehr für die Präsidentschaft kandidieren, hat er auch nicht dieselbe Motivation, sich als würdevoller Verlierer zu zeigen. Wenn er zum Beispiel etwas wie ein neues Mediennetzwerk geplant hat, das mit Fox [News] konkurrieren soll, dann hat er natürlich ein bisschen mehr Anreiz, sich sehr kampflustig zu zeigen.

Was passiert, wenn er einfach keine Concession macht oder behauptet, die Wahl sei manipuliert worden?
Wenn er das behauptet, dann steht er in einer großen Beweispflicht. Das kann man nicht einfach so behaupten. Wenn man jemanden davon überzeugen möchte, braucht man Beweise.

Ich sage das als jemand, der schon als Wahlbeobachter gearbeitet hat und das Wahlsystem in den USA sehr gut kennt. Es wäre extrem schwierig, bei unseren Wahlen großangelegten Betrug zu betreiben. Unser System ist sehr fragmentiert. In den USA haben wir das Prinzip des Föderalismus, wo die Wahlverwaltung eher auf lokaler Ebene passiert. Es kann alle möglichen Fehler geben, zum Beispiel könnte ein Wähler versehentlich einen Stimmzettel für einen Kandidaten einwerfen, für den er gar nicht stimmen wollte. Aber systematischen Missbrauch kann ich mir nur sehr schwer vorstellen.

Was könnte er denn sonst noch tun, um zu stören?
Er könnte sich entschließen zu klagen, und je nachdem, welche Vorwürfe er erhebt, käme das vor ein jeweils anderes Gericht. Im Grunde kann man aus jedem erdenklichen Grund klagen, wenn man will. Wenn Trump Anwälte in verschiedenen Landesteilen anheuern will und so tief in die Tasche greifen kann, dann gäbe es vielleicht einige Herausforderungen. Aber letzten Endes bräuchte er immer noch Beweise.

Aber wenn Trump keine Concession machen oder sogar klagen würde, hätte das eigentlich keine ernsthafte Störung zur Folge, so wie ich das sehe. Er kann höchstens destabilisieren—es hat während seiner Kampagne ja schon Unruhen und eine Brandbombe gegeben. Das Worst-Case-Scenario ist also vielleicht, dass er auf unspezifische Art behaupten könnte, die Wahl sei manipuliert worden, und Leute irgendwie ermutigen könnte, gewalttätig zu werden. Aber ich bin mir sehr sicher, dass die Behörden auf jedes Aufstandsszenario zu reagieren wüssten.

Ist die Concession also nur eine symbolische Geste?
Ja, aber ich halte symbolische Gesten für wichtig. Wenn ein Sportler bei der Nationalhymne nicht aufsteht, dann bedeutet das etwas. Das kommuniziert wichtige Informationen über eine Meinung, die diese Person hat, und die Leute reden darüber. Dass die Verlierer sich den demokratischen Normen fügen, hat große Bedeutung.

Ich sage es mal so: Wenn komparative Politikwissenschaftler die Qualität der Demokratie in einer Staat beurteilen wollen, der noch nicht lange demokratisch ist, dann achten sie zum Beispiel darauf, ob die Verlierer auch Verlierer bleiben, oder ob sie außerhalb des offiziellen Systems militant agieren. Wenn wir Letzteres sehen, erkennen wir darin einen Indikator für eine Demokratie, die sich in etwas anderes verwandelt—Autoritarismus oder etwas anderes Schlechtes. Wahlen haben ihre zeremoniellen Momente, und die halte ich für maßgeblich, wenn es darum geht, demokratische Systeme zu erhalten. Letzten Endes brauchen wir in der Demokratie ein gewisses Maß an Vertrauen, gutem Willen und die Fähigkeit, die Vergangenheit hinter uns zu lassen.