"Was war das Rassistischste, das deine Eltern jemals gemacht haben?"

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"Was war das Rassistischste, das deine Eltern jemals gemacht haben?"

Wir haben mehrere Personen mit genau dieser Frage konfrontiert und dabei vor allem eins gelernt: Nicht alles, was man von seinen Eltern beigebracht bekommt, ist auch wirklich wertvoll.

Foto: Lia Kantrowitz

Rassismus ist (nicht nur) in der US-amerikanischen Gesellschaft ja schon so etwas wie eine Institution. Zum Glück haben viele Amerikaner nun aber damit angefangen, sich mit ihren impliziten und expliziten Vorurteilen auseinanderzusetzen. Aber wenn es schon schwer ist, über den eigenen Rassismus nachzudenken, dann mutet es quasi unmöglich an, gegen die Voreingenommenheit der Eltern anzukämpfen. Egal ob nun peinliche Kommentare, die man lieber ignoriert, oder desaströse Reaktionen, die sich nachhaltig auf das Zusammenleben auswirken, die negative Art und Weise, wie manche Eltern mit anderen Ethnien umgehen, kann tatsächlich Folgen für das eigene Leben haben.

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Sich den Rassismus seiner Eltern überhaupt erstmal einzugestehen, mag vielleicht komisch und auch schmerzhaft sein. Gleichzeitig kann das Ganze aber auch den wichtigen ersten Schritt hin zu konstruktiven Unterhaltungen darstellen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf haben wir mehrere Leute aus den USA darum gebeten, uns von dem rassistischsten Zwischenfall zu erzählen, bei dem ihre Eltern die Hauptrolle spielen.

Der gekündigte Handyvertrag

"Meinen Eltern war es immer total unangenehm, mit Schwarzen zu reden, und immer wenn eine 'schwarze Fernsehsendung' kam, schalteten sie schnell um. In der Pubertät entwickelte ich dann eine starke Vorliebe für schwarze Männer. Im echten Leben war das jedoch viel zu riskant. Deswegen wich ich gezwungenermaßen aufs Online-Dating aus und meine erste Beziehung beschränkte sich auf Fotos und FaceTime-Anrufe. Ich verwischte meine Spuren immer akribisch und gab mein Handy nie aus der Hand. Irgendwann flog ich dann aber doch auf. Ich betrat die Küche und sah nur, wie meine Mutter mit weit aufgerissenen Augen auf mein Smartphone starrte, das ein Foto meines lächelnden, schwarzen Freundes anzeigte. Anschließend blickte sie mich an und dabei lief ihr sogar eine Träne die Wange hinunter. Später teilte mir mein Vater mit, dass er meinen Handyvertrag gekündigt hätte. Dabei wählte er sehr drastische Worte: 'Wir zahlen garantiert nicht dafür, dass du mit solchen Leuten reden kannst.'"

Der DNA-Test

" Meine Familie mütterlicherseits ist schon immer sehr stolz auf ihre starken englischen Wurzeln gewesen. Von dieser angeblichen Herkunft war ich jedoch noch nie wirklich überzeugt, weil unsere Gesichtszüge meiner Meinung nach nicht komplett europäisch sind. Man hat mich zudem schon oft gefragt, wo ich wirklich herkomme, und meine Antwort mit den englischen Wurzeln war dann nicht zufriedenstellend. Bei einem Familientreffen saß ich dann schließlich mit meiner Mutter und anderen Verwandten an einem Tisch und warf eine einfache Frage in den Raum: 'Weiß hier irgendjemand, ob wir vielleicht zum Teil aus Asien stammen? Oder vielleicht aus dem Nahen Osten?' Diesen Einwand verwarfen meine Verwandten jedoch schnell. Im Laufe des Abends fand ich dann heraus, dass meine Mutter direkt einen ganzen Haufen Geld für eines dieser DNA-Test-Sets für zu Hause ausgegeben hatte. 'Ich habe über deine Frage nachgedacht', meinte sie. 'Und ich will einfach nur sichergehen, dass bei uns alles passt.'"

Hass gegenüber dem Nahen Osten—trotz Demenz

"Mein Vater erblickte im US-Bundesstaat West Virginia das Licht und lebte dann die meiste Zeit seines Lebens in Ohio. Dabei umgab er sich immer nur mit anderen Weißen. Dieser Umstand änderte sich jedoch im hohen Alter, als wir ihn in ein Seniorenheim mit Pflegerinnen vieler unterschiedlicher Ethnien brachten. Diese Pflegerinnen waren zwar alle gleich nett, aber er bevorzugte trotzdem die weißen Frauen—und machte daraus auch kein Geheimnis. So sagte er zum Beispiel auch des Öfteren zu ihnen: 'Gut zu wissen, dass ich mich jetzt in guten Händen befinde.' Leider litt er auch an Demenz und konnte sich kaum mehr an irgendetwas erinnern. Da er jedoch die nicht-weißen Pflegerinnen quasi komplett ignorierte, wussten wir trotzdem, was los war. Wir haben das Ganze einfach weitestgehend ignoriert. Eines Tages schaute mein Vater allerdings eine ziemlich umfangreiche und eindringliche Dokumentation zum 11. September an. Dabei betrat dann eine Pflegerin das Zimmer, die ganz offensichtlich aus dem Nahen Osten stammte und ein Kopftuch trug. Mein Vater drehte sich zu ihr und schrie: 'Raus hier! Bleib mir gefälligst vom Leib!' In diesem Moment bin ich vor Scham fast im Boden versunken."

Rassismus gegen die eigene Familie

"Meine Mutter und mein Onkel sind in einer recht rauen Gegend groß geworden. Ihre Mutter war dabei chronisch krank und ihr Vater hat sie alle ziemlich früh im Stich gelassen. Deshalb mussten sie neben der Schule auch direkt arbeiten gehen, um finanziell mitzuhelfen. Zum Glück konnten sie sich trotzdem ein relativ gutes Leben aufbauen und eigene Familien gründen. Mein Onkel und seine Frau bekamen dann irgendwann auch eine Tochter, aber kleinere Schwierigkeiten bei der Geburt sorgten dafür, dass meine Tante und meine Baby-Cousine noch ein paar Tage länger im Krankenhaus bleiben mussten. Während dieser Tage lud meine Mutter meinen Onkel zu uns nach Hause ein, um gemeinsam zu essen. Beim Abräumen des Geschirrs packte sie ihren Bruder schließlich ganz dramatisch an der Hand und sagte: 'Du musst deine neugeborene Tochter zur Adoption freigeben! Schwarze Männer können Mädchen nicht richtig großziehen.' Ich weiß noch genau, wie mir in diesem Moment die Kinnlade runtergeklappt ist. Mein Onkel ist natürlich wütend nach Hause gestürmt und es dauerte Jahre, bis er sich mit meiner Mutter wieder vertragen hat. Und natürlich hat er es auch erfolgreich geschafft, seine Tochter großzuziehen."

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Der Wurstgeruch

"Ich wuchs in einer eng verbundenen und sehr religiösen Gemeinde im ländlichen Virginia auf. Meine Familie, meine Kirchengemeinde und die meisten meiner Freunde waren schwarz, aber ich hatte durch die Schule auch ein paar weiße Kinder in meinem sozialen Umfeld. Als ich 16 war, stand ein gemeinschaftlicher Ausflug zu einem Kirchentag in Atlanta an. Unsere Pastoren setzten sich sehr für ein starkes Gemeinschaftsgefühl ein und deshalb durften mein Bruder und ich jeweils einen Freund mitnehmen. Ich entschied mich für meine weiße Freundin Stacey, aber meine Eltern schüttelten nur den Kopf. 'Weiße riechen nach nassem Hund und Wurst', meinte mein Vater. 'Das tue ich mir garantiert nicht acht Stunden am Stück an.' Und so kam es, dass ich eine schwarze Freundin mitnahm, die während der Fahrt auf den Rücksitz kotzte—und das roch definitiv viel schlimmer als Wurst.

Depressionen nur für Weiße

"Früher war ich ein trauriges und dickes schwarzes Mädchen, das keine Freunde hatte und sich schon mit 12 ritzte. Schließlich fand ich meinen Platz in eine Gruppe von weißen Außenseiter-Kids, in der man sich gegenseitig unterstützte. Kurz nach meinem 15. Geburtstag erreichte ich jedoch trotzdem einen emotionalen Tiefpunkt und meinte zu meiner Mutter: 'Ich bin immer traurig und weiß nicht, warum. Irgendetwas stimmt nicht mit mir.' Ihre Antwort: 'So brauchst du bei mir gar nicht erst anfangen. Hör auf, deine weißen Freunde nachzumachen. Du hast keine Depressionen. Schwarze bekommen so etwas nicht.' Das werde ich wohl niemals vergessen."

Der verschmähte Salat der asiatischen Tante

"Als meine weiße Familie bei einem gemeinsamen Essen im Haus meiner Großmutter zum ersten Mal auf die neue asiatische Frau meines Onkels traf, war ich doch etwas nervös. Ich wusste nämlich nicht, wie meine Familie auf sie reagieren würde. Meine Sorgen waren jedoch unbegründet und alle hatten richtig viel Spaß. Selbst der Hund meiner Großmutter mochte meine neue Tante und die beiden spielten zusammen, bevor sie wieder zurück in die Küche ging, um einen Salat zuzubereiten. Meine Mutter erstarrte und als sie den Augenkontakt zu meiner Großmutter suchte, wurde mir klar, dass sie meiner Tante nicht traute und dementsprechend auch nicht davon ausging, dass sie vor der Zubereitung des Salats die Hände waschen würde. Beim Abendessen rührten meine Mutter und meine Großmutter besagten Salat dann wirklich nicht an und verhinderten auch energisch, dass die Schüssel in meine Richtung wanderte. Eine Woche später schaute ich mir schließlich eine Fernsehsendung an, in der man das Hundefleischfestival von Yulin erwähnte. Meine Mutter lief an mit vorbei und meinte nur: 'Genau deswegen habe ich dich diesen Salat nicht essen lassen.'"

Die Ricky-Martin-Interpretation

"Wie viele andere Amerikaner stand auch meine Familie kurz nach der Jahrtausendwende total auf American Idol. Uns über die richtig schlechten Casting-Teilnehmer lustig zu machen, war so etwas wie unsere Lieblingsbeschäftigung. Besonders angetan hatte es uns dabei William Hung—ein Asiate, der 60 Sekunden lang Ricky Martins Kracher "She Bangs!" komplett verhunzt. Vor allem mein Vater war begeistert und sollte noch Jahre später kichern und leise 'She Bangs!' vor sich hinsingen, wenn er in der Öffentlichkeit einen Asiaten sah. Als wir irgendwann mal bei einem Baseball-Spiel waren und mein Vater schon ein paar Bierchen getankt hatte, begann er plötzlich damit, besagtes Lied zu singen—dieses Mal jedoch so laut, dass ich es noch ein paar Sitze weiter hören konnte. Ich schaute zu ihm rüber und dabei wurde mir klar, dass der Grund für die Gesangseinlage meines Vaters natürlich wieder ein Asiate war, der in seiner Nähe die Sitzreihen entlangging. Das hinter uns sitzende, weiße Pärchen erkannte, was vor sich ging, und gab ein lautes 'Wow!' von sich. Das führte dazu, dass sich auch der Asiate der ganzen Situation bewusst wurde. Er machte einen ziemlich angepissten Eindruck, aber mein betrunkener, schwarzer Vater sang einfach nur noch lauter weiter und fügte sogar noch einen kleinen Tanz hinzu."