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Es gibt eine neue Droge, die 10.000 Mal stärker ist als Morphium

Letztes Jahr hat die kanadische Polizei mehrere Pillen beschlagnahmt, die die neue psychoaktive Substanz W-18 enthielten. Man vermutet, dass das Ganze aus chinesischen Labors stammt und vom organisierten Verbrechen importiert wird.

Pillen wie diese gefälschten Oxycodon haben in der kanadischen Provinz Alberta letztes Jahr zu Hunderten Todesfällen geführt | Foto: Polizei Calgary | Twitter

Die kanadische Gesundheitsbehörde Health Canada hat mithilfe wissenschaftlicher Analysen herausgefunden, dass einige der Pillen, die in Calgary als Fentanyl (also die typischerweise blaugrünen Fake-Oxycodon-Tabletten) verkauft wurden, in Wahrheit einen Stoff enthielten, der 100 Mal wirksamer ist als Fentanyl. Die Entwicklung der Droge W-18—ein synthetisches Opioid mit keinem bekannten klinischen Nutzen—könnte zur Folge haben, dass noch mehr Menschen, die die als Fentanyl oder Oxycodon angepriesenen Pillen konsumieren, das Risiko einer Überdosis eingehen. Es wurde hier zum ersten Mal offiziell bestätigt, dass W-18 in Calgary im Umlauf ist.

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Bei W-18 handelt es sich um eine psychoaktive Substanz bzw. ein synthetisches Opioid, das in Pulverform daherkommt und wohl aus chinesischen Labors stammt, wo relativ unbekannte Drogen und Nachbildungen von bekannteren Rauschmitteln in großen Massen hergestellt und online verkauft werden. Das Ganze ist 10.000 Mal stärker als Morphium bzw. 100 Mal stärker als Fentanyl—somit ist ein deutlich höheres Überdosis- und Sterberisiko gegeben. Allein im Jahr 2015 gab es laut Alberta Health in der kanadischen Provinz 213 durch eine Überdosis hervorgerufene Todesfälle und es wurden gut 21.000 der runden, blaugrünen Pillen beschlagnahmt.

Die beschlagnahmten Pillen, die W-18 enthielten, wurden im August 2015 bei einer Wohnungsdurchsuchung in Calgary sichergestellt und dann zur Analyse an Health Canada weitergeleitet. Die Ergebnisse dieser Analyse wurden dann Mitte Dezember an die örtlichen Behörden zurückgeschickt.

„Wir gehen davon aus, dass W-18 aus China stammt", meinte Martin Schiavetta, ein leitender Mitarbeiter der Calgary Police Service Drug Unit, gegenüber VICE. „Es steckt jedoch mit Sicherheit das organisierte Verbrechen hinter dem Import von Fentanyl und ich würde fast behaupten, dass das bei W-18 auch der Fall ist."

Schiavetta zufolge wurde bei den 110 im August beschlagnahmten Pillen in nur drei Exemplaren W-18 gefunden, aber es ist trotzdem möglich, dass auch noch andere Tabletten die Substanz enthielten. Außerdem merkte der Beamte an, dass der Test zur Feststellung von W-18 extrem schwierig und kompliziert sei.

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Dazu kommt dann noch folgender Sachverhalt: Da die Pillen, die Fentanyl oder W-18 enthalten, in irgendwelchen Hinterzimmer-Laboren und nicht von pharmazeutischen Unternehmen hergestellt werden, kann die tatsächlich enthaltene Menge der Substanzen erheblich variieren.

Das Problem bei der Herstellung von Pillen kann man mit dem Backen von Chocolate Chip Cookies vergleichen: Nicht jeder Cookie wird dabei die gleiche Anzahl an Schokoladenstückchen enthalten. „Das Problem bei der Pressung der Fentanyl-Pillen ist die fehlende Konsistenz. Es ist also möglich, dass eine Tablette ein Milligramm Fentanyl enthält, während in der nächsten Tablette aus der gleichen Charge ganze drei Milligramm drin sind."

Fentanyl und seine Nachbildungen fallen in Kanada unter den sogenannten Controlled Drugs and Substances Act. Und seit Oktober 2015 werden Fentanyl und seine Nachbildungen auch in China per Gesetz reguliert. Da W-18 jedoch keine Nachbildung von Fentanyl darstellt, greift der Controlled Drugs and Substances Act hier nicht.

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„Letztendlich geht es hier um Verfügbarkeit und Zugänglichkeit … Wir haben es mit einer Droge zu tun, die 100 Mal stärker ist als Fentanyl, aber die Dealer haben keine Ahnung, um was es sich dabei genau handelt", erklärte uns Schiavetta. „Ich glaube nicht, dass die Kriminellen eine solche Weitsicht besitzen und daran denken, dass sie so ihren Kundenstamm umbringen könnten. Sie wollen einfach nur ein bisschen Profit machen und ihnen sind die Leute, denen sie ihre Drogen verkaufen, vollkommen egal."

2014 sind in Alberta 120 Leute durch Fentanyl gestorben. Als sich diese Zahl 2015 dann fast verdoppelte, hat das Law Enforcement Response Team der kanadischen Provinz das Aufkommen des synthetischen Opioids als den „größten Drogentrend" des Jahres bezeichnet.