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Wenn reiche Männer jagen gehen

Gatterjagden sind unter vielen Jägern verpönt. Tiere werden extra herangezüchtet, nur um dann von betuchten Herren erschossen zu werden. Josef Pröll findet das nicht schlimm.

Foto: Nuuuuuuuuuuul | flickr | CC BY 2.0

Hört man die Stichworte Jagdtourismus und Gatterjagd, denkt man zuerst an dicke deutsche Touristen, die in Sandalen-Socken-Kombination und mit klassischem Safarihut in Afrika auf Trophäenjagd gehen und unter lautem Gelächter auf Antilopen und Elefanten ballern. Man denkt an längst vergangen geglaubte Tage, an denen Adelige durch den Prater reiten und ihnen die Beute direkt vor die Nase getrieben wird, sodass sie nur noch den Abzug drücken müssen. Dass es solche Dinge aber auch heute und mitten in Österreich noch viel öfter gibt, als einem lieb ist, wissen die wenigsten—zumindest von denen, die keinen Jagdschein besitzen.

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Erst kürzlich sorgten Josef Pröll, Alfons Mensdorff-Pouilly und deren Jagdfreunde in diesem Kontext für Aufsehen. Sie begaben sich im November des letzten Jahres zu einem Gatter in Kaumberg im Bezirk Lilienfeld in Niederösterreich, in dem 500 Wildschweine auf viel zu engem Raum gehalten wurden. Dort haben sie mindestens 93 Tiere erschossen, von denen einige erst Tage später an ihren Verletzungen gestorben sind. Das Gatter ist umgeben von einem zwei Meter hohen Zaun, was bedeutet, die Tiere waren nicht nur wehrlos sondern hatten auch absolut keine Fluchtmöglichkeit.

Josef Pröll und Kollegen wurden nach diesem Vorfall von einem benachbarten Revierjäger, dem Ökologischen Jagdverband Österreich und Martin Balluch, dem Obmann des Vereins gegen Tierfabriken, angezeigt, da „der Massenabschuss eigens dafür gezüchteter Wildschweine nicht waidgerecht" sei. Der Begriff Waidgerechtigkeit umfasst alle Normen, die für einen verantwortungsvollen Jäger gelten sollen und schließt als grausam geltende Jagdmethoden wie die regelrechte Wildschweinhinrichtung von Kaumberg ausdrücklich aus. In der Praxis ist dieser Begriff offensichtlich dehnbar, denn laut Pröll sei es „im Zuge der angesprochenen Jagd zu keiner tierquälerischen Handlung gekommen".

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass in einem format-Interview im Juni 2012 mit Josef Pröll, der kurz zuvor zum niederösterreichischen Landesjägermeister ernannt wurde, und dessen Vorgänger Christian Konrad, schon das Thema angesprochen wurde. Hier heißt es seitens Christian Konrad, dass in jedem Fall für die Einschränkung von Gatterjagden gesorgt werde und dass diese früher regelmäßigen Schwarzwildjagden in Zukunft ausgeschlossen sein würden. Dass er und Josef Pröll nur etwa eineinhalb Jahre später selbst Teil einer solchen Jagd sein würden, die in einem Gatter der privaten Hans Dujsik Stiftung stattfindet, in deren Vorstand Christian Konrad sitzt, hat er bei seiner Aussage wohl noch nicht bedacht. Gatterjagden gehören immer noch zum Alltag, vor allem zu jenem von gut betuchten Herren im ruralen Österreich.

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In vielen Gattern herrschen durch die massive Überpopulation schlechte und keinesfalls artgerechte Bedingungen für die Tiere—sie fressen von Bäumen, sie suchen im kahlen Boden nach Nahrung und von Vegetation ist keine Spur. Das entspricht aber ganz dem Sinn, denn die Tiere, die in solchen Gattern ihr Dasein fristen, werden nur zu einem Zweck gezüchtet: um von einem Jäger ins Visier genommen zu werden.

Jetzt sehen wir euch schon von der grausamen Welt des Fressens und Gefressen-werdens argumentieren in der nur das Recht des Stärkeren zählt. Aber das ist Bullshit. Denn es gibt erstens sehr wohl artgerechte Haltung. Und zweitens besteht ein großer Unterschied zwischen kontrollierten Schlachtungen zum Zweck der Nahrungsmittelproduktion und dem reinen Ballerspaß betagter Herren, die Tiere als behaarte Zielscheiben verwenden.

Auch unter vielen Jägern sind Gatterjagden verpönt. Im besten Fall sehen Jäger ihre Tätigkeit als eine ökologische—nämlich als Aufgabe der Populationsregulierung. Wir haben einen Jäger aus Oberösterreich zum Thema Gatterjagden befragt: „Das bloße Töten von eingepferchten Tieren zum reinen Vergnügen hat nichts mit der Jagd im eigentlichen Sinn zu tun. Vielmehr geht es hier um Profit und eine Kommerzialisierung der Jagd, die den ursprünglichen Sinn des Jagens verfehlt und für die Josef Pröll und andere Schießwütige neben den Abzügen eine Menge Geld abdrücken müssen."

Man kann von der Jagd im Allgemeinen halten, was man will—zwischen „Meat is Murder" und dem Jägertum als ursprünglichste Variante des Naturschutzes haben ziemlich viele Meinungen Platz. Es gibt zwar keinen offiziellen, allgemeingültigen Jäger-Ehrenkodex, aber doch einen Spruch, der laut unserem befragen Jäger als inoffizielle Richtlinie gelten soll—und den man übrigens auch auf den Jägermeister-Flaschen findet: „Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild, waidmännisch jagt, wie sich's gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt."

Dem Spruch nach entspricht es nicht der Waidgerechtigkeit, Tiere nur aus dem Grund heranzuzüchten und sie unter schlechten Lebensbedingungen verwahrlosen zu lassen, nur um sie dann letzten Endes im Rahmen eines netten Tagesausflugs mit Freunden zum Spaß zu töten. Mit beschützen und hegen hat das ziemlich sicher nichts zu tun. So etwas ist keines Lebewesens würdig—und man kann sich natürlich auch die Frage stellen, ob jemand, der so etwas betreibt, wirklich des Titels des niederösterreichischen Landesjägermeisters würdig ist.