FYI.

This story is over 5 years old.

Campus, Sex und Ravioli

Wer suchet, der findet wieder—Fundbüros der Wiener Clubs

Wir haben ein paar Clubs in Wien besucht und uns angesehen, was man so alles in ihren Fundbüros findet. Spoiler: Es gab auch Überraschungen.

Ist das wirklich Victorias Geheimnis? Fotos von Veronika Mathes

Es ist schon beinahe Teil meiner Weggeh-Routine geworden. Eine lange Party-Nacht, dann der Morgen danach: Wecker läutet, ich falle aus dem Bett, versuche herauszufinden, welcher Tag oder—an schlechten Tagen—welches Jahr gerade ist, bemerke das laute Bohren im Kopf und dann setzt die übliche Panik ein. „Wo ist mein Handy?"—ich durchwühle meine Sachen wie eine Verrückte, nur um festzustellen, dass ich mein fucking Handy nicht mehr habe. Fuck. Spätestens in diesem Moment verfluche ich Alkohol und schwöre ihm für immer ab.

Anzeige

Ich fange an—nach Einnahme eines lebensnotwendigen Aspirins, das den imaginären Elefanten, der auf mir sitzt, verschwinden lassen soll—den Ablauf der vergangenen Nacht zu rekonstruktieren. Für gewöhnlich kann ich dann ungefähr wiederherstellen, was das letzte ist, woran ich mich mit Sicherheit noch erinnern kann und wann meine Erinnerung angefangen hat zu verschwimmen: „Ich weiß noch, dass wir nach der Party von dem Freund der Schwester von … ins … gegangen sind. Dort habe ich mein Handy sicher noch gehabt, aber danach?" Auf diese Erkenntnis folgt dann im Normalfall eine etwas beschämende Mail an den Club, in dem ich meine Nüchternheit und—so vermute ich—einige meiner Wertgegenstände verloren habe.

Ich habe im Laufe meiner Weggeh-Karriere so manches in einigen Wiener Clubs verloren und irgendwie nie zurückbekommen, kein einziges Mal. Das muss daran gelegen haben, dass mich mein Alkoholpegel in die falschen Clubs geführt hat, in solche, in die ich nüchtern nie hingehen würde. Für VICE aber habe ich mich in die wichtigsten Wiener Clubs begeben und mich in deren Fundbüros umgeschaut. Wirklich sehr beruhigend, wie sicher meine verlorengegangenen Sachen dort aufgehoben wären—und ziemlich weird, was dort schon so alles abgegeben wurde.

PRATERSAUNA

Wenn ihr feiern und euch keine Sorgen um eure Sachen machen wollt, dann ist die Pratersauna der perfekte Ort für euch. Die Pratersauna ist nämlich einer der sichersten Clubs Wiens, wenn es um verlorengegangene Gegenstände geht. Hier kannst du dein Hab und Gut mir ruhigem Gewissen an der Garderobe abgeben und dir ruhig erlauben, auch mal etwas liegen zu lassen. Die Mitarbeiter nehmen ihre Arbeit sehr ernst. Ohne einen gültigen Bon geben sie NIEMANDEM UNTER KEINEN UMSTÄNDEN etwas zurück. Solltest du diesen nicht mehr haben, musst du dort bis zum Ende bleiben, damit ja sichergestellt werden kann, dass das von dir verlangte Kleidungsstück auch wirklich deines ist.

Anzeige

Da hilft weder lallendes Weinen noch Bestechung mit deiner letzten Becherpfandmarke. Selbst, wenn du auf die Idee kommen solltest, mit letzter Kraft deine ohnehin unkontrollierbare, labbrige Zunge zu einer kleinen Rinne zu formen, darin Spucke zu sammeln und deine Jacke oder einen Garderobenmenschen damit zu treffen, wirst du erfolglos bleiben. Die Mitarbeiter in der Pratersauna folgen ihren Anweisungen ohne Ausnahme. Die ändern ihre Meinung nicht, sogar wenn sie mit Dingen beschossen werden, was dort hin und wieder passiert.

So streng sind sie spätestens seit einem Vorfall vor zwei Jahren, als jemand eine gefälschte Moncler Jacke abgab, sich dann eine echte abholte und die Pratersauna den Besitzer der schweineteuren, echten Jacke entschädigen musste. Außerdem wird in der Sauna alles aufgehoben, sogar Unterwäsche, die jedoch immer noch auf ihre Besitzer wartet. Wenn es möglich ist, werden die Besitzer kontaktiert und müssen sich nicht selbst darum kümmern, mentale rekonstruktive Puzzle-Arbeit zu leisten (siehe oben). In der Pratersauna sind deine Sachen so sicher, dass einige Gäste mittlerweile nicht nur Stammgäste des Clubs, sondern auch des Fundbüros und den Mitarbeitern bereits namentlich bekannt sind.

FLUC

Auch im Fluc wird einfach alles, das je verloren und abgegeben wurde, aufgehoben, bis es jemand abholt, was ziemlich beruhigend ist. Deshalb stapeln sich dort auch unzählige Sachen in den vielen Lost-and-Found-Kisten. Von Schlüsseln, über Brillen und Bücher, bis hin zu einem Pass ist alles dabei. Natürlich ist die Arbeit im Fundbüro für die Finder keine Karusselfahrt. Wenn du daherkommst und dich mit drei Jacken neu einzukleiden versuchst, wie viele vor dir es schon getan haben, dann muss sich so ein Garderobier schon zusammenreißen.

Anzeige

Die Leute im Fluc bringen es aber dennoch nicht übers Herz, auch nur irgendetwas, und sei es deine eddingverschmierte Krone vom Burger King, wegzuschmeißen. Sie wissen, dass es emotionalen Wert haben könnte. Und das scheint sich auszuzahlen, immerhin kam erst vor kurzem ein Gast zurück, um sich ein eingerahmtes Bild abzuholen, das er vor einem Jahr im Fluc vergessen hatte. Wie verpeilt kann man eigentlich … Na ja, aber angenehm zu wissen, dass es noch da war.

TITANIC

Im Titanic verstehen manche Gäste den Namen des Clubs wortwörlich. Das heißt, sie verlassen ihn am frühen Morgen wie ein sinkendes Schiff und nehmen nur das Wichtigste mit nach Hause. Zurück bleiben dann Jacken, Pullover und verlorene Zähne. Ja, genau. Hier die E-Mail zum besagten Fall:

Betreff: verlorener zahn Hi, ich habe einen falschen Zahn verloren, dieser ist mir beim Niesen aus dem Mund gesprungen.
Es ist ein rosa Teil ca.1cm groß und ja, sieht aus wie ein falscher Zahn! Ich bitte euch Putz dies nicht weg es kostete mich knappe 300.- Euro !!! Danke für die baldige Meldung !

Wenn ihr also das nächste Mal im Titanic seid, haltet Ausschau nach diesem Zahn. Er ist noch nicht gefunden worden und wer weiß, wie hoch der Finderlohn ist.

ARENA

Das Fundbüro der Arena war eines des interessantesten und hat sich als wahrhafte Fundgrube erwiesen. Ich konnte oft gar nicht glauben, was ich dort so alles sah. BHs, Gleitgels und mein absolutes Highlight auf der Weirdheitsskala: ein Ast, umwickelt mit Stofffetzen, in die Drogensäckchen eingenäht waren.

Anzeige

Die Gäste in der Arena dürften nicht viel Wert auf Unterwäsche legen, fleißige Pfefferspray-Käufer sein und gerne Bücher und Erdnüsse beim Weggehen mitnehmen, für den Fall, dass der Abend langweilig wird. Außerdem weiß man ja nicht, was der Abend noch so bringt. Hier hat mich auch total beeindruckt, dass alles aufgehoben wird und in Fällen von Bankomatkarten oder E-Cards die Besitzer kontaktiert werden und sich nicht erst melden müssen, sobald der Kater nachgelassen hat.

Besagter Ast mit Stofffetzen … wirklich unauffällig, wenn man Drogen in den Club schmuggeln will.