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Weshalb Jörg Haider einen Kreisverkehr verdient hat

Das BZÖ Wien möchte Jörg Haider einen Kreisverkehr widmen. Wir haben die größten Verdienste des Alpenscheichs gesammelt.
VICE Media

Das BZÖ lebt noch und versucht, Politik zu machen? Natürlich. Wer kennt sie nicht, die klingenden Namen wie Dietmar Schwingenschrot, seines Zeichens Obmann des BZÖ in Wien. Weil die Zukunft des Bündnis Zukunft Österreich seit Jahren eher düster ist, bringt es auch niemandem etwas, wenn sich die Partei überhaupt noch darum bemüht, Politik zu machen. Sie wurde im Nationalrat durch das Team Stronach ersetzt, das jetzt auch schon lange wieder tot ist und tritt bei Wahlen auch kaum noch an. Die Zeiten des BZÖ sind vorbei. Nicht aber die des Jörg Haider. Der war schon immer eine schillernde Persönlichkeit, hat sich immer alle Namen gemerkt, hat seinen Kärntnern billiges Gaddafi-Öl besorgt und sich für das Volk eingesetzt. (Es kann niemandem der Film Fang den Haider oft genug ans Herz gelegt werden).

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Also schickt der BZÖ-Obmann Wiens, dessen Namen wir schon wieder vergessen haben, eine Pressemitteilung raus: „BZÖ-Wien für Benennung eines Kreisverkehrs nach Dr. Jörg Haider". Warum? Weil er eine Größe im politischen Spektrum gewesen sei. Dass „Größe" nicht zwingendermaßen hohe Qualität impliziert, wissen wir alle spätestens, seit wir das erste Mal eine Windel gewechselt haben, aber was hat Jörg Haider eigentlich großes getan, dass er einen Kreisverkehr verdient, wo er (wie ein Kollege richtig feststellt) doch sogar mit einer geraden Straße schon so seine Probleme hatte? Wir haben die größten Verdienste des Alpenscheichs gesammelt:

Hypo

Unter Landeshauptmann Jörg Haider wurde aus der einst kleinen Kärntner Provinzbank Hypo eine rasant expandierendes Kreditinstitut, das vor allem in neue Balkanländern wie Kroatien und Serbien ganz im Geiste der Vorkrisenstimmung investierte und dort spekulierte, was das Zeug hielt. In Kroatien wurden mit Hypo-Krediten imposante Hotelanlagen gebaut, in denen niemand wohnen will und Yachten geleast, die irgendwie verschwunden sind.

Außerdem stammen aus dieser ach so sorgenfreien Zeit die berüchtigten Kärntner Landeshaftungen von 20 Milliarden, die bis heute mit Untersuchungsausschüssen unterhalten und der Republik rechtliche Auseinandersetzungen mit unseren bayerischen Nachbarn bescheren. Wir verdanken Jörg Haider und seiner Hypo jedenfalls, dass Kärnten heute nicht nur aufgrund seiner wunderschönen Landschaft auch das Griechenland Österreichs genannt wird.

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Verdienste in der Aussenpolitik

Es ist sicherlich eine Auszeichnung, nicht einen, nein, gleich zwei der ärgsten Diktatoren des aktuellen Milleniums als persönliche Buddys gehabt zu haben—nach Jörgis Ableben ging es ja auch in ihrem Leben nicht ganz so rosig weiter. Um 2000, gerade nachdem Haider seinen FPÖ-Vorsitz hingelegt hatte, war Haider beim libyschen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi, gab private Gründe für den Besuch an und vergnügte sich in Begleitung eines österreichischen Bankdirektors.

Nach Haiders Angaben, gab es eine enge Freundschaft zwischen Gaddafis Sohn „das Schwert des Islam" und ihm. Aus rein „humanitären" Zwecken besuchte Haider dann 2002 Saddam Hussein und überbrachte dem völkermordenden Kriegsverbrecher ein Kärntner Landschaftsgemälde sowie „Solidarität der Österreicher mit den Irakern".

Nationale und internationale Facepalms folgten auf beide Staatsbesuche, aber für parteiliche Fördergelder schaut anscheinend sogar der Vater aller Ausländerfeinde bei den Wüstenkönigen vorbei. Vielleicht liegt es daran, dass in den 90ern die Araber innerhalb der FPÖ noch populärer waren.

Die Saualm

Der traurige Höhepunkt in Haiders Ausländerpolitik ist das Asylwerberheim Wölfnitz, das medial als „Saualm" bekannt wurde. In die Wege geleitet wurde die—von den Zuständigen tatsächlich als solche bezeichnete—„Sonderanstalt für mutmaßlich straffällige Asylwerber" vom damaligen Kärntner Landeshauptmann Haider und seinem späteren Nachfolger Gerhard Dörfler.

Die Grundidee spiegelt gut das rassistische Mindset von Haider und Co. wider: „Mutmaßlich straffällige" Asylwerber sollten in einer abgelegenen ehemaligen Jugendherbege untergebracht werden. Das „Endziel"—so Haiders Wortlaut—sei in weitere Folge aber eine Abschiebung aus Österreich. Obwohl die Idee hohe Wellen schlug und für Empörung sorgte, wurde die „Saualm" im November 2008 eröffnet.

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Es folgten Berichte über schlechte Behandlung, das Gebäude selbst war nicht für derart viele Personen ausgelegt und es stellte sich heraus, dass die meisten der untergebrachten Asylwerber wenig überraschend gar nicht straffällig waren. Bereits im Jahr der Eröffnung gab das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR ein vernichtendes Fazit zur generellen Situation vor Ort ab. In den Medium war aufgrund dieser Zustände auch von einem „Kärtner Guantanmo" die Rede.

Nachdem es zwischenzeitlich schon mal zu war und dann wieder geöffnet wurde, wurde die „Saualm" Ende 2012 endgültig geschlossen. Einerseits weil das Gebäude in schlechtem Zustand war, andererseits wegen angeblicher „illegaler Schächtungen". Zumindest war das die offizielle Erklärung des damaligen Kärtner Landeshauptmannes Gerhard Dörfler.

(Anti-Ausländer)volksbegehren

Haider war ein Fan von Volksbegehren. Der Inhalt schien ihm da nicht ganz so wichtig gewesen sein, wie man spätestens seit Fang den Haider weiß. Da erzählt Mitglied von Haiders Buberlpartie und ehemaliger FPÖ-Generalsekretär Peter Westenthaler, dass die Vorwahlzeit Haiders Lieblingszeit war. Da konnte er in der Menge baden und wurde von der Bevölkerung bejubelt. Wenn aber keine Wahlzeit war, sei Haider schnell langweilig geworden.

„Das war die Geburtsstunde der Volksbegehren." Das sind die Gründe aus denen Politik gemacht werden soll: Langeweile des Parteivorsitzenden. Aber nicht, dass diese Volksbegehren nebensächlich und irrelevant gewesen seien. Nein, da kann man schon auch einmal Tausende Menschen gegen Ausländer aufhetzen. „Österreich zuerst", wie das Volksbegehren hieß, lag von 25. Januar bis 1. Februar 1993 zur Unterzeichnung auf. 416.531 Menschen unterstützten es. Jörg Haider war beschäftigt, die „Österreich zuerst"-Verfechter waren beschäftigt und die Gegner organisierten Gegendemonstrationen. Der Fackelmarsch, mit dem breite Teile der Bevölkerung auf die Vorhaben Haiders reagierten, ist eigentlich tatsächlich ein guter Grund, warum man einen Kreisverkehr nach Haider benennen sollte.

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Stefan Petzner

Foto von Kurt Prinz.

Jörg Haider hat Stefan Petzner groß gemacht und Stefan Petzner ist super. Nicht, wenn es um vertretbare Meinungen geht, nicht, wenn es darum geht, die Hypo zu kritisieren oder dermatologische Gesundheitstipps einzuholen. Aber ohne ihn würde ein Stück Österreich fehlen. Im Herzen und hautfarbentechnisch dem BZÖ und Jörg Haider treu geblieben, ist Stefan Petzner ein Teil des österreichischen Kulturguts geworden. So wie Sackerl fürs Gackerl, Wiener Grant und Volks-Rock'n'Roll. Eines seiner Zitate-Highlights (hier über die Saualm): „Wir bringen kriminelle Ausländer an einen Ort bei den sieben Zwergen hinter den sieben Bergen, der entsprechend gesichert ist, damit sie niemandem etwas tun können."

Das Wörthersee Stadion

Weil Haider selbstverständlich wollte, dass sein Kärnten bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 alle anderen Bundesländer ein bisserl in den Schatten stellt, ließ er in der Landeshauptstadt Klagenfurt das „schönste Stadion Österreichs" bauen, das gerne auch als „Haider-Tempel" bezeichnet wird. 30.000 Leute haben im Wörthersee-Stadion Platz. Blöd nur, dass es für diesen Kasten, der bis dato gute 90 Millionen Euro gekostet hat, seither einfach nicht mehr so wirklich viel Verwendung gibt. In den Jahren nach der EM spielte dort hauptsächlich der SK Austria Kärnten, meistens vor ein paar hundert Zuschauern.