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Wenn der Wetterbericht für Propaganda genutzt wird

Der russische Wetterbericht verspricht ideale Voraussetzungen für Luftangriffe auf Syrien.

Screenshot via YouTube

Unlängst hat Russland verkündet, sich durch Luftangriffe in den syrischen Bürgerkrieg einzumischen, was erst mal einige Fragen aufwarf. Warum Russland das für eine gute Idee hält, zum Beispiel. Ein weiteres, großes „Warum?" hat sich nun während dem Wetterbericht auf dem russischen Staatssender Rossija 24 aufgetan.

Die Vorhersage wurde nämlich überraschend auf Syrien ausgedehnt und prognostiziert ideale Bedingungen für einen Bombenangriff. Der Oktober wäre in Syrien ein äußerst vorteilhafter Monat für Luftangriffe, nicht zuletzt, weil die Windgeschwindigkeit nur 2,4 Meter pro Sekunde betrage und Regen im Durchschnitt nur alle zehn Tage zu erwarten sei.

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Während die blonde Wetterfee die Prognose meldet—und dabei fast stolz klingt—sind am Bildschirm im Hintergrund ein Kampfjet und die Worte „Flugwetter" zu sehen. Dazwischen wird vom russischen Verteidigungsministerium veröffentlichtes Bildmaterial von einem Bombenangriff auf syrische Gebiete gezeigt. Ganz so, als wäre der gesamte Einsatz eben ein großer Erfolg für Russland.

Propaganda ist ein machtvolles und vor allem gefährliches Werkzeug. Seit Russlands Entscheidung, Luftangriffe gegen Syrien zu fliegen, hat sich der landesinterne mediale Fokus verlagert—die Ukraine scheint nicht mehr länger das große Thema zu sein.

Es ist nicht das erste Mal, dass Russland seine staatlichen Wetterberichte für Propaganda nutzt—wobei die Aussagen im Fall von Wadim Sawodtschenkow ihm wohl eher ein persönliches Anliegen waren. Im April diesen Jahres, wiederum während der Vorhersage auf Rossija 24, sprach der Wetterexperte von „Wolken, die sich über der Ukraine zusammengebraut haben" und deren Folgen „sogar in Russland zu spüren sein werden".

Außerdem sprach Sawodtschenkow von einem „stürmischem Wind", und weiter von einem „wahrscheinlich frischen Wind", von dem die Stadt Donezk betroffen sei. Dort werde die Temperatur in den kommenden Tagen steigen. Eine sehr bizarrer Sinn für Humor.

Wetterberichte werden aber nicht nur für staatliche Propaganda entfremdet—manchmal entschließt sich auch der Moderator dazu, persönlich motivierte Botschaften zu vermitteln, oder vielmehr dazu, sie möglichst unauffällig einzustreuen.

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So geschehen 2009 im ZDF heute-journal als Meteorologe Gunther Tiersch während des Wetterberichts mal ganz nebenbei ein paar Schlangenlinien als durch Militärflugzeuge abgeworfene Substanzen identifiziert und danach einfach so mit der Berichterstattung fortfährt. „Hat mit Wetter so nichts zu tun"—stimmt. Fans von Chemtrails interpretierten das ziemlich schnell als Botschaft.

Der Wetterbericht wird in der Regel immer live gesendet, weshalb sich das Format nicht nur als Plattform für spontane, nicht im Vorfeld mit der Regie abgesprochene und persönliche Botschaften des Moderatoren anbietet, sondern natürlich auch als idealer Nährboden für etwaige Pannen. Diese britische Meteorologin beispielsweise kann gar nicht anders, als panisch vor der Spinne zu flüchten, die es sich auf der Kameralinse gemütlich gemacht hat und im Green Screen hinter ihr als riesiges Monster zu sehen ist. Die mexikanische Wetterfee Yanet Garcia wiederum erfreut sich regelmäßig an hohen Einschaltquoten und einer noch größeren Fangemeinde im Internet.

So komisch die Pannen von Meteorologen aus aller Welt im Live-Fernsehen auch sind, so tragisch ist die Tatsache, dass der russische Wetterbericht vollkommen ernst gemeint ist, auch wenn er außerhalb der eigenen Landesgrenzen wohl eher als wahnwitzig aufgenommen wird. Wenigstens ist das Wetter ideal für Luftangriffe.

Franz auf Twitter: @FranzLicht