Warum Kärnten wegen 300 Asylwerbern durchdreht
22 Flüchtlinge, genauso viele Schlagzeilen. Foto von der Autorin

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Warum Kärnten wegen 300 Asylwerbern durchdreht

Kärnten muss bis Jahresende 300 Plätze für Asylsuchende schaffen. Das ist zwar per Gesetz geregelt, aber im kleinen Örtchen St. Peter in Holz regt sich trotzdem erster Widerstand.

Bis zum Jahresende muss das Land Kärnten 300 Plätze für Flüchtlinge schaffen, um die Quote, die zwischen den Bundesländern und dem Bund vereinbart wurde, zu erfüllen. Wenn man die Kärntner, die noch immer kollektiv ihrem Jörg nachweinen, jedoch auch nur ein bisschen kennt, kann man sich vorstellen, dass die Unterbringung der Asylsuchenden nicht reibungslos über die Bühne gehen wird.

Ein perfektes Beispiel dafür ist die Diskussion um ein geplantes Flüchtlingsheim in St. Peter in Holz, das zur Gemeinde Lendorf gehört. Dort soll die urige Pension der Familie Föger in ein Selbstverpflegungsquartier für maximal 22 Flüchtlinge umfunktioniert werden. Die Anrainer laufen dagegen Sturm und haben eine Petition verfasst, in der sie unter anderem sofortige Grenzkontrollen und keine Aufnahme von Flüchtlingen fordern. Ich habe mich zurück in meine Heimat gewagt, in der bekanntlich die Sonne vom Himmel gefallen ist und mich mit Gegnern, Befürwortern und Meinungslosen unterhalten, um mir den Urlaub zwischen Bergen und Seen ein bisschen spannender zu gestalten.

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Und um gleich zu Beginn sämtliche Bedenken aus dem Weg zu räumen, dass ich eine vom Glauben gefallene Tochter des Landes sein könnte: Ich finde Kärnten keineswegs per se furchtbar und befinde mich hier auch nicht auf einer rachegetriebenen Hetzjagd gegen meine echte und Haiders Wahl-Heimat. Mein Körper schüttet sogar jedes Mal Glückshormone aus, wenn ich auf der Kärntner Seite aus dem Tauerntunnel komme und ich liebe schon allein die Zugstrecke durch das Mölltal abgöttisch, weil man kurzzeitig das halbe Tal überblicken kann und es einfach so verdammt kitschig ist.

Meine Nostalgie und Wehmut wurde jedoch von einer Dame unterbrochen, die anscheinend das dringende Bedürfnis hatte, sich mir mitzuteilen. Nachdem ich alle Einzelheiten über meine Piercings und Tattoos („Warum gefällt dir das? Tut das weh? Warum tust du das?") erläutert hatte, erzählte sie mir von ihren Erlebnissen mit Junkies am Karlsplatz, denn sie war vor 15 Jahren ein Mal zu Besuch in Wien. Von Drogensüchtigen und Ausländern halte sie sowieso nichts und Zeitung lese sie auch nicht, denn „da weiß man ja sowieso nicht, was man glauben soll."

Als ich ihr erzählte, dass ich gerade an einer Reportage über die aktuelle Flüchtlingsdebatte arbeite, hat sie mich nur verwirrt angesehen. Vermutlich hat sie das Wort „Reportage" nicht verstanden oder aber es war ihr einfach nur rätselhaft, was es denn da bitte für eine Debatte geben kann. Spätestens in diesem Moment war für mich klar, dass ich diese Geschichte schreiben muss und so habe ich mich mit verschiedensten mehr oder weniger Betroffenen der Region unterhalten, um ein Bild davon zu bekommen, was in den verwirrt vor sich hin starrenden, die Ausländer und Junkies im fernen Wien fürchtenden Köpfen der Süd-Österreicher so abgeht.

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  Eine Kuh aus der „Hood". Sie heißt Larissa. Foto von Andrea Berger

Gleich am zweiten Tag meiner Reise fand beim Lendorfer Wirt ein Informationsabend für die Anrainer des geplanten Flüchtlingsquartiers statt. Ich nutzte das Event als anthropologischen Penetrationspunkt, um Zugang zu den Eingeborenen und Zugezogenen zu erlangen. VICE kannte dort irgendwie niemand und nachdem es kurz das Gerücht gab, dass ich von der New York Times sei, weil ich erwähnt habe, dass das Hauptbüro in New York ist, kapitulierte ich irgendwie vor weiteren Erklärungsversuchen und gab einfach nur noch an, Journalistin zu sein, was den meisten sowieso genügte. „Mit so etwas wie dir rede ich nicht", musste ich mir mindestens genau so oft anhören wie „Nein, ich will kein Interview geben, aaaaber …", weswegen es zu den wenigsten Zitaten hier Fotos oder Namen gibt.

Der Saal im Wirtshaus war an besagten Abend mit ungefähr 200 Anrainern, Lokalpolitikern, Schaulustigen und Dorfalkoholikern vollgestopft. Das Bier floss in Strömen, der Sauerstoffgehalt in der Luft war verschwindend gering und sogar das Landesstudio des ORF war da. Vom Landeshauptmann Peter Kaiser fehlte jedoch jede Spur, was die Dorfbewohner unglaublich erzürnte. Der Jörg wäre damals bestimmt gekommen, ganz sicher.

Christoph Staudacher, Landtagsabgeordneter der FPÖ, sagt dazu: „Ich hätte mir erwartet, dass der Landeshauptmann, welcher immerhin Flüchtlingsreferent ist, hier in Lendorf Rede und Antwort steht und nicht die Menschen überfährt und sie am Ende des Tages vor vollendete Tatsachen stellt und deshalb diese Diskussion auslöst und Ängste schürt. Wir werden das Flüchtlingsproblem nicht in Kärnten, nicht in den Gemeinde lösen, sondern wir müssen das Problem vor Ort lösen. Die armen Kriegsflüchtlinge, die durchwegs in den Krisenherden dieser Welt Not leiden, schaffen den Weg zu uns gar nicht, denn sie sind vor Ort dem Schicksal ausgeliefert. Man muss die Sache ehrlich betrachten: Kriegsflüchtlinge sind nicht die, die in Österreich oder Kärnten Asyl beantragen."

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Man habe also nichts gegen echte Kriegsflüchtlinge, aber man wisse eben, dass die Leute, die es bis Österreich schaffen, gar keine echten Kriegsflüchtlinge sein könnten. 

Diese Umkehrschlusslogik eröffnet völlig neue Dimensionen von Scheinheiligkeit. Auf die Frage, wie viele Unterschriften sie schon für ihre Petition gesammelt hätten, antwortete Staudacher: „Viele! Die liegt ja auch im ganzen Bezirk auf!"

Als einer der Ersten ergriff Andreas Keuschnig, Sprecher der Anrainer, das Wort im Saal und erläuterte, dass die Verfasser der Petition parteifrei (oder eben auch, wie Christoph Staudacher, Landtagsabgeordneter der FPÖ) seien und eine transparente Vorgehensweise seitens des Bundes und des Landes fordern würden. Immer wieder wurde die Presseaussendung des Gemeindebundes zitiert, aus der hervorgeht, dass die jeweiligen Bürgermeister umgehend in die Planung der Flüchtlingsunterkünfte einbezogen werden, wovon die Bewohner von St. Peter in Holz jedoch nichts mitbekommen haben.

Sie fühlen sich vom Bürgermeister, dem Land Kärnten und dem Bund ausgegrenzt und vor vollendete Tatsachen gestellt. Andreas Keuschnig fügt hinzu, dass Frau Föger, die Betreiberin der Pension, selbst aus der DDR-einer Diktatur-kommt. Sie wisse also, wie sich die Anrainer derzeit fühlen. Weiters wird die Situation in St. Peter in Holz als „Ausnahmezustand" bezeichnet, der „eigentlich ganz Österreich betrifft." Ich konnte mir das Lachen einfach nicht verkneifen und erntete böse Blicke der Umstehenden.

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Im Anschluss ergriff Flüchtlingsbeauftragte Barbara Payer das Wort und erläuterte die verschiedenen Formen der Flüchtlingsunterbringung. Die Flüchtlinge in St. Peter in Holz würden so zum Beispiel 180 Euro pro Monat bekommen, um sich selbst zu versorgen. Die Personen in meiner Umgebung waren sich alle einig, dass 180 Euro mehr als genug seien. „Und dann bekommen die auch noch gratis eine Versicherung!", wurde hinzugefügt. Ja, was für eine Schweinerei.

Christoph Staudacher, FPÖ. Foto von Andrea Berger

Als nächstes ließ Payer die Bombe hochgehen: Der Vertrag mit Familie Föger sei unterschrieben und die Flüchtlingsunterkunft nun bald fixer Bestandteil des Dorfbildes. Ab November sollen die ersten Familien einziehen, anfangs jedoch nur zwei oder drei. Die Empörung der meisten Anwesenden war groß, trotzdem wurde angeregt weiter diskutiert.

Christian Ragger, Landesparteiobmann der Freiheitlichen in Kärnten und unter anderem Landesrat für Straßenverkehrsrecht und Verkehrssicherheit, gab den erzürnten Dorfbewohnern jedoch einen verbalen Strohhalm, an den sie sich klammern konnten. Er wolle die Zufahrt zur Pension prüfen und feststellen lassen, ob sie für 20 Asylwerber überhaupt zulässig sei. Der Jubel im Saal war groß und ich ziemlich ratlos. Wie soll eine Zufahrt für 20 Touristen, die normalerweise in der Pension übernachten, geeignet, aber für die gleiche Anzahl von Asylwerbern nicht zulässig sein? Egal, ein paar Wählerstimmen hat er seiner Partei damit bestimmt verschafft. Und uns die wertvolle Lektion mitgegeben, dass man in Österreich unliebsame Beschlüsse im Zweifelsfall immer mit bürokratischem Hickhack und dem Ausmessen von Grundstücks- und Zufahrtsgrößen verzögern kann.

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Für alle, die noch nie in St. Peter in Holz waren, muss ich an dieser Stelle kurz die Infrastruktur erläutern: St. Peter in Holz liegt auf einem kleinen Hügel an der Bundesstraße und es leben dort zirka 40 Personen. Der örtliche Supermarkt, der laut Payer für die Flüchtlinge zu Fuß zu erreichen ist, liegt drei Kilometer entfernt-man muss den gesamten Weg die Bundesstraße entlang marschieren, auf der die Autos mit 100 km/h fahren, sofern sich die Fahrer an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten, was in Kärnten bekanntlich nicht unbedingt Teil des lokalen Brauchtums ist. Die Ämter und Ärzte befinden sich in Spittal an der Drau, wohin ein Bus die Flüchtlinge bringen könnte. Der letzte Bus fährt jedoch um 17:00 Uhr-wobei die Flüchtlinge im Winter eine Taschenlampe mit sich führen sollten, denn Straßenlaternen gibt es in St. Peter nicht. Wie sich die Flüchtlinge von ihren 6 Euro pro Tag eine Fahrt mit dem Bus, die pro Richtung 2,30 Euro kostet, leisten können sollen, bleibt fraglich.

Genauso wie die Frage offen bleibt, ob die Kinder mit den Schulbus fahren werden dürfen. Hier stehen die Chancen aber wenigstens gut, denn die Volksschule ist fast drei Kilometer vom geplanten Heim entfernt und somit müsste laut Gesetz eine Busverbindung hergestellt werden. Es bleibt zu hoffen, dass es in St. Peter besser läuft als in Steuerberg bei Feldkirchen, wo die Kinder der Asylwerber zu Fuß gehen mussten, während ihre Schulkollegen im Bus an ihnen vorbeifuhren.

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Dass Kinder in das Haus am Hügel einziehen werden, glauben die Anrainer jedoch sowieso nicht. Mir wurde unter vorgehaltener Hand gesagt, dass die Schaukel vor dem Heim abgebaut wurde-für die Anrainerin an eindeutiges Indiz, dass nur alleinstehende Männer einziehen werden. „Ich traue mich dann nicht mehr vor die Tür!", fügte sie hinzu. Meine Vermutung, dass die Schaukel einfach nicht den Sicherheitsansprüchen der Prüfer genügt hat, die das Haus als Flüchtlingsunterkunft genehmigt haben, wurden gewohnt kärntnerisch ignoriert.

„Die Frauen haben Angst!", erklärte mir ein junger Mann. „Vor was denn?", fragte ich. „Ja, die haben ja eine ganz andere Kultur."

Wovor konkret sich die Anrainer fürchten, konnte ich trotz größter Bemühungen nicht herausfinden. „Die Frauen haben Angst!", erklärte mir ein junger Mann. „Vor was denn?", fragte ich. „Ja, die haben ja eine ganz andere Kultur." Das nennt man dann wohl Xenophobie. Dann lief das Gespräch doch irgendwie auf sexuelle Übergriffe hinaus, woraufhin eine Frau am Tisch meinte, dass Frauen auf Dorffesten von Inländern ständig angegrabscht werden und niemand etwas dagegen sagt. „Ja, mein Gott … angegrabscht!", entgegnete er lachend. Ich musste an das Wort „Leitkultur" denken, bis mir schlecht wurde und ich den Tisch verließ.

Ich war fasziniert von der Art, wie die Anrainer zwischen den Flüchtlingen differenzierten. Gegen Kinder hätte niemand etwas einzuwenden. „Von mir aus können sie das ganze Haus mit Kindern vollstopfen. Ich habe selbst einen Sohn. Die tun mir ja leid!", erklärte mir ein Mann, der seine Befürchtungen sogar mit selbst ausgedruckten Zetteln, auf denen eine Statistik des Bundesministeriums für Inneres abgebildet war, belegen konnte. „Erschreckend ist, dass so wenige Kinder unter 14 Jahren aufgenommen worden sind. Das sehe ich nicht ein, das habe ich eh zum Ragger gesagt." Eine Frau mischte sich ein und fragte, wo denn die ganzen Frauen und Kinder der Männer seien, die nach Österreich kommen. Seine Antwort darauf: „Die Frauen, die sind unten und stehen ihren Mann. Und die Feiglinge hauen ab!"

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Auch Familien wären für die ängstlichen Anrainer ja noch irgendwie okay-aber eben nicht so viele. „Das ist einfach unverhältnismäßig. 22 Flüchtlinge! Wir sind ja nur 40 Einwohner!", sagte die Frau, die auch den Schaukel-Abbau beobachtet hatte. Syrer wären auch noch halbwegs willkommen, denn die haben es ja schwer. Aber niemand kann den Anrainern sagen, welche Nationalitäten in das Haus einziehen werden. Und Nationalitäten sind in Kärnten ja bekanntlich verdammt wichtig.

Eine weitere mir vorgeschlagene Lösung eines Anrainers wäre zum Beispiel, die Flüchtlinge im leeren Pfarrhof unterzubringen, der abseits des Dorfes liegt. „Aber dort wollen sie niemanden rein tun. Dann habe ich gestern zum Kirchenrat gesagt ,Tut dort ein paar Asylanten hinein'-weil weißt eh, die Kirche ist ja sozial und für die Menschenrechte da. Die Kirche muss auf die Leute schauen. Das ist die erste Pflicht von der Kirche!"

Manche junge Menschen verstehen die Aufregung nicht. Foto von Andrea Berger

Ab und an gab es aber sogar beim Lendorfer Wirt ein paar Lichtblicke. So traf ich eine Gruppe junger Menschen, die ein bisschen Weltoffenheit in die vorgestrige Szenerie brachten. „Ich verstehe nicht, warum die Leute so eine Angst haben vor Menschen, die einfach froh sind, dass sie mit dem Leben davongekommen sind. Die sind nicht da, um uns etwas wegzunehmen. Die bekommen hier ein Dach über den Kopf und 6 Euro am Tag. Das sind, wenn man es durchrechnet, ein paar Cent pro Kärntner."

Auch die ansonsten nicht mehr sonderlich beliebte Familie Föger bekam Zuspruch. „Ich finde es super, dass die Familie Föger das Haus zur Verfügung stellt. Ich verstehe es einfach nicht, warum die Leute sofort dagegen sind-und somit auch gegen das Gesetz. Die kennen alle die Gesetzeslage nicht. Die denken, dass das jetzt irgendjemand einfach durchgezogen hätte, ohne sie zu fragen. Die denken einfach keine Sekunde darüber nach, dass die Flüchtlinge in ihrer Heimat alles verloren haben. Die können sich kein bisschen in deren Lage hineinversetzen. Das ist einfach nur ekelhaft!"

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Familie Föger war auch bei der Versammlung anwesend, wollte aber nicht vor allen Anwesenden das Wort ergreifen, denn sie wurden schon auf Facebook massiv bedroht. „Stopft das Haus mit Asylanten voll, dann brennen wir es euch nieder", stand da. Laut ORF wurde Anzeige erstattet. Familie Föger wünscht sich nur, dass sie mit den Nachbarn gut auskommt und wieder gegrüßt wird. Ein bescheidener Wunsch, der aber vermutlich nicht in Erfüllung gehen wird, denn die Vorbehalte der Nachbarn sind groß. So wurde mir zum Beispiel gesagt, dass Familie Föger mit den Gästen sehr grob umgehen würde und auch den Hund schlecht behandeln würde. Sie wären sowieso nur auf die 10 Euro aus, die sie pro Flüchtling und Tag bekommen werden. Außerdem baue die Familie Föger gerade ein neues Haus in einem anderen Dorf und würde bald umziehen. „Die holen uns die Asylanten her und ziehen selber weg!", teilte mir ein Mann zornig mit.

Gerade die Drohungen gegen Familie Föger bewegten den Spittal Hotelier Josef Nothegger dazu, einen offenen Brief an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zu senden, in dem er fordert, dass jedes Hotel ein Zimmer für Flüchtlinge zur Verfügung stellen soll. Er selbst würde in seinem Designhotel „Erlebnis Post" zwei Zimmer bieten und mit gutem Beispiel vorangehen.

Marika Laggner-Pöllinger, Vizebürgermeisterin von Lendorf. Foto von Andrea Berger

Der Hotelier ist nicht der einzige, der aktiv helfen möchte. Marika Laggner-Pöllinger, die Vizebürgermeisterin von Lendorf, erzähle mir, dass sie schon mehrere Personen angesprochen hätten, um ihre Hilfe anzubieten. Von der Begleitung zu Behördenwegen bis zu Sprachkursen für die Flüchtlinge sei einiges dabei gewesen.

Im Bezug auf den Informationsabend beim Lendorfer Wirt meint sie: „Ich habe gehofft, dass die Diskussion nicht ausartet, weil ich gewusst habe, dass die Emotionen hochgehen werden. Es sind viele Fragen für die Anrainer noch offen. Sie fühlen sich alleine gelassen und wir von Seiten der Gemeinde sind mit der Art und Weise nicht ganz einverstanden. Wir hätten es uns etwas anders gewünscht. Ich kann auch kein Gesetz ändern, aber ich kann dafür Sorge tragen, dass wir uns-wenn diese Flüchtlinge zu uns kommen-bestmöglich darum kümmern und uns vernetzen. Wir von der Gemeinde können nichts daran ändern und sind selbst davon betroffen, weil wir erst von der ganzen Sache erfahren haben, als alles schon beschlossen war."

Nach einer Woche in Kärnten bleibt ein seltsames Gefühl zurück. Die Rufe der Anrainer nach Mitbestimmungsrecht, Demokratie und Information können schlicht und ergreifend nur ignoriert werden, da Kärnten ansonsten keinen einzigen Flüchtling aufnehmen könnte. Dass das die Wut der Anrainer auf den Bürgermeister und den Landeshauptmann nur noch weiter verstärkt, weil sie glauben, dass ihr Leben durch 20 fremde Menschen zerstört wird, ist klar. Währenddessen kann die FPÖ Wählerstimmen mit ein paar einfachen Wortmeldungen abschöpfen-auch wenn diese so irrelevant sind wie die ganze Aufregung um das Flüchtlingsheim.

Ich wünsche den zukünftigen Bewohnern von St. Peter in Holz jedenfalls ein dickes Fell und werde sie bestimmt in ein paar Monaten wieder um ein Interview bitten. So wie ich Kärnten kenne, wird aber alles ganz anders kommen als erwartet. „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht", sagt man. Nachdem die Skepsis gegenüber der ersten Kebab-Bude in Spittal an der Drau vor ein paar Jahren auch überwunden werden konnte, hoffe ich jedoch stark auf ein friedliches Miteinander im Sinne aller Beteiligten.

​Folgt Andrea auf Twitter: @andrea4nderson