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Beziehung

Wie ihr in einer Langzeitbeziehung seid, ohne ein Arschloch zu sein

Hört auf so viel zu kuscheln, habt getrennte Freundeskreis und steht zu eurer eigenen Meinung, auch wenn die dem Partner vielleicht gar nicht gefällt.
Header: Nick Page | Flickr | CC BY 2.0

Titelfoto: Nick Page | Flickr | CC BY 2.0

Wenn sich euer Beziehungsstatus „Vergeben" auf Facebook schon seit Jahren nicht geändert hat, dann war euch entweder egal, was da steht, oder ihr seid in einer Langzeitbeziehung. Trifft letzteres zu, ist wahrscheinlich die Phase der ersten Verliebtheit schon vorbei. Ihr habt einander auf dem Klo gesehen, im Bett gefurzt und euch gleichzeitig rasiert, ohne, dass ihr vor Scham gestorben wärt. Wenn ihr beisammen sitzt, müsst ihr nicht unbedingt reden, da eure telepathische Verbindung schon Konversationslevel erreicht hat. Und ihr findet den Gedanken, mit der geliebten Person alt und runzlig zu werden, gar nicht mehr so schlimm, auch wenn ihr bei Gesprächen übers Heiraten Panikanfälle simuliert, die der Theatralik eines Camerons entsprechen.

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Noisey: Auf Festivals haben wahrscheinlich nicht mal Pärchen Glück mit Sex.

Anfangs hattet ihr noch Angst davor, wie eure Beziehung die abklingende Leidenschaft verkraften würde, doch mittlerweile seid ihr ganz froh, dass ihr euch beim Sex so sicher seid wie zwei Eiskunstläufer bei der Pirouette. Alles in allem ist aus euch ein echtes Team geworden, dessen Zusammengehörigkeit genauso wenig in Frage gestellt werden kann, wie die von Abed und Troy, Hannah und Adam oder Emma und Adèle.

Aber nur weil ihr miteinander kaum mehr Probleme habt, heißt das nicht, dass ihr auch auf andere so bedingungslos idyllisch wirkt. Die ganze Sache ist so, wie wenn man Dorian Grays Problem umkehren würde: Ihr seht euch als perfektes Pärchen, ohne Makel, während die anderen am liebsten den Blick abwenden würden, wenn ihr euch das tausendste Mal beim Kosenamen nennt, euch andauernd Bussis gebt und immer nur nebeneinander hockt. Anders als Dorian solltet ihr euch aber nicht ins eigene Fleisch schneiden, sondern euch diese nervigen Angewohnheiten von Langzeitpaaren genau durchlesen und daraus lernen.

Ihr seid keine Einheit

Foto: mrhayata | Flickr | CC BY-SA 2.0

Ich weiß, wie schön es sein kann, wenn man einfach mal Entscheidungen an den Partner delegiert. Wahrscheinlich verwendet ihr öfter das Wort „wir", als Shia Labeouf „no" sagen kann, aber ihr seid trotzdem zwei verschiedene Menschen, die auch verschiedene Meinungen haben können. Diese Meinungs-Symbiose kann sehr unheimlich auf die Menschen um euch herum wirken. Nein, sie bewundern euch nicht für eure telepathischen Fähigkeiten, wenn sie euch intensiv angaffen, sondern fragen sich, wer von euch die Super-Nanny und wer das Assi-Elternteil mit dem Knopf im Ohr ist. Wenn ihr also nicht komplett willenlos auf eure Freunde wirken wollt, dann sagt einfach, dass euch der neue Avengers Film nicht gefällt, obwohl eure Freundin ein riesen Marvel-Fan ist. Vielleicht erntet ihr böse Blicke, aber dann zumindest nur von einer Person (und außerdem kann man darüber immer noch zuhause reden).

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Hört auf, so viel zu kuscheln

Foto: Pedro Ribeiro Simões | Flickr | CC BY 2.0

Manche Pärchen haben ein bisschen mehr Bedürfnis nach Nähe. Sie würden sich zuhause wahrscheinlich am liebsten wie die Spaghetti-Sauce von gestern in einer Vakuumverpackung aneinander schweißen lassen und sich nie wieder aus dieser innigen Umarmung lösen. Du kannst dir sicher sein, dass sie die meiste gemeinsame Freizeit damit verbringen, auf dem Sofa zu sitzen, wo seine Beine über ihre Beine geschwungen werden, sich ihre Finger in seinen Haaren verhaken und sie so Nachmittage mit Binge-Watching verbringen—nicht ungleich Oktopussen bei der Paarung, nur eben mit Fernsehen. Leider ist diese menschliche Symbiose wie ein Tentakel-Porno ohne Sex. Dass andere Leute das ganz sicher nicht sehen wollen, muss ich wohl nicht extra erwähnen. Es ist ja verständlich, dass man sich nach vielen Jahren Beziehung unterbewusst öfters berührt, als man es vielleicht vorhat. Aber es muss nicht sein, dass ihr eurem Partner andauernd durch die Haare streicht, Händchen haltet oder einen imaginären Fußel von der Backe streicht—schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Das irritiert nämlich nicht nur das Gegenüber, sondern oft auch die bestreichelte Person selbst.

Dieses Pärchen hatte gerade Sex. Fällt zwar auch irgendwie unter Kuscheln, aber wenigstens haben sie es nicht vor ihren Freunden gemacht.

Habt getrennte Freundeskreise

Foto: Francisco Osorio | Flickr | CC BY 2.0

Es gibt Pärchen, die sind wie Lily und Marshall. Und in der rosaroten-Brillen-Welt der Serien funktioniert das Prinzip einer BFF-Clique ja ziemlich gut, weil sich alle am Ende sowieso wieder liebhaben. In der realen Welt könnt ihr ganz schnell aus der David-Bowie'schen-Traumkugel herausfallen und dann sitzt ihr da und wisst nicht mehr, wer auf eurer Seite ist. Typischerweise kommt es nach einer Trennung zu so einer Situation. Oder ihr zankt euch nach dem Schlussmachen um die liebgewonnenen Menschen, was noch schlimmer für alle Beteiligten ist. Deswegen ist es ganz klug sich eigene Freunde zu suchen, die den Partner zwar kennen, aber keine allzu fundierte Meinung zu ihm oder ihr haben. Und wenn diese auserwählte Person Single ist, dann seid doch bitte so gut und nutzt sie nicht nur aus, um ihr in den schlechten Zeiten die Ohren voll zu heulen und sie in den guten Zeiten andauernd zu vertrösten. Das ist nämlich eines der arschigsten Dinge, das Menschen in Beziehungen machen können.

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Brangelina kann scheißen gehen

Foto: Tim Lossen | Flickr | CC BY 2.0

Angeblich hat sich das Shippen in der Akte X-Fangemeinde entwickelt, wo all die X-Philes darauf hofften, dass Mulder und Scully endlich ins Bett hüpfen. Inzwischen hat sich daraus aber ein neues, furchterregendes „Monster of the Week" entwickelt, das sich hinter dem schönen französischen Wort „Portmanteau" verbirgt. In eurem Freundeskreis benutzt ihr es wahrscheinlich genauso, ohne es zu wissen. Nämlich, wenn ihr in einem Anflug von boulvardeskem Humor eure Namen zu einem Pärchen-Titel fusioniert. Brangelina und Bennifer klingen dabei noch weniger dämlich, als Veripp, Josffi und Hanvid. Wenn ihr nämlich keine PR-Agenten hinter euch sitzen habt, deren einzige Aufgabe es ist, den wohlklingendsten Namen für euch zu finden, stehen eben nur Pärchen-Namen aus dem Zufallsgenerator zur Verfügung. Und glaubt mir, ihr wollt nicht so heißen, wie die Fake-Hobbits im Mockbuster Clash of the Empires.

Eure Eigenheiten sind creepy

Foto: দেবর্ষি রায় | Flickr | CC BY-SA 2.0

Noch wurden wir nicht in einem kollektiven Borg-Bewusstsein gleichgeschaltet, was bedeutet, dass wir immer noch individuell verschieden sind und jeder von uns persönliche Macken hat. Im Freundeskreis werden solche Eigenheiten meistens sogar als „Charaktereigenschaften" begrüßt, solange sie nicht allzu peinlich für andere sind. Füttern ist so eine äußerst peinlich Angelegenheit. Ich meine, sie sieht nicht mal in der Wagner-Holzofen-Pizza-Werbung gut aus. Nicht falsch verstehen—wer seinem Partner zuhause gern mal aphrodisierende Erdbeeren mit Schokoguss oder einen halbaufgegessenen Keks in den Mund schiebt, soll das auch weiterhin so machen. Ihr seid zwar widerlich, aber es ist eure ganz private, persönliche Widerlichkeit. Auch im Restaurant ist eine subtil rübergeschobene Gabel manchmal keine große Sache. Wenn ihr aber in der Öffentlichkeit andauernd Essen in die andere Person steckt, werden sich eure Freunde an Tierdokus über fütternde Vogelmütter erinnert fühlen. Würdet ihr ein Pärchen gegenüber noch ernst nehmen können, wenn ihr so ein Bild im Kopf habt? Während ihr euch eigentlich gerade mit einem von beiden unterhaltet? Eben.

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Akzeptiert, dass ihr auf andere langweilig wirkt

Foto: JohnPickenPhoto | Flickr | CC BY 2.0

Wenn ich in Gesprächen erwähne, dass ich schon seit fünf Jahren in einer Beziehung bin, dann bekomme ich eigentlich immer nur positive Rückmeldungen. Menschen beglückwünschen mich und das fühlt sich ziemlich gut an. Wenn ich aber von meinem Wochenende erzähle, an dem ich gegen meinen Freund im epischen Brettspiel-Battle zweimal gewonnen habe, bin ich mir fast sicher, dass meine Gegenüber innerlich von einem Pärchen-Klischee-Tsunami überrollt werden. Sie möchten mir wahrscheinlich mitfühlend auf die Schulter klopfen und sagen: „Keine Sorge, mein Wochenende war auch nicht so spannend." In solchen Momenten—und sowas kommt in jeder Beziehung mal vor—müsst ihr euch zusammenreißen und euch darauf konzentrieren, was wichtig ist. Nämlich euer Spaß. Nur weil Singles oft ein idealisiertes Bild davon haben, wie ihre perfekte Beziehung einmal sein muss (nämlich so, dass man immer noch brennend daran interessiert ist, gemeinsam auf Partys zu gehen und andauernd mit 200 Leuten zu chatten, weil man sich ja nicht gegenseitig einschränken will), heißt das nicht, dass ihr das auch so leben müsst. Glaubt mir, eure Singlefreunde tun das auch nicht—weder jetzt noch später, wenn sie dann wirklich eine Beziehung haben. Wenn ihr als Pärchen das perfekte gemeinsame Hobby gefunden habt und es was mit edlem Käse, Fahrradfahren oder Gärtnern zu tun hat, dann genießt es einfach.

Ich weiß, das klingt am Ende wahrscheinlich alles ein bisschen konservativ. Aber im Ernst—es macht euch nicht weniger konservativ, wenn ihr krampfhaft Dinge tut, von denen ihr glaubt, dass sie euch innovativ und liberal und offen aussehen lassen. Die wahren Spießer sind die, die sich an Jugend-Tätigkeiten klammern, als wären sie ein Dogma.

Schreibt Anne-Marie eure Gärtner-Tipps auf Twitter: @Viennesecat