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Wie man als schmutzige Sockenschlampe sauberes Geld verdient

Sockenfetischismus ist auf den ersten Blick stinklangweilig. Wir haben einen Sockenpimp getroffen, der uns eines Besseren belehrt und seine Lebensgeschichte mit uns geteilt hat.

Über Fetische zu schreiben, die auch noch jugendfrei auf YouTube laufen, ist ungefähr so spannend, wie von der Gartenbaumesse zu berichten. Trotzdem: Fußfetischismus ist die unangefochtene Nummer Eins unter allen Sexfimmeln. Dafür gibt es eine ganz langweilige Erklärung. In dem Hirnareal, wo sich euer Tastsinn befindet, liegt der Bereich für Füße gleich neben dem für Genitalien. Der Psychologe Vilayanur S. Ramchandran geht davon aus, dass die Grenzen zwischen diesen Bereichen bei Fußfetischisten ineinander übergreifen. Davon abgesehen, dass man sich an Füßen aufgeilt, kann das ziemlich schräge Auswirkungen haben. Ein Typ soll nach einer Fußamputation eine Erektion bekommen haben, immer wenn sein Stumpf berührt wurde. Umgekehrt gab es auch Leute, die während eines starken Orgasmus sexuelle Reize ihren nicht vorhandenen Fuß spüren konnten. Da fragt man sich natürlich, was umgekehrt nach einer Genitalamputation passieren könnte? Nun, wir wissen ja, wen wir da mal fragen könnten.

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Screenshot via YouTube 

Weitere „Fun Facts“—a lá „die bekanntesten Fußfetischisten“—erspare ich euch jetzt und verbiete mir und jedem anderen, Quentin Tarantinos Namen in diesem Zusammenhang noch ein Mal in den Mund zu nehmen. Dann schon lieber die dreckigen Sportsocken eurer Freundin!

Sockenfetischismus ist wohl etwas weniger bekannt, aber ich habe in ihm das perfekte sexuelle Ennui gefunden. Es ist wie in diesem einen David-Lynch-Film. Ihr wisst schon, dem, wo der alte Mann mit dem Rasenmäher quer durch Amerika fährt und die ganze Zeit eigentlich nichts passiert. Wie der Lynch-Fan beim ersten Anschauen dieses Films nervös und angespannt auf den üblichen Plottwist wartet, so eifert auch der durchschnittliche Porno-User beim Sockenfetischvideoglotzen dem vermeintlich nahendem Höhepunkt entgegen. Beide werden bitter enttäuscht. „Tenderness can be just as abstract as insanity“, hat Lynch dazu einmal gesagt. Der Mann weiß, worum es hier geht!

Sockenfetischisten haben viele Spielarten entwickelt, um sexuell überreizte Zuseher in den Wahnsinn zu langweilen. Die Aktiveren zertreten Gegenstände, ganz Verruchte tun nur so und die Mehrheit wackelt einfach nur mit ihren dreckigen Zehen. Einige Perlen mit Pornonarration und richtig schlechten Anschlussfehlern gibt es auch.

Und dann gibt es Jackee. Jackee ist 24, aus London, schwul und Transvestit. Seine Karriere als DER Sockenpimp Berlins hat er bereits hinter sich gelassen. Er war so nett, mir die Fuß- und Socken-Szene mal genauer zu erklären, bzw. mir zu erzählen, wie man mit dreckiger Unterwäsche viel Geld machen kann.

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VICE: Hey Jackee! Ich habe gehört, du hattest in deinem Leben schon so einiges mit dreckigen Socken und Fußfetischisten zu tun. Erzähl mal!
Jackee Word: Ich selber habe keinen Fußfetisch. Weil ich aber acht Jahre lang als Escort gearbeitet habe, hatte ich mit den unterschiedlichsten Fetischen zu tun. Ein halbes Jahr nachdem ich nach Berlin kam—ich war gerade 21 geworden—, verlor ich meinen Job bei einer Kosmetikfirma. Ich war pleite, hatte keinerlei Qualifikationen und Deutsch konnte ich auch nicht. All meine bisherigen Jobs hatte ich immer über Freunde von Freunden bekommen. Als ich mir dann einmal schmutziges Zeug im Internet reingezogen habe, bin ich auf Sockenfetischisten gestoßen und da ich einen riesigen Berg schmutziger Wäsche zu Hause hatte, fing ich einfach an, sie übers Internet zu verticken.

Und wie lief das so?
Eine Zeit lang habe ich richtig gutes Geld damit gemacht. Für ein paar schmutzige Socken habe ich zwischen 30 und 100 Euro bekommen. Ich habe dann eine Fetischfirma namens schmutzige.com gegründet. Meine Mutter hat mir die Website und alles gekauft. Es war ein First-Class-Fetisch-Service. Sechs Mädchen und sechs Jungs arbeiteten für mich. Sie trugen die Socken und ich beschaffte ihnen die Kunden. Ich war also so was wie ein Sockenpimp.

Nur für Socken? 
Socken und Unterwäsche. Alles, was am wenigsten Aufwand war. Die Typen sollten einfach sagen, was sie wollen, und wir haben es dann gemacht. Dann haben wir Geld gegen Ware getauscht. Was die damit gemacht haben, war dann nicht mehr mein Business.

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Wie hast du deine „Waren“ denn auf der Homepage angepriesen? Mit Fotos und Videos? 
Nein. Man musste dafür bezahlen, Fotos zu sehen. Es gab zwei Pakete, die man kaufen konnte. Das Einfachste war, sich einfach die Socken per Post schicken zu lassen. Nichts Spezielles und man weiß auch nicht, von wem die Dinger getragen wurden. Es ist einfach und es ist anonym. Politiker und solche Leute mochten diesen Service. Die zweite Möglichkeit war, dafür zu bezahlen, die Models zu sehen, auszuwählen und mit ihnen zu sprechen.

Wie konnte man mit ihnen sprechen?
Das passierte über mich und per E-Mail. Da konnten die ganz genau sagen, was sie wollten. Eine Person alleine hätte das alles auf keinen Fall geschafft. Es dauert schon einige Zeit, bis die Socken dreckig werden. Wenn dich dann zehn Leute nach schmutzigen Socken fragen, brauchst du Unterstützung. Bevor ich die Firma gegründet habe, hatte ich, wie gesagt, noch diesen riesigen Berg Schmutzwäsche, aus dem ich mich bedienen konnte, aber der war dann irgendwann verbraucht.

Jackees private Sockenlade

Wie hast du die Socken schmutzig bekommen? 
Ich war immer sehr authentisch darin. Die Typen sollten ja bekommen, wofür sie bezahlt haben. Ich hatte dieses eine Paar Turnschuhe [er springt auf und holt die Turnschuhe aus dem Regal], das ich mir praktisch an dem Tag, an dem ich nach Berlin gezogen bin, gekauft habe. Die sind total stinkig und versifft. Die habe ich dann getragen, manchmal mit zwei Paar Socken. Zu Hause habe ich auch immer Socken getragen und in ihnen geschlafen. Man kann den Prozess nicht wirklich beschleunigen, außer halt, wenn man zwei Paar auf einmal trägt.

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Du hast gesagt, du hast gutes Geld verdient. Warum machst du es heute nicht mehr? 
Ja, ich konnte meine Miete davon bezahlen und noch anständig Party machen. Das war OK. Ich habe es wegen meines damaligen Freunds aufgegeben. Ich habe damals alles, was irgendwie sexuell war und mit anderen Leuten zu tun hatte, wegen ihm aufgegeben. Seitdem habe ich damit nicht mehr wieder begonnen. Ein Grund war aber wohl auch, dass ich plötzlich Konkurrenz bekommen habe. Als die Leute merkten, wie leicht ich hier Geld verdiente, fingen sie an, meine Idee zu kopieren. Ich glaube, es gab dann in Berlin einen richtigen Boom. Vor allem in der Sneaker- und Sockenfetischszene. Das ist wirklich so was wie ein Trend geworden.

Wie viele Kunden hattest du zu deinen besten Zeiten?
Da hatte ich so 15 Kunden in einem Monat. Zu manchen bin ich auch hingefahren und habe sie die dreckigen Socken direkt von meinen Füßen ziehen lassen, während sie noch warm waren. Da habe ich etwa 70 Euro für eine halbe Stunde kassiert. Meistens habe ich von dort dann auch direkt ein neues Paar mitbekommen. Ich hatte also keinerlei Ausgaben für die Unterwäsche.

Hast du die Typen auch woanders getroffen?
Ein Typ wollte mich mal unbedingt am Checkpoint Charlie treffen für die Sockenübergabe. Nicht sehr diskret, mit all den Touristen rundherum, die alles fotografieren. Er kam dann auf einer Vespa, schnappte die Socken und fuhr davon.

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Und was ging online sonst noch? 
CAM4 habe ich noch gemacht. Das ist so ein Webcam-Ding. Je mehr Leute dort zusehen, umso mehr Geld verdienst du. Da habe ich so eine Ignoranznummer abgezogen. Das heißt, die Kamera ist an, aber du musst den Typen, der zusieht, einfach ignorieren. Der Fetisch von denen ist es, einfach ignoriert zu werden. Das heißt, du isst Chips oder spielst Playstation und streckst deine Füße in die Kamera.

Gibt es da einen Unterschied zu Voyeurismus? 
Es ist auf eine Art Voyeurismus. Aber beim Voyeurismus geht es, meiner Meinung nach, wohl eher darum Leute zu beobachten, die nicht wissen, dass man sie beobachtet. Diesen Typen gefällt es, dass ich weiß, dass die Kamera da ist und ich sie sehe.

Und das macht dir Spaß?
Für mich ist es ein Psychospiel. Zu verstehen, was die wollen, und vielleicht sogar schon vorher zu wissen, was sie gleich sagen werden; es ist ein gutes Gefühl, die Typen zu durchschauen. Weil ich meine Socken so oft verkauft habe, wusste ich irgendwann gleich, auf welche Art sie es mögen. Schmutzig oder sauber, teuer oder neu; vielleicht mit Fusseln drauf. Irgendwann lernt man da, zwischen den Zeilen zu lesen.

Wie?
Einfach generell in der Unterhaltung. Man merkt gleich, wie unterwürfig oder dominant die sind, einfach durch die Art, wie sie dich ansprechen. Wenn du eine Nachricht bekommst, die mit „Hallo Meister!“ beginnt, weißt du schon, dass es sich um einen Sub handelt. Die meisten Subs wollen es, meiner Erfahrung nach, nicht clean. Aber jeder mag seinen Sex natürlich auf andere Art. Ich würde Sex und Fetisch aber separieren.

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Wie definierst du Fetisch?
Sex ist, was man macht, und Fetisch ist, was man denkt. Mit einem Fetisch wirst du nicht geboren. Ich denke aber, es beginnt schon in der Kindheit. Ich habe viele meiner Escort-Kunden gefragt, wie es bei ihnen anfing. Bei den meisten ging es tatsächlich schon als Kind los. Einer meiner Stammkunden erzählte mir von einem Buch—ich denke, es war ein deutsches Buch—, darin kam ein laufender Gecko vor, der so kleine Turnschuhe trug. Seitdem war es wohl um ihn geschehen. Ich denke, es kann total willkürlich sein, wodurch es ausgelöst wird.

Mein derzeitiger Freund zum Beispiel; bei ihm passierte es in der Schule. Irgendwann lag er auf dem Boden und ein paar Kinder trampelten mit ihren Füßen auf ihm herum. Seitdem weiß er, er ist ein Fuß-Sub. Ich glaube, der Fetisch wird in dir verankert, noch bevor du deine Sexualität entdeckst.

Fuß- und Sockenfetisch sind natürlich nicht dasselbe. Aber ich denke, du hast keinen Sockenfetisch, wenn du nicht auch einen Fußfetisch hast. Eine schmutzige Socke gibt es ja nicht ohne einen schmutzigen Fuß. Die Sockenszene hängt auch stark mit der Sportswearszene zusammen.

Wie hast du deinen derzeitigen Freund, einen Fußfetischpornoproduzenten, denn kennengelernt? 
Über Gay Romeo. Früher hatte ich einen Mann für jede Gelegenheit. Einen zum Möbeltragen, einen für Massagen. Er war der Typ, den ich für Fußmassagen auserkoren hatte. Ich dachte mir, wenn er ein Fußfetischist ist, müssen seine Fußmassagen wohl besonders gut sein. Also kam ich hier hin, in seine Wohnung, und wir hatten Pizza und die Massage und ich bin eingezogen.

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Screenshot via YouTube

Hast du auch mal schlechte Erfahrungen gemacht? 
Ein Typ hat mir immer Kinderunterwäsche gekauft. Es war gruselig, aber ich dachte, besser ich als er entführt ein Kind für dessen Unterwäsche. Sonst hatte ich aber nur eine einzige schlechte Erfahrung. Als ich einmal einem türkischen Mann, wie verabredet, ein paar Socken in dessen Wohnung vorbeibrachte, wollte der mich nicht mehr gehen lassen. Er hat die Tür zugehalten und wollte Sex.

Und dann?
Dann habe ich gesagt, das war nicht unser Deal. Entweder er kauft die Socken oder lässt es bleiben. Seine Familie war wohl gerade nicht zu Hause. Das war sehr eigenartig. Er lebte dort wohl normalerweise mit denen. Als er mich immer noch nicht gehen lassen wollte, meinte ich, ich schreie gleich das Haus zusammen und alle werden hören, dass er einen Jungen bei sich in der Wohnung hat. Dann würde ich seinen Nachbarn erzählen, warum ich hier war. Daraufhin ließ er mich gehen.

Hast du mal berühmte Kunden gehabt? 
Berühmte eigentlich nicht, nein. Aber einige Politiker. Die waren alle besonders „kinky“ und das hat Spaß gemacht.

Von welchen Parteien waren die? 
Das weiß ich nicht und will ich auch nicht wissen. Solche Fragen habe ich nie gestellt. Ich weiß nur, dass sie Politiker waren.

Zum Schluss erzählt Jackee noch von einem Typ, der Staub an Fetischisten verkauft. Was soll ich sagen, so ist das halt mit Fetischen. Du kannst es denken? Dann kannst du es auch tun! Und viele, viele Leute haben es bestimmt schon vor dir irgendwann mal gedacht und dazu gewichst; oder ihre Miete davon bezahlt.

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