FYI.

This story is over 5 years old.

Zahltag

Zeitenwechsel: Die alte dumme Linke stirbt dank Trump (und das ist gut so)

Das Projekt der liberalen Demokratie scheitert. Schuld sind neben Trump auch die Präpo-Kolumnisten, faschistoiden Grünpolitiker, linken Verbotsbischöfe und Islamhuldiger.
Foto von Stefanie Katzinger

An dieser Stelle erscheint unregelmäßig

Manfred Klimeks Kolumne "Zahltag". Die darin veröffentlichten Texte bilden die Meinung des Autors und nicht zwangsweise die der Redaktion ab.

Wonach verlangt es einen, der die Hohepriester der gesellschaftlichen Korrektheit fallen sieht? Es verlangt ihn nach Schlaf. Endlich Schlaf! Ich möchte schlafen. So lange schlafen, bis dieser rechte Unfug vorbei ist, der jetzt an die Macht kommt. Und ich habe auch jedes Recht auf Schlaf, denn ich bin unendlich müde; müde von jener Müdigkeit, die einen erfasst, wenn man das, was jetzt geschieht, seit Jahren vorhergesagt hat, diese Vorhersage auch publizieren durfte und dafür Rassist, Faschist oder sonst was genannt wurde.

Anzeige

Müde auch, weil man sich als Prophet selber nicht ertragen kann, als Klugscheißer, der dann doch recht hatte, wiewohl ihm davor ekelte. Fakt ist: Diese akademische, linksgrüne Bobo-Elite ist am Ende.

Donald Trump, dessen Wahlsieg gerade richtig kommt, macht die Sache klar: Das Projekt der liberalen Demokratie scheitert, weil die Gemeinschaft der vermeintlich Anständigen eine Tat begangen hat, die leider in keinem Strafgesetzbuch steht: die Errichtung einer neuen Klassengesellschaft.

Das erneute Aufzählen all der gemachten Fehler trägt zur Müdigkeit bei. Und dass diese Fehler nun in allen großen, liberalen Medien aufgezählt werden, verstärkt nur die Müdigkeit und den Drang, sich schlafen zu legen.

Ja, so liest man selbstbezichtigend, man habe die Abstiegsängste der Mittelschicht unterschätzt. Ja, man kapiere nun, dass nicht nur die "30 Prozent Idioten, mit denen man leben muss" (wie Doris Knecht vor zwei Jahren im Kurier sagte) zum Systemwechsel beigetragen haben, sondern auch der in seinen Grundansichten liberale Facharbeiter, dessen Job in Gefahr ist—auch wenn er nicht in Gefahr ist und er einer eigentlich irrationalen Ahnung Vorrang gibt.

Ja, man kapiere auch, dass man als Linke auf die Stammklientel der Linken vergessen und diese zum Teil sogar verachtet hat, weil sie (zumindest in unseren Augen) Kik-Jeans und Flachbildschirmen huldigt. Ja, man begreife auch, dass man einer extremistischen, patriarchalen Religion Vorschub geleistet hat.

Anzeige

Interkultureller Dialog mit islamischen Rassisten? Das ist nun vorbei. Willkommenskultur für männliche Jugendliche mit unerträglichen gesellschaftlichen Ansichten? Das war gestern. Addierend zur Ermüdung beitragend, wie schnell sich das Fähnchen im Wind wendet und die Selbstkritik zur Propaganda gerät. Doch es gilt, was immer gelten sollte: Niemals vergessen.

Das Postfaktische, das diese vermeintlichen Linken den "Idioten" immer vorwerfen, haben diese "Linken" seit Jahren selbst praktiziert.

Die alte Linke der wohllebigen, um-die-Wette-gendernden, Yogaschulbezirks-Linken (Kaffee ohne Koffein, Mehlspeisen ohne Zucker, Multikulturelles ohne Konflikte, wie Slavoj Zizek sagt) hat ihre Leitmedien schon seit einem guten Jahr verloren. Längst sprechen die Artikel in Falter, Profil und Standard eine andere Sprache; längst agiert die "Irene-Brickner-Fraktion" unter den Journalisten aus der Hinterbank heraus—dorthin verwiesen, wo Weltfremde hingehören. Längst ist aus der Dämmerung klares Tageslicht geworden.

Doch erst der Wahlsieg Donald Trumps und die bevorstehenden Machtübernahmen anderer Rechtspopulisten und Rechtsextremer überall in Europa lassen die Hauptverantwortlichen zur Selbstkritik schreiten. Man muss es ihnen entgegenbrüllen: "Zu spät Leute, ihr seid raus!" Denn das Postfaktische, das diese vermeintlichen Linken den "Idioten" immer vorwerfen; dieses Postfaktische haben diese "Linken" seit Jahren selbst praktiziert.

Anzeige

Diese ekelerregende akademische Kamarilla, die sich in der Gated-Community der Grünen am wohlsten fühlte, diese größten politisch-gesellschaftlichen Vollversager der letzten 70 Jahre, die absurde Utopien vor Arbeitsplätzen und der Sicherung des kleinen Glücks der Bürger stellte, waren nichts weiter als Huren des bislang gültigen Systems: eines Kapitalismus, der von einem Casino-Finanzmarkt regiert wird und der die Globalisierung und den Freihandel wie auch die unerträgliche politische Korrektheit (die immer mehr eine gesellschaftliche als eine politische Korrektheit war) als unabänderliche Tatsache festmachte.

"Ich will, meinen Arbeitsplatz behalten." – "Pech gehabt, dein Arbeitsplatz wandert nun im Namen der Gerechtigkeit nach Südostasien aus."

"Ich will einen gleichwertigen Ersatzarbeitsplatz, weil ich die Raten für mein Haus zahlen muss" – "Gerne schulen dich zum Haustierpsychologen um."

Wer glaubte, eine derartige Verstiegenheit ende nicht in der Diktatur autoritärer Demokraten, der hatte seinen Verstand am Schrottplatz abgegeben. Jetzt heucheln die Täter Erkenntnis. Das darf man ihnen nicht durchlassen. Sie sind anzuklagen. Als Brandstifter und Brandbeschleuniger zugleich.

Flehentlich wollen die Versager im nun entstehenden Widerstand vorne mit dabei sein. Doch ihnen ist die Tür zu weisen; ihnen, den Präpo-Kolumnisten, faschistoiden Grünpolitikern, linken Verbotsbischöfen und Islamhuldigern. Sie dürfen bei dem, was jetzt kommt, keine Rolle spielen—einfach nicht dabei sein. Denn sie sind Opportunisten, die man widerlicher nur nach Weimar finden konnte. Wenn vermeintlich Anständige immer davon sprechen, dass sie "die Idioten" (die Wähler der Rechtspopulisten) eben auch als Idioten bezeichnen dürfen, dann darf ich diese, die sich das herausnehmen, auch als Idioten bezeichnen.

Die alte Linke ist vorbei. Sie muss nun jener Linken Platz machen, die noch an die Gestaltung der Verhältnisse glaubt, anstatt daran, sich im falschen Leben ein richtiges einzurichten.

Sie sind die Urheber und Vervollkommner einer neuen Klassengesellschaft, sie sind "Klassisten" im übelsten Sinne des Wortes. Und jetzt, wo es zu spät ist, wird diesen Wohllebigen Sozusagen-Linken zwar klar, was sie angerichtet haben, aber eine konkrete Aktion (das Resultat der Selbstkritik) ist trotzdem nicht zu sehen: kein Ruck geht durch das Gesindel, das Schlimmste zu verhindern, das sie zu verantworten haben.

Dieses Pack ist der große Verlierer dieser Tage. Und selbst, wenn es meine Freiheiten einschränkt, kann ich mir die Genugtuung nicht verkneifen. Eine neue Linke ist am Entstehen, der klar ist, was Links bedeutet: nämlich all jenen, die zwischen den Stühlen sitzen, einen Sitzplatz in dieser Gesellschaft anzubieten. Egal, ob sie Idioten sind oder nicht.

Die alte Linke—die die Linke seit fast 30 Jahren deformiert und zum Aufstieg der Rechtsextremen beigetragen hat—diese Linke ist vorbei. Sie muss nun jener Linken platz machen, die es eigentlich immer schon gab, die nur neben ihr unterging; jener Linken, die weiß, wie man eine Gesellschaft baut, die so wenige Verlierer wie möglich kennt; jener Linken, die das Verlangen der Wirtschaft nicht als gottgegeben ansieht und die noch an die Gestaltung der Verhältnisse glaubt, anstatt daran, sich im falschen Leben ein richtiges einzurichten. Ich aber will müde sein. Und schlafen. Endlich schlafen.