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Der Piraten-Politiker tötete angeblich erst einen Mann mit "stumpfer Gewalt" und dann sich selbst

Als Polizisten und Feuerwehrmänner die Wohnungstür in Berlin-Steglitz öffneten, heißt es in der Polizeimeldung, bot sich den Einsatzkräften "ein schauriges Bild".

Foto: imago | IPON

Latzhose, Palästinensertuch, Knallfarben. Gerwald Claus-Brunner, Berliner Politiker der Piratenpartei, sah ganz anders aus als die meisten Politiker. Der gelernte Mechatroniker und ehemalige Zeitsoldat redete auch anders: Gerade heraus, sagten Fans; provokant und herablassend, urteilten andere, auch aus der eigenen Fraktion.

Die Polizei war am frühen Montagnachmittag in Claus-Brunners Wohnung gekommen, nachdem ein Brief in seinem Wahlkreisbüro ankam, in dem er schrieb, schon tot zu sein. Als Polizisten und Feuerwehrmänner die Wohnungstür in Berlin-Steglitz öffneten, heißt es in der Polizeimeldung, bot sich den Einsatzkräften "ein schauriges Bild". In der Wohnung: zwei Leichen. Die Obduktion ergab, dass Claus-Brunner sich im Alter von 44 Jahren selbst getötet hat. Zu dem Mann neben ihm heißt es in einer Meldung von Polizei und Staatsanwaltschaft:

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Bei dem anderen Toten, einem jüngeren Mann, bei dem die Identität noch nicht abschließend geklärt ist, stellte man bei der Autopsie fest, dass er einige Tage zuvor durch stumpfe Gewalt gegen den Oberkörper getötet wurde.

Laut verschiedener Medien soll es sich bei dem Toten, der neben dem Politiker gelegen haben soll, um einen 29-jährigen Mann handeln. Nach Informationen der Berliner Morgenpost soll er sein Opfer in einer Wohnung in Wedding getötet haben. Anschließend soll Claus-Brunner die Leiche in seine Wohnung nach Steglitz gebracht und sich selbst getötet haben, so eine Quelle aus Polizeikreisen, auf die sich die Berliner Morgenpost beruft.

Die Piratenpartei schrieb in einem Nachruf am Montag: "Faxe, wie wir ihn alle nannten, war nie unumstritten, Faxe war nie einfach und er hatte es auch nie leicht."

Claus-Brunner war einer der ersten Politiker der Piratenpartei, die einer größeren Öffentlichkeit durch Talkshow-Auftritte bekannt wurden. 2009 trat Claus-Brunner den Piraten bei. Zwei Jahre später zog er mit den Berliner Piraten in das Abgeordnetenhaus ein—sie bildeten die erste Piraten-Fraktion Deutschlands. Die Partei erhielt damals 8,9 Prozent der Stimmen.

Schon sein Äußeres provozierte. Ins Berliner Abgeordnetenhaus kam er stets in Latzhose und mit Palästinensertuch als Kopfbedeckung. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland forderte ihn in einem offenen Brief auf, das Tuch abzulegen. Das machte er nicht, anstatt dessen legte er sich eine Kette mit Davidstern zu, um den Vorwurf des Antisemitismus auszuräumen.

Auch seine Worte provozierten: 2012 bezeichnete er die Frauenquote auf Twitter als "Tittenbonus". Im März sagte Claus-Brunner dazu bei Markus Lanz: "Einige pfeifen sich ein paar Gläser Rotwein rein, andere saugen sich Crystal Meth rein—und ich klopp' dann halt auf Twitter mal fröhlich 'nen Rant raus. Das ist meine Art und Weise, wie ich mit zu viel Druck umgehe."

Im Januar hatten Parteikollegen beantragt, ihn aus der Fraktion auszuschließen, weil er herabwürdigend über andere Mitglieder getwittert habe. Für einen Ausschluss gab es am Ende aber doch eine Stimme zu wenig.

Am 23. Juni hatte Claus-Brunner in seiner letzten Rede in der vorletzten Sitzung des Abgeordnetenhauses vor der Wahl eine Anspielung auf seinen bevorstehenden Tod gemacht: "Und ihr werdet auch in der laufenden Legislatur für mich am Anfang irgendeiner Plenarsitzung mal aufstehen dürfen und eine Minute stillschweigen", sagte er. Dass diese Worte nicht ernster genommen wurden, lag wohl auch daran, dass die ständige Provokation bei Claus-Brunner Normalzustand war.