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Großeinsatz

560 Polizisten haben in Berlin vier Wohnungen gestürmt

Unter anderem in der Rigaer Straße 94, einem von Linksautonomen besetzten Haus.
Ein Polizist im Hauseingang der Rigaer Straße 94
Ein Polizist bei einem Einsatz im März 2018 vor der Rigaer Straße 94 | Foto: imago | snapshot 

Stell dir vor, du siehst in der Düsseldorfer Altstadt den Vater deiner zukünftigen Kinder, verlierst ihn aber wieder. Wenn du schlau bist, klapperst du einfach ein paar Bars ab und guckst, ob er da irgendwo sitzt. Das ist schließlich auch eine schöne Gelegenheit, die Bars in deiner Umgebung besser kennenzulernen. So oder so ähnlich muss sich das auch die Berliner Polizei gedacht haben. Nur dass der Traumtyp in dem Fall vermutlich ein prügelnder Mob ist und sie statt schlechte Bars mehrere Berliner Wohnungen durchsucht haben.

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Am Donnerstagmorgen gegen 6 Uhr stürmten 560 Polizeikräfte vier Wohnungen in Friedrichshain, Kreuzberg und Neukölln. Mit dabei eine in der Rigaer Straße 94 – in einem von Linksextremen besetzten Haus. Sie suchten dort nach Verdächtigen und Beweismitteln, die im Zusammenhang mit einem Späti-Überfall im Mai stehen sollen, wie ein Polizeisprecher gegenüber VICE bestätigte. Zwischenzeitlich war sogar ein Hubschrauber im Einsatz. Und das alles nur wegen eines Hermes-Pakets.

Im Mai versuchte ein Frau in einem Kreuzberger Späti, mit ihrer Krankenkassenkarte und dem Abholschein ihr Paket abzuholen. Der Späti-Betreiber wollte das Paket ohne Ausweis jedoch nicht herausgeben. Auf dem Überwachungsvideo ist zu sehen, wie die Frau daraufhin einen Karton mit Schokoriegeln vom Tresen haut und wütend aus dem Laden rennt. Der Betreiber läuft hinter ihr her, versucht, sie festzuhalten, und es kommt zu einem Wortgefecht zwischen den beiden. Als ein Kunde dazwischengeht, lässt er die Frau laufen. Zwei Stunden später stürmt eine Gruppe maskierter Männer und Frauen den Laden, fängt an, Gegenstände aus den Regalen auf den Boden zu schmeißen, und ruft: "Das war für die Frau." Als der Späti-Betreiber sich wehrt, kommt es zu einer kurzen Schlägerei zwischen ihm und den Randalierern, bevor sie aus dem Laden rennen.


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Laut einem Polizeisprecher seien die sieben Tatverdächtige von damals bereits ermittelt, der Einsatz diene hauptsächlich dazu, Beweise zu sichern, die im Zusammenhang mit der Tat stehen. Es wird wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung ermittelt. 560 Einsatzkräfte für vier Wohnungen wirken erstmal ein klein bisschen übertrieben. "Ehrlicherweise ist es so, dass wir bei Objekten wie der Rigaer Straße 94 nicht nur erfolgreich durchsuchen, sondern dort auch unversehrt wieder rauskommen möchten", sagt ein Polizeisprecher. In der Vergangenheit kam es dort immer wieder zu Angriffen auf die Polizei.

Erst im April 2018 forderten Beamte einen Gefahrenzuschlag bei Einsätzen in der Rigaer Straße, nachdem jemand einen Stein in die Frontscheibe eines besetzten Polizeiautos geworfen haben soll, wie der Tagesspiegel berichtete. Um für Sicherheit zu sorgen, kreiste der Hubschrauber über den umliegenden Dächern. Trotz Sorge sei der Einsatz jedoch "völlig friedlich und entspannt" abgelaufen. Vier der Verdächtigen seien angetroffen und überprüft worden, schreibt die Polizei auf Twitter. Die Durchsuchungen seien mittlerweile beendet. Und wer weiß, vielleicht freut sich die Polizei ja insgeheim auch darüber, bei der Gelegenheit mal wieder einen Blick in die Rigaer Straße 94 geworfen zu haben.

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