Australische Selbstbau-Gefängnisse, Made in China

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Australische Selbstbau-Gefängnisse, Made in China

In Australien werden immer mehr Haftanstalten aus dem Boden gestampft—die Nachfrage nach vorgefertigten Zellenteilen ist dementsprechend hoch.

Die Gefängnisindustrie boomt, aber für einige australische Fabrikarbeiter ist der Zusammenbau von vorgefertigten Zellen dennoch eine ganz normale Arbeit.

Diese Gefängniszellen wurden in China aus beruhigtem Stahl hergestellt. Danach hat man die Einzelteile verpackt und auf die Reise geschickt. Das Ziel? Ein nicht weiter beschriebenes Industriegebiet in Australien. Dort werden die Einzelteile zu Zellen zusammengebaut, die man dann noch mit Betten und Toiletten ausstattet. Schließlich wird das Ganze in fünf Einheiten pro LKW in alle Teile des Landes transportiert. In den Gegenden um Melbourne und Sydney, sowie in ganz Westaustralien werden immer mehr Strafvollzugsanstalten mit über 1000 Betten aus dem Boden gestampft, was dazu führt, dass solche Moduleinheiten sehr gefragt sind. In einem guten Jahr verlassen 200 Zellen die Fabrik. 2015 wurden zwar erst 100 produziert, aber wir haben ja noch ein paar Monate vor uns.

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Die von uns fotografierten Einheiten werden schon bald Teil einer Jugendvollzugsanstalt sein. Anstelle der fehlenden Wände wird man noch transparente Polycarbonat-Fenster einsetzen, um sicherzugehen zu können, dass sich die jungen Häftlinge nicht selbst verletzen. Als wir uns weiter umschauen, stecken zwei Männer gerade mithilfe eines Krans zwei Stahlsegmente zusammen. Sie erklären uns, dass sie die Einheiten zum Zielort begleiten werden, um beim Aufbau zu helfen—einer der Vorteile des Jobs. „Diese hier geht Richtung Norden", sagt einer der Männer und zeigt dabei auf eine große Metallbox. Jede Zelle macht einen sauberen, schlichten, sehr soliden und modernen Eindruck und ist damit das krasse Gegenteil der Zementkerker mit vergitterten Fenstern, die man sonst eigentlich im Kopf hat.

Vielleicht geben uns diese Zellen wirklich einen Einblick in die Zukunft der Gefängniskultur, aber für die Arbeiter hier ist das Ganze trotzdem ein Job wie jeder andere. Es handelt sich um eine typische Ingenieurfirma, bloß dass hier eben Strafvollzugsanstalten gebaut werden—mit einem Schuss reflektiertem Realismus. Bevor wir gehen, fragen wir den Chef des Unternehmens noch, ob die hier gebauten Gefängnisse seiner Meinung nach etwas bewirken. „Ja", antwortet er wie aus der Pistole geschossen. „Manchmal kommen mir zwar auch Zweifel, aber letztendlich habe ich in einigen Haftanstalten schon richtig schlimme Zustände gesehen. Wenn ich daran denke, irgendwo in einem feuchten Betonloch angekettet zu sein, dann würde ich es doch ganz klar bevorzugen, in einer unserer Zellen zu sitzen."

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