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The Spoooooooooooooky Issue

Besteuerung der Ärsche

Wie jeder gute Zuhälter nimmt auch die Stadt Bonn ihr Geschäft sehr ernst: Huren müssen zahlen. Deshalb hat die Stadt jetzt Sexsteuer-Automaten aufgestellt.

ILLUSTRATION VON HANNAH KUNKLE Wie jeder gute Zuhälter nimmt auch die Stadt Bonn ihr Geschäft sehr ernst: Huren müssen zahlen. Deshalb hat die Stadt jetzt Sexsteuer-Automaten aufgestellt, die aussehen wie Parkscheinautomaten, aber statt eines Parkscheins eine befristete Lizenz zur Prostitution ausspucken. 6 Euro zahlen die Huren für eine legale Nacht im Sexgeschäft. Dieses Modell der Steuereintreibung ist zwar bislang einzigartig, die staatliche Reglementierung der Sexarbeit dagegen hat bei uns eine lange Geschichte. Unseren Kollegen aus der US-Redaktion ging der Sinn und Zweck von Steuern irgendwie nicht in den Schädel—also baten sie die New Yorker Historikerin Atina Grossmann, ihnen Deutschlands Geschichte der Prostitution und die Besteuerung dieser Dienste, auf die man nur ungern verzichten würde, genauer zu erklären. VICE: Bislang waren nur die Sexarbeiter steuerpflichtig, die in einem Bordell arbeiteten, und sie sind auch die einzigen, die eine gehaltsabhängige Einkommensteuer zahlen. Verleiht ihnen das ein höheres Prestige gegenüber den Straßenprostituierten, die ihre Steuer jetzt am Automaten zahlen müssen?
Atina Grossman: Historisch gesehen hat es diesen Widerspruch schon immer gegeben. Es gab die „wilden“ Prostituierten, die wir die Straßenprostituierten nennen. Sie konnten ihre Arbeit wechseln und nur hin und wieder anschaffen gehen. Die Prostituierten in den Bordellen hingegen waren professioneller und hatten zum Teil sogar eine eigene medizinische Versorgung. Glaubst du, dass die Logik, Steuern von Prostituierten über Automaten einzutreiben, etwas mit der deutschen Kultur zu tun hat?
Es geht um Folgendes: Wenn jeder Steuern zahlt, kann nicht eine Gruppe ausgenommen werden. Diese Politik richtet sich an eine Gesellschaft, die davon ausgeht, dass die Abgabe von Steuern im öffentlichen Interesse liegt. In den USA ist das anders. Die Deutschen zahlen Steuern und erwarten im Gegenzug, dass der Staat etwas tut. Warum sind die Anwälte der Sexarbeiter dagegen?
Ich glaube, dass diese Gruppen durchaus bereit sind, Steuern zu zahlen. Allerdings kritisieren einige, dass die Prostitution dadurch auf ein bestimmtes Stadtgebiet eingegrenzt wird.