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Drogen

Die Polizei könnte bald per Schnelltest herausfinden, ob du gekifft hast

Dortmunder Forscher haben einen mobilen Cannabis-Detektor zum Reinpusten entwickelt.

Dr. Wolfgang Vautz und sein Gerät

Das Wetter mag durchwachsen sein, aber wir stecken mitten in der Festival-Saison. Hunderte Polizisten sind Wochenende für Wochenende auf Landstraßen und Autobahnraststätten im ganzen Land auf der Jagd nach besoffenen und zugekifften Straßenverkehrs-Sündern. Wenn die Polizisten den Verdacht haben, du könntest nicht ganz nüchtern sein, heißt es dann oft: Bitte blasen. Falls du gerade von einem Reggae-Festival kommst, könnte es auch gut sein, dass du gebeten wirst, in einen Becher zu pinkeln, damit die Polizisten deinen Urin auf Cannabis überprüfen können. Wenn es nach Wolfgang Vautz geht, ist das aber bald überflüssig. Vautz arbeitet am Dortmunder Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften und beschäftigt sich mit der "Ionen-Mobilitäts-Spektometrie". Zusammen mit Forschern der Technischen Universität Dortmund hat er einen mobilen Cannabis-Detektor entwickelt. Ganz ohne peinliches Pinkeln am Straßenrand funktioniert der wie Alkoholtests zum Reinblasen.

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Der Detektor ist ein etwas unhandlicher grauer Metallkasten mit Touchscreen und Windows-Betriebssystem. Er steht in Vautz' Labor und sieht auf den ersten Blick nicht nach einer bahnbrechenden Entwicklung aus. Tatsächlich ist er aber das weltweit erste Gerät seiner Art und kostet etwa 35.000 Euro pro Stück.

Um potentielle Kiffer überführen zu können, muss nur noch ein kleiner Schlauch eingesteckt und geblasen werden. Das Gerät braucht ungefähr eine Minute für seine Messungen. Dabei erkennt es gleich eine ganze Reihe von Stoffen in der Atemluft. Wenn die verräterischen Cannabis-Inhaltsstoffe dabei sind, schlägt es Alarm. Je nach Einstellung kann der Cannabis-Detektor aber auch Anderes aufspüren: Als Wolfgang Vautz in den Schlauch bläst, zeigt das Display kurz Menthol und Eukalyptol an. "Ich habe vorhin ein Fisherman's Friend gegessen", sagt er. "Wir haben mal eine kleine Studie gemacht und können mit dem Gerät sogar aufzeigen, welche Sorte jemand gelutscht hat." In jeder Sorte Fisherman's Friend befinden sich nämlich verschiedene Inhaltsstoffe, die sich später auch in der Atemluft wiederfinden. Diese verschiedenen Stoffe, so erklärt es Vautz, werden im Gerät ionisiert—mit einer elektrischen Ladung versehen. Die unterschiedlichen Moleküle werden nach ihrer Größe sortiert und können dadurch genau bestimmt werden.

Der Cannabis-Detektor

Der Cannabis-Detektor ist bei seinen Messungen ziemlich genau. Beim ersten Feldtest hatte der Prototyp des Geräts schon eine Trefferquote von 90 Prozent. "Da waren wir mit der Polizei bei einem Reggae-Festival in Niedersachsen. Die haben bei Verkehrskontrollen einige Leute zur Blutabnahme geschickt", erzählt Vautz. Die Dortmunder Forscher haben die Reggae-Fans dann auch nochmal pusten lassen und konnten die Ergebnisse am Ende vergleichen.

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Wenn es nach Vautz geht, soll das Gerät in Zukunft nicht nur eingesetzt werden, um Kiffer im Straßenverkehr zu erwischen, sondern auch, um andere Drogen nachweisen können. Die Forscher haben allerdings Probleme, dafür eine ethisch und rechtlich einwandfreie Studie aufzuziehen. Für den Cannabis-Test haben sie Leute pusten lassen, die legales Gras aus der Apotheke bekommen. Mit Kokain und Crystal Meth funktioniert das natürlich nicht. Darum wollen Vautz und seine Kollegen die Geräte möglichst schnell für weitere Studien an die Polizei bringen. Wenn die einen Drogentest durchführen lässt, könnte sie die Verdächtigen auch kurz in den Schlauch blasen lassen. Durch den Vergleich der Werte könnten die Wissenschaftler dann herausfinden, welche Stoffe in der Atemluft auf verschiedene Drogen hinweisen.

So soll das Display in der vereinfachten Version für Polizisten aussehen

Nützlich ist so ein Gerät nicht nur für die Polizei: "Auch in Krankenhäusern gibt es einen großen Bedarf, um zum Beispiel bei Patienten, die in Notfallsituationen eingeliefert werden, festzustellen, ob die unter dem Einfluss von Drogen stehen", erklärt Vautz.

Der Wissenschaftler ist übrigens kein Legalisierungs-Gegner und will sein Gerät auch nicht als "Albtraum aller Kiffer" sehen. Es geht ihm vor allem um die Verkehrssicherheit. Gerade vor dem Hintergrund von Legalisierungsbewegungen, sagt er, brauche es solche technischen Mittel. Dabei hat das Gerät auch einen weiteren Vorteil: Während Blut- und Urintests gerade bei regelmäßigen Kiffern auch dann noch THC im Blut nachweisen, wenn ein Autofahrer schon längst nicht mehr high ist, schlägt der Atemtester nur bis zu vier Stunden nach dem Konsum an. Also in einem Zeitraum, in dem wirklich niemand hinter das Steuer eines Autos gehört.

Kiffende Verkehrssünder können den Cannabis-Detektor übrigens auch nicht dadurch austricksen, dass sie ihr Haze in Kekse backen und essen: "Das haben wir zwar bislang nicht überprüft, aber das Gerät müsste auch das erkennen", ist sich Wolfgang Vautz sicher. Sobald das Zeug im Körper und im Blutkreislauf ist, werden die verräterischen Substanzen nämlich einfach ausgedünstet.

Noch ist der Cannabis-Detektor nicht im Einsatz. In ein paar Jahren könnte er aber zur Grundausstattung der Polizei gehören. Wolfgang Vautz geht davon aus, dass die ersten Behörden den unscheinbaren grauen Kasten in ein bis zwei Jahren einsetzen könnten.