Das Berlin Festival ist auch nicht mehr so jung, wie es mal war

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Das Berlin Festival ist auch nicht mehr so jung, wie es mal war

Das Berlin Festival war in Bezug auf Stimmung und Lautstärke eher auf Wohnzimmerniveau.

Als ich am Freitag auf‘s Festivalgelände komme, spielen gerade We Have Band und der Sound ist so furchtbar, dass ich kurz überlege, gleich wieder nach Hause zu gehen. Little Dragon hab ich zu diesem Zeitpunkt eh schon verpasst und Kate Nash, die gerade die andere Bühne beschallt, interessiert mich noch weniger als The Killers und Kalkbrenner zusammen.

Doch ich bleibe und werde Zeuge eines interessanten Schauspiels: Der Kampf Soundmann gegen Hangar, kleiner Mensch gegen überdimensionaler Metallkasten, Lebewesen gegen Bauwerk, David gegen Goliath, ihr wisst schon … Und das Unfassbare geschieht tatsächlich, der Soundmann geht nach ein paar klanglich unerträglichen Minuten als Sieger vom Schlachtfeld. Allerdings zu Ungunsten der Lautstärke.

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Die muss ihr Leben fürs Vaterland opfern, eine Entwicklung, die das gesamte Restwochenende prägen soll. Der Sound ist (bis auf den furchtbaren Geräuschbrei bei Soundtrack Of Our Lives am späten Samstagabend) solide, aber durchweg kaum über Zimmerlautstärke. Hat den Vorteil, dass man sich relativ problemlos mit den Menschen in der näheren Umgebung unterhalten kann. Nachteil: Die Stimmung ist nicht so wirklich berauschend. Um nicht zu sagen, ziemlich bekackt. Was vielleicht auch in der Natur eines Innenstadtfestivals liegt, bei dem ein Warsteiner 4 Euro kostet und die Besucher eben nicht aus Langeweile seit morgens um 10 Uhr auf dem Zeltplatz ein Bier nach dem anderen saufen, sondern relativ nüchtern aufschlagen und offensichtlich zu großen Teilen relativ nüchtern bleiben.

Dass dann die normalerweise doch eher Sonntagnachmittagsfestivalbespieler Sigur Rós und Nicolas Jaar um 21 Uhr am Freitag parallel der kaum vorhandene Euphorie im Publikum den endgültigen Todesstoß versetzen und passenderweise der Nieselregen noch für eine zarte Islandatmosphäre sorgt, macht überraschend den Samstag zum besseren Festivaltag. Trotz des auf dem Papier weniger interessanten Line-Ups.

Dort konnten wir aber die guten alten Franz Ferdinand und die guten alten WhoMadeWho sehen, gute alte Songs mitgrölen, so in guten alten Erinnerungen schwelgen und das wie beschrieben in einer Lautstärke, die uns beim besten Willen nicht in den Ohren schmerzte. Oder wie es Metronomy Backstage in der Arena sagen: „We‘re not as young as we‘re used to be.“

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Fotos: Christoph Voy