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Das George W. Bush Museum ist so hassenswert, wie du erwartet hast

Baby Bush war ein großartiger Präsident ... Wenn es nach seinem eigenen Museum geht.

George W. Bush ist das größte Monster in der Menschheitsgeschichte, mit dem du vielleicht noch ein Bier trinken würdest. Er ist ein spaßliebender, betrunken autofahrender, unfugtreibender Jedermann wie du und ich—ein selbsternannter Cowboy, der sich durch Yale und dann bis zu seinem geklauten Posten als ehemaliger Anführer der Freien Welt gemogelt hat. Jahre nach seiner vielkritisierten Präsidentschaft führt er inzwischen ein Dasein als harmloser und umgänglicher Talkshowgast—die Art, der es große Freude bereitet, Jay Leno, dem ehemaligen Anführer der amerikanischen Late Night Shows, mittelprächtig gut getroffene Porträts von ihm zu schenken. Trotz alledem haben wir seine Missetaten weder vergessen, noch vergeben. Wir (und mit „wir“ meine ich „ich“, weil ich diejenige bin, die das gerade niederschreibt) hassen ihn immer noch mit jeder einzelnen Faser unserer Körper. Wir sind allerdings auch nicht die Lehrkräfte an seiner präsidialen Bibliothek und seinem Museum. Da ich wirklich daran interessiert war, mir seine spaßige Version von Geschichtsverdrehung anzuschauen, entschied ich mich dafür, das Museum zu besuchen, das sich selbstverständlich auf dem Campus von Dallas Southern Methodist University befindet.

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Das Erste, was mir auffiel, als ich an dem „Freedom Registry“ vorbeiging, war der Anblick einer Schulklasse, offensichtlich auf einem Ausflug, deren Kinder einzeln durch die Metalldetektoren geschleust wurden. Ich habe in meinem Leben schon viele präsidiale Museen besucht, inklusive dem von Richard Nixon. Dieses hier war aber das einzige, in dem die Besucher nach Waffen durchsucht wurden. Nixon hatte Feinde—und davon eine ganze Menge. Die Liste von Bushs Feinden, in aller Fairness, erstreckt sich allerdings über ganze Länder—inklusive seinem eigenen. Ich konnte schon irgendwie verstehen, warum der Mann so paranoid war.

Ich begann meine Tour mit der Ausstellung kindlicher Porträts von einigen der wichtigsten Persönlichkeiten der Welt. Sie hatte den Titel The Art of Leadership: A President’s Personal Diplomacy. Porträts von Bushs Kumpels waren dort zusammen mit irgendwelchem Gedöns ausgestellt, das man ihm wohl als „Zeichen der Freundschaft“ in die Hand gedrückt hatte. Neben den Bildern waren auch immer Lobhudeleien der jeweiligen Person über Bush zu lesen. Tony Blair wird wie folgt zitiert: „Ich habe ihn als Präsidenten bewundert und sehe ihn als einen Freund. Ich bin der Meinung, dass Großbritannien nach dem 11. September Seite an Seite mit Amerika stehen sollte … Ich bin stolz auf die Beziehung, die wir hatten.“

Der Dalai Lama, wahrscheinlich in seiner Eigenschaft als Verkörperung von Gutmütigkeit und Nachsicht, sagt: „Ich liebe ihn. Wirklich.“

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Ich erfuhr, dass sich Wladimir Putin, trotz seiner Art, nach 9/11 total cool gegenüber den USA verhalten hat. Man sollte ihm also vielleicht mal eine Pause gönnen und nicht immer nur auf ihm rumhacken.

Ich lernte, dass Saudi-Arabiens König Abdullah, trotz der Tatsache, dass er der Herrscher eines der weltanschaulich rückständigsten Länder unseres Planeten ist, „eine starke persönliche Beziehung“ zu Bush aufbauen konnte, und demnach wohl gar nicht so furchtbar ist, wie ich bislang immer dachte. Während ich so die „Kunst“ betrachtete, merkte ein Kind neben mir an: „Die Bilder sind ganz gut, aber ein paar davon sind unheimlich.“ Ich stimmte zu.

In einer Ecke fragte eine der Lehrkräfte die Kinder, ob sie wissen, was Diplomatie bedeutet. Angesichts ihres überwältigenden Desinteresses hatten sie alle Mühe, die Frage zu beantworten. Es schien fast so, als hätten sie noch weniger Interesse daran, etwas zu lernen, als Bush. Ich stellte mir vor, wie Condoleezza Rice mit ihm damals das Gleiche gemacht hat, während er sich Chipskrümel von den Fingern leckte und gebannt auf einen Fernseher starrte, auf dem Fox News lief. Im Gegensatz zum Präsidenten müssten die Kinder nicht zwingend lernen, was Diplomatie ist. Trotz alledem würden sie ja immer noch einen Abschluss machen, dank „No Child Left Behind“, oder? Die „No Child Left Behind“-Abteilung war die einzige, der die Kinder wirklich etwas Aufmerksamkeit schenkten. Das könnte aber auch daran gelegen haben, dass es dort einen Schulbus gab, auf dem man rumklettern und rumturnen konnte. Es war außerdem äußerst praktisch neben dem deprimierenden 9/11-Memorial platziert.

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Über Texttafeln erfuhr ich, dass der Glaube Bush die Kraft gegeben hatte, mit dem Trinken aufzuhören. Ich erfuhr, dass „die Rolle der Regierung die ist, ein Umfeld zu schaffen, in der eine unternehmerische Person … die hart arbeitet und große Pläne hat, ihre Träume verwirklich kann.“ (Was ein Zitat ist, das Bush 20 verdammte Jahre später, nachdem Reagan exakt den gleichen Satz von sich gegeben hatte, gesagt hat.) Ein Ausstellungsstück pries seine „Erfahrung“ als erfolgsloser Geschäftsmann an und lobte die Tatsache, dass er der einzige „Commander-in-Chief“ war, der je einen Master in Business Administration erlangt hatte.

Das Decision Points Theater erlaubte es mir, mich selber der schweren Entscheidungen anzunehmen, die Bush während seiner Präsidentschaft treffen musste. Das impliziert natürlich, dass er besagte Entscheidungen tatsächlich selber getroffen hat; dass er fähig ist, Entscheidungen zu treffen, die sich nicht nur darum drehen, welcher Cowboyhut gerade besser passt oder welches Karminrot er wählen sollte, um die aufgedunsene, rote Fresse von Hohn Howard einzufangen, seines Zeichens ehemaliger australischer Premierminister / Oberarschloch / treuer Verbündeter.

In dem Raum konnte man zwischen vier Schlüsselentscheidungen wählen: Die Bedrohung durch Saddam Hussein, Hurricane Katrina, The Surge und die Finanzkrise. Wir entschieden uns für Saddam. Immer wieder wurden Breaking News eingespielt, was uns davon abhielt, unseren Beratern zuzuhören, deren Verlässlichkeit wir noch kurz zuvor bewertet hatten. Uns blieben etwa vier Minuten, um das Schicksal der Nation zu lenken. Ich bin mir sicher, dass es beim mächtigen Mann genau so abgelaufen ist. Und mit „mächtiger Mann“ meine ich Dick Cheney. Ein Breaking-News-Clip zeigte, dass wir Saddams Massenvernichtungswaffen gefunden hatten … ganz so als ob sie tatsächlich jemals existiert hatten. WIR MÜSSEN ETWAS TUN, AMERIKA! flehte es uns an. ETWAS MIT DIESEM DESPOTEN MACHEN, DER VERSUCHT HAT, DADDY BUSH ZU TÖTEN!

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Wir, also das Theater, entschieden uns für eine neue UN-Resolution. Bush hatte das nicht gemacht. „Vor 9/11“, erklärte Bush hinterher, „war Saddam ein Problem, das Amerika vielleicht hätte lösen könnten. Nach 9/11 aber …“ Er lies das Mikrofon sinken, nur um es für folgende Anmerkung wieder aufzugreifen: „Die Welt wurde durch seine Entfernung etwas sicherer.“

Ich spielte noch eine Runde. Bei der Hurricane-Katrina-Entscheidung ging es darum, ob der Insurrection Act in Kraft gesetzt werden sollte—eine Gesetzgebung, die den Einsatz des Militärs zur Verbrechensbekämpfung im Inland erlaubt. Wieder einmal Breaking News: Dieses Mal sehen wir, wie gesetzlose Gauner bewaffnet durch New Orleans ziehen. Kein Wort darüber, Lebensmittel, Wasser oder Hubschrauber zu senden. Es geht nur darum, diese Schwarzen davon abzuhalten, sich gegenseitig umzubringen. (Die Berichte über ausufernde Gewalt nach Katrina waren größtenteils übertrieben, aber das würde das Spiel ja weit weniger spannend machen.) In der unglaublich kleinen Katrina-Abteilung des Museums wird Bush von jeder Schuld freigesprochen. Fuck Kanye West ist der Grundtenor. George Bush sind die Schwarzen überhaupt nicht egal! Auf dem Foto hier umarmt er einen schluchzenden schwarzen Mann!

Während ich mir ein Video darüber anschaute, wie Bush sich 2000 keineswegs die Wahl ergaunert hatte und was für eine blöde Zicke Al Gore damals doch war, schüttelte eine alte Frau beim Anblick der ehemaligen Beraterin Karen Hughes ihren Kopf in Ehrfurcht. „Sie war großartig, nicht wahr?“ staunte sie. Dieselbe ehemalige Südstaatenschönheit nannte dann Gore einen „Wichser“. Auch wenn sie zu der Generation gehörte, die die große Depression überstanden und den Zweiten Weltkrieg gewonnen hatte, wollte ich ihr eine verpassen. Sie roch nach Backpulver, wie eigentlich auch alle anderen hier. Alle Besucher, die keine Kinder waren, die man gezwungen hatte, hierherzukommen, saßen entweder im Rollstuhl, hatten ein Gehilfe oder standen kurz davor, eine Gehilfe oder einen Rollstuhl zu benötigen. UND SIE GEHEN WÄHLEN. Das tun die jüngeren Amerikaner nicht—sollten sie aber besser. Sie liebten es, sich im gesetzten Tonfall untereinander über Politik zu unterhalten—ganz so als hätten sie tatsächlich einen blassen Schimmer davon, worüber sie gerade eigentlich reden. Sogar Bush hatte mehr Ahnung als diese wandelnden Toten.

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„WUSSTEST DU?“. fragte ein Plakat. „Vor 9/11 wurden die Anti-Terror-Bemühungen der Bundesstaaten von Regeln behindert, die das Teilen von Informationen zwischen den Geheimdiensten und den Strafverfolgungsbehörden einschränkten.“ Aber sorgt euch nicht … der USA PATRIOT ACT HAT DAS BEGRADIGT! Danke, 43! Auf einem frech formulierten Schild stand geschrieben „Präsident Bush nominierte Richter für den obersten Gerichtshof, die verstanden, dass die Rolle des Gerichtshofes darin liegt, die Gewaltenteilung zu respektieren, indem sie sich strikt an die Verfassung halten und keine neuen Gesetze auf den Weg bringen, die eine persönliche oder politische Agenda verfolgen.“ Versteht sich von selbst. Wenn ich an Richter ohne politische Agenda denke, dann denke ich sofort an Samuel Alito.

Die anmaßende symbolische Bedeutung, Dubyas Museum in die gleiche Stadt zu verfrachten, in der John F. Kennedy erschossen worden war, war nicht an mir vorübergegangen. Eine der großen Ironien von Bushs Regentschaft war die, dass trotz der ganzen Missgunst, die er im Laufe seines Amtes auf sich gezogen hat, nie jemand einem Attentat wirklich nahe gekommen ist. Wie es ausschaut, war er einfach zu dumm, jemals etwas zu bereuen, wie auch in dem fröhlichen Video gegen Ende der Tour deutlich wurde. In diesem sticheln seine gleichermaßen hohlen Töchter ihn ein bisschen wegen seiner legendären sprachlichen Fehltritte. Das Video fragt: „Wenn du nicht über dich selbst lachen kannst, wie sollen die Menschen dich dann als Führungspersönlichkeit anerkennen?“ Moment mal, wie bitte?

Der Museumsshop, der für 60 Dollar Notizbücher, mit Lederumschlag, und Bushs Unterschrift, für 20 Dollar Ausstellungsführer zu der Gemäldeausstellung, für 50 Dollar Poloshirts und diverse Golfutensilien verkauft, war anstößiger als der Shop des 9/11 Museums, über den sich vor Kurzem alle aufgeregt haben.

Auf meinem Weg nach draußen wurden mir noch folgende Worte mitgegeben: „Wir sind jetzt auf dem Weg nach Vorne—DANKBAR FÜR UNSERE FREIHEIT, ÜBERZEUGT VON UNSERER SACHE, und voller Vertrauen in die Zukunft der größten Nation auf Erden.“ Ein „9/11: Never forget“-Magnet, der auf der Rückseite eines gigantischen Trucks prangte, der großzügig geparkt hatte und so weit mehr Platz als nötig auf einnahm, war das Letzte, was ich sah. Keine Sorge, dachte ich mir. Das werde ich so schnell nicht vergessen. Wie könnte ich auch?