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Popkultur

Ich habe David Beckhams Autogramm auf meinem Hintern

Ich war einer der glücklichen Gewinner, die von David Beckham ein Autogramm auf einen seiner sexy Slips bekommen haben. Es war eine magische Begegnung.

David Beckham ist ein scheiß Superstar, vielleicht der bekannteste Sportler der Welt. Und heute in Berlin zu Gast, um die Fortsetzung der gemeinsamen Unterwäschekollektion für Männer vorzustellen. H&M hat hierfür die denkbar glamouröseste Filiale der Stadt gewählt: die im Alexa, dem Einkaufszentrum am Alexanderplatz. Positioniert neben Ständen, die frische Looks für Nägel und Haare sowie Glätteeisen in Neonmetallic anbieten, und Läden, die Star Wars-Fanartikel und Zauberstäbe aus den Harry Potter-Filmen vertreiben. Nachdem ich beim Betreten des Einkaufszentrums erst von mehreren Wolken schwersüßen Parfüms aus allen Richtungen erschlagen werde, erdrückt mich eine Menschenmenge—ich bin also angekommen.

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Gegen die Brüstungen der zwei Etagen über mir und der Versammlung drücken sich weitere Menschenmengen. Ich fühle mich wie in Walt Disneys König der Löwen—über mir Hyänen am Rande der Schlucht. Wozu? Vielleicht warten sie darauf, dass wir uns hier unten gegenseitig erdrücken, um über das Aas herzufallen—oder über David Beckham.

Vermutlich eher Letzteres. Im Anschluss an einige reiche Idioten, die die Menge anfangs versehentlich zum Teil für David hält, (so habe ich das Kreischen jedenfalls verstanden)—kommt er dann endlich selbst: mit einer knappen Stunde Verspätung, selbstverständlich. Und selbstverständlich unter noch mehr Kreischen, konstantem Beifall und dem Blitzen aller anwesenden Smartphones. Die Mädchen freuen sich, dass sie ihn, zwar verschwommen, aber immerhin auf dem Bildschirmen haben—und in ihrem Herzen.

Nach einer weiteren halben Stunde werden die Journalisten in die Filiale gelassen, dann der erste Teil der ganz sicher sehr glücklichen Gewinner. Denn, wer rein will, musste am Vortag erfolgreich an einem der zahllosen Gewinnspiele teilnehmen. Das Sicherheitspersonal in grauen Anzügen sorgt für Ordnung: In Zweiergruppen lassen sie die vom Warten müde Herde langsam in die Halle laufen. Nach knappen zweieinhalb Stunden Warten und dem Einkauf mindestens eines Teils der Unterwäschekollektion lassen sich die Ersten das neu erworbene Stück per Filzstift unterschreiben.

Auf silbernen Tabletts werden innocent-Smoothies mit schwarzen Strohhalmen gereicht. Ein Abbild des Publikums: unschuldig und weich. Auch ich fühle mich als Gewinner. Einem wohltätigen Zweck dient die Veranstaltung nicht. Aber ich bin überzeugt, dass alle Teilnehmer nachhaltig zu glücklicheren Menschen geworden sind, schließlich haben sie am Ende einige Euro weniger und eine neue bemalte Unterhose. Und das ist auch viel wert.

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Besonders viel wert scheint einer jungen Mutter im Publikum auch ihr Kind zu sein. Immerhin nimmt sie es mit. Stillend drückt sie sich ihren eigenen Weg durch die Menge, immer wieder unter Aufschreien wie „Süß!“ und „Awww!“. Als die beiden dann nach etwa einer Stunde in der Schlange bei Idol David ankommen, steigern sich die Zurufe zum Höhepunkt. Nie in meinem Leben durfte ich Zeuge so großer Freude werden. Ich bin gerührt. David segnet das Kind, hebt es in die Luft—heiliges Blitzlichtgewitter! Ich denke wieder an den König der Löwen, diesmal an Simba. Im Geheimen hoffe ich, dass David auch mich über die Menge heben wird.

Dann endlich! komme ich bei ihm an. David scheiß Beckham. Dem größten Sportler aller Zeiten, dem Mann, den die letzten drei Stunden zu meinem Idol gemacht haben. Ich zittere mit meinem neuen Slip in der Hand, meinem ganzen Stolz—bereit, per Unterschrift den Ritterschlag zu erhalten. Glücklicherweise konnte ich ihn bis zu unserer Begegnung trocken halten.

Ich bin da, besteige das Podest, einen Moment lang als der Einzige von so vielen. „Großartig!”, fühle es sich an, sagt David, den ganzen Tag lang Unterwäsche zu unterschreiben. Meine Entscheidung, zu diesem Modell zu greifen, sei definitiv die richtige gewesen. Ich fühle mich bestätigt wie nie zuvor. Auch durch die zwei „x“, die meinen neuen besten Freund zieren, Symbole von Anerkennung—vielleicht sogar Zuneigung meines Helden. Gleichzeitig mein neues Arschgeweih. Es war eine magische Begegnung.

Ich verlasse die Filiale mit meinem neuen Slip (Feinripp, naturweiß) in der Hand und einem Leuchten in den Augen und werde von einer kleinen Gruppe aufgeregter Jugendlicher angehalten. Einer der Jungs will ihn unbedingt besitzen. Er habe drei Stunden gewartet. Worauf denn? Ich weiß, er ist kein Gewinner, will aber unbedingt meinen Slip anfassen. Ich lasse ihn, denn ich bin ein guter Gewinner und denke, dieser Tag könne kaum besser werden. Endlich, endlich bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Nichts wollte ich jetzt mehr, als endlich tragen, worauf ich so lange gewartet hatte. Ein Gefühl, das ich nicht nur nicht in Worte, sondern grundsätzlich nicht fassen kann. Bis jetzt.

Fotos von Nikita Kakowski