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​Der dümmste Beitrag zur Flüchtlingsdebatte aller Zeiten? Diese Fotostrecke

Posen am Grenzzaun, Chanel-Handy und Sideboobs: So sieht ein ungarischer Modefotograf die Flüchtlingskrise.
Foto: Norbert Baksa

Mittlerweile weiß jeder, der in den letzten Wochen irgendwann mal eine Zeitung oder Nachrichtenseite aufgemacht hat, dass Ungarn kein besonders guter Ort für Flüchtlinge ist.

In dem Land, das aufgrund seiner Lage eines der wichtigsten Durchreiseländer auf dem Weg nach Deutschland war, wurden Flüchtlinge tagelang in Gefängnissen oder Lagern ohne jede Grundversorgung eingesperrt; ungarische Grenzer schlugen gerne mal zu, um verzweifelte Menschen vom Überqueren der Grenze abzuhalten, und schließlich baute das Land einen kilometerlangen Zaun, um das „Problem" einfach komplett auszusperren.

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Auf die brutalen Bilder, die in dieser Zeit immer wieder zu sehen waren, kann man ganz unterschiedlich reagieren. Man kann sich empören, man kann die ungarische Regierung anprangern, man kann auf eigene Faust Konvois zusammenstellen, um Flüchtlinge so schnell wie möglich da raus zu holen.

Oder man kann ein Foto-Shooting machen, in dem man ein bildschönes Model als „Flüchtling" vor einem Grenzzaun posen lässt.

Foto: Norbert Baksa

Das jedenfalls fand der ungarische Fotograf Norbert Baksa die korrekte Reaktion. In seiner stimmungsvollen Fotostrecke „Der Migrant" lässt er Top-Model Monika Jablonczky in latent zusammengewürfelt aussehenden Outfits vor einem Grenzzaun posieren, Selfies mit einem Chanel-Smartphone (typische Flüchtlings-Ausrüstung) schießen und von einem Mann in Polizei-Uniform durch die Gegend zerren. Und um das Leid der Kriegsflüchtlinge so richtig zu unterstreichen, gibt es auch ziemlich viele Sideboobs zu sehen.

Niemand weiß, wie er auf die Idee gekommen ist, warum Baksa das für eine gute Idee hielt. In einer Art Erklärung schreibt er: „Das Shooting soll diese offensichtlich schlimme Situation nicht glorifizieren, sondern auf das Problem aufmerksam machen und Leute dazu bringen, darüber nachzudenken." Danke, Norbert, ohne dich und die Sideboobs hätte wirklich niemand mitbekommen, dass es gerade eine Flüchtlingskrise in Europa gibt. Du bist ein Held der Aufklärung.

Aber er hat noch mehr zu sagen: „Niemand versteht die Gesamtsituation", schreibt er. „Genau das wollten wir darstellen: Man sieht eine leidende junge Frau, die aber trotz ihrer Situation wunderschön ist, High-Quality-Outfits trägt und ein Smartphone hat." Tatsache, bis jetzt hat noch niemand die verwirrende Gesamtsituation so zusammengefasst.

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Foto: Norbert Baksa

Irgendwie muss das hehre Ziel am Publikum aber vorbeigegangen sein: Die allermeisten Kommentatoren beschreiben das Projekt als „vollkommen krank" oder „komplett falsch". Eine Twitter-Userin beschreibt den Shoot als „eins der Dinge, die im Moment auf der Welt bösartig falsch laufen".

Aber vielleicht steckt hinter Baksas Idee doch mehr als einfach nur eine grauenhafte Geschmacklosigkeit. Ein paar Sachen deuten darauf hin, dass der Fotograf durch diesen Shoot auch irgendwie eine verquere Botschaft darüber anbringen wollte, dass man den „Medien" ja nicht trauen könne, und dass diese „Flüchtlinge" vielleicht gar nicht echt seien. So schreibt er: „Leute, die nicht in Ungarn leben, erleben das Problem nicht aus erster Hand. Aus den Medienberichten ist sehr schwer zu verstehen, ob diese Leute wirklich Flüchtlinge oder etwas anderes sind." Und auf Twitter rechtfertigt er sich so:

Aim is not 2 offend refugees or anybody else, but 2 show duality in news reports in the media.
— Norbert Baksa (@NorbertBaksa) 6. Oktober 2015

Was auch immer der Fotograf sich dabei gedacht hat (falls er sich etwas gedacht hat)—dieser Foto-Shoot ist so ungefähr das dümmste und geschmackloseste künstlerische „Statement", das man zu der aktuellen Krise abgeben kann. Norbert Baksa hat seinen Rechtfertigungstext mit der Aussage „Normalerweise weigere ich mich, mich mit politischen Themen zu beschäftigen" eingeleitet. Wenn man sich diese Fotostrecke anschaut, würde es allen besser gehen, wenn er sich weiter geweigert hätte.