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Mode

Der Kaiser und ich

Das Interview das ich mit Karl Lagerfeld gemacht habe hat sich wie ein Buschfeuer in der Mode-Blogosphäre verbreitet, was mich ehrlich gesagt, etwas überrascht hat, weil ich nichts so sensationelles darin finden kann. Aber ich glaube, dass meine Idee von sensationell eine andere ist, als die von den meisten Leuten.

Ich wusste, dass ich mich gut auf dieses Interview vorbereiten musste, aber ich wollte mich nicht zu stark auf die Mode konzentrieren, weil ich sie eigentlich vergänglich finde und weniger spannend als den Mann; der hinter den Designs steht. Ich kam also mit Roe Etheridge in Lagerfelds Atelier an - er ist der Fotograf, den Vice aus New York hatte einfliegen lassen um den Kaiser abzulichten - Roe hatte tonnenweise Kamerazeugs und Lichter und alles mögliche dabei. Lagerfeld war gerade dabei seine Couture Kollektion zu entwerfen und seine langjährige Managerin Carolin Lebar ging nicht davon aus, dass er fotografiert werden würde. Das führte zu ein paar Missverständnissen und leichten Spannungen. Roe, der sehr süß ist, versuchte trotzdem sich durchzusetzen, um seine Bilder zu bekommen, aber Caroline ließ sich nicht erweichen und sagte, dass Karl nur noch Selbstportraits macht. Ich wollte mich nicht zu sehr einmischen, weil das eine schlechte Stimmung für das Interview hätte verursachen können und ausserdem hatte ich meine eigene kleine Posse, zu meiner unmoralischen Unterstützung dabei: Mecca Revlon, aus dem House of Revlon, früher House of Ninja, ein Freund von mir mit einem Blumentattoo im Gesicht, der zu dem Zeitpunkt gerade in Paris lebte und gemodelt hat; und Rory von The Grammatics, ebenfalls ein Teilzeit Spermaschlucker, ich meine Model.

Nachdem der Fotografie Zwischenfall endlich beendet war, habe ich mich mit meiner Posse für 90 Minuten mit Caroline unterhalten, bevor Karl reinkam. Caroline, eine beeindruckende, ernst zu nehmende Frau mit kurzen, grauen Haaren, schien mich vor dem Interview zu checken um sicher zu gehen, dass ich der Herausforderung gewachsen bin und nichts Fieses vorhatte. Wir haben uns großartig verstanden und uns bei Espresso eine Vielzahl von Themen unterhalten. Karls Butler kam vor ihm rein (Karl war etwa 90 Minuten zu spät) und fing an, alles für das Interview vorzubereiten. Als Karl ankam, zogen er, Caroline und ich uns in ein Nebenzimmer zurück und haben uns zusammen an einen Tisch gesetzt. Caroline war bei dem ganzen Interview dabei und hat zwar fast nie was gesagt, aber war offensichtlich sehr interessiert.

Foto von Karls Butler. Wir mussten damit drohen, diese furchtbaren, schlecht gescannten Bilder aus einer Wegwerfkamera zu drucken, damit uns Karls Leute die hochauflösende Version des Selbstportraits zuschicken, das du am Anfang des Interview siehst (und von dem sie sagten es sei nur für Inspirationszwecke gedacht). Das war die wortwörtlichste Interpretation von Image Kontrolle, die uns jemals unter gekommen ist.

Etwa nach der Hälfte des anderthalb-stündigen Interviews kam der Butler mit einem Tablett rein, genauso wie es in dem New Yorker Artikel über Karl stand, und rührte ein grünes Pulver in ein Glas -  das war vermutlich sein Mittagessen. Karl war sehr interessiert und höflich und die Atmosphäre war recht entspannt. Er hat sogar seine Sonnenbrille abgenommen, als er mir die Akt-Portfolios zeigte, die er unter anderem mit Nacktfotos von Carla Bruni veröffentlicht hat. Das Atelier an sich ist schon ein beeindruckender Raum mit zehn Meter hohen Bücherregalen an allen vier Wänden, voll mit Büchern und seltenen Ausgaben. Es ist angeblich eine der besten Sammlungen der ganzen Welt. Das Interview war so angenehm, dass ich Karl fragte, ob er mit mir ein paar Schnappschüsse machen würde, was er auch getan hat. Mission geschafft und ich bin mit meiner Posse raus in die kühle Pariser Nacht.