Der Mann, der mit seinem Penis malt

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Der Mann, der mit seinem Penis malt

Brent Ray Fraser bezeichnet sich selbst als „kunstsexuell" und hat mit seinem Fleischpinsel bereits Barack Obama und Marilyn Monroe auf die Leinwand gebracht.

Alle Fotos: bereitgestellt von Brent Ray Fraser

In den späten 40er Jahren musste Jackson Pollock von der Kunstszene heftige Kritik einstecken, weil er seine inzwischen berühmten Drip-Gemälde vorstellte, bei denen sein Pinsel nie die Oberfläche der Leinwand berührt hat.

„Es ist nicht wichtig, wie die Farbe aufgetragen wird, so lange das Ganze eine Aussage hat", meinte Pollock damals zu der ganzen Sache.

Diesen Gedanken hat sich der in Vancouver lebende Maler und Performance-Künstler Brent Ray Fraser zu Herzen genommen und begann im Jahr 2009 angefangen, seinen Penis auf eine Leinwand zu drücken. Heute verwendet er seine Genitalen als künstlerische Werkzeuge, um bunte, bis zu dreieinhalb Meter breite Bilder zu kreieren.

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„Wenn ich ein großflächiges Bild male, dann ist es vom technischen Standpunkt aus betrachtet besser, wenn der Penis schlaff ist", erzählt Fraser. Wenn er ihn allerdings als Prägestempel oder als Schreibgerät einsetzt, dann ist ein erigierter Penis von Vorteil. „Die Farbe ist so kalt, dass es mir schwer fällt, die Erektion aufrecht zu erhalten. Deshalb binde ich ihn auch ab. Ich finde es aber auch sehr erregend, an einem Kunstwerk zu arbeiten", erklärt er.

„Hier geht es zu wie in der Warhol-Fabrik—halt bloß mit meinem Schwanz", lacht Fraser.

Der Penis des Künstlers hat schon eigene Versionen von Shepard Faireys Obama-HOPE-Postern, von Andy Warhols Marilyn-Monroe-Porträt und von der Mona Lisa erschaffen. Auch hat Fraser schon seine Hoden auf die Leinwand gedrückt, um eine „Hommage mit Eiern" an die Spot Paintings von Damien Hirst zu schaffen. „Hier geht es zu wie in der Warhol-Fabrik—halt bloß mit meinem Schwanz", lacht er.

Der Künstler ist jedoch nicht der erste männliche Maler, der in der phallischen Phase feststeckt. Der Australier Tim Patch ist in der skurrilen Kunstszene als „Pricasso" bekannt und der Däne Uwe Max Jensen erregte letztes Jahr Aufmerksamkeit mit seinem Penis-Gemälde von Kim Kardashian.

Der 36 Jahre alte Fraser benutzt sein Gehänge jedoch nicht nur, um den traditionellen Vorstellungen vom künstlerischen Schaffen eine neue Facette zu geben—was ihn in der NSFW-Kunstszene allerdings sehr populär gemacht hat. Er hat auch schon bei Live-Events Penis-Gemälde erschaffen, zum Beispiel erst vor Kurzem bei der Taboo Sex Show in Vancouver. Das exhibitionistische Element verleiht seinen Arbeiten die Patina von verruchter Performance-Kunst. Inzwischen ist Fraser mit seinen Auftritten auch im Internet zu finden, wo er Webcam-Sessions mit über 1000 Zuschauern veranstaltet, die seine Kunst wortwörtlich geil finden.

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„Die Farbe hilft mir schließlich noch beim Masturbieren und ich stelle mein Bild fertig, indem ich darauf abspritze", erklärt Fraser. „Ich unterschreibe quasi mit meiner DNA."

Man könnte annehmen, dass ein Künstler, der so freizügig mit seinem Körper umgeht, auch in den anderen Aspekten seines Lebens selbstbewusst und kontaktfreudig auftritt. Fraser behauptet jedoch, ziemlich introvertiert zu sein. „Ich führe ein eher ironisches Leben", sagt er. „Als kleiner Junge habe ich gerne so Dinge wie He-Man, Conan der Barbar oder Rambo gemalt, aber es auch immer gehasst, wie viel Aufmerksamkeit man mir dafür schenkte."

Als schüchterner Schüler hat Fraser dann damit angefangen, seinen Körper zu trainieren, um etwas gegen die Tyrannen seiner Schule zu unternehmen und um Selbstvertrauen aufzubauen. Das war seine Art, eine „Superheldenmaske" aufzusetzen—inspiriert von den starken, fiktionalen Männern, die er in seiner Kindheit bewundert hatte. Schließlich studierte Fraser Kunst an der Emily Carr University of Art und Design in Vancouver und setzte dort seinen Schwerpunkt auf die Kunst der menschlichen Anatomie.

Frasers gestählter Körper und sein Interesse an der Kunst führten dazu, dass er zum ersten Mal am Valentinstag 2006 in einer Kunstausstellung als bewegliche Skulptur fungierte. Bei besagter Ausstellung wurden Striptease, Selbstobjektivierung und der männliche Körperbau als berechtigte Kunstformen dargestellt—das Ganze erinnerte an die „Go-go boy on a platform"-Installation des Konzeptkünstlers Felix Gonzales-Torres.

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Die Euphorie und das befreiende Gefühl der Bühnen-Performance brachten Fraser dazu, als exotischer Tänzer bei Privatveranstaltungen aufzutreten. Aber trotz seines für diese Beschäftigung perfekt geeigneten Körpers fühlte er sich bei der ganzen Sache nicht hundertprozentig wohl. „Das war noch vor Magic Mike", sagt er. „Ich schämte mich und machte mir auch Sorgen, dass meine Nacktheit auf der Bühne ein schlechtes Licht auf meine künstlerische Karriere wirft."

Drei Jahre später fand Fraser endlich einen Weg, seine Ängste zu beschwichtigen und seine Leidenschaft der Erforschung des menschlichen Körpers als Werkzeug zum Erschaffen von Kunst weiter zu verfolgen. Ein privater Sammler und gleichzeitig einer der ersten Bewunderer Frasers beauftragte den Künstler, ein Gemälde anzufertigen, das komplett aus den Abdrücken seines Penis' besteht—ein phallischer Abdruck für jedes von Frasers Lebensjahren.

Ein Arzt versicherte Fraser, dass Rauchen schädlicher sei als Farbe auf dem Penis.

„Ich war Feuer und Flamme. Ich hatte das Gefühl, einen Zeitstrahl meines Körpers zu erschaffen", erzählt Fraser. „Ich kombinierte so alles, was ich vorher gemacht hatte: auf der Bühne strippen und Farbe auf meinem Körper." Wenn er mit seinem Penis malt, verwendet Fraser Acryl-Farben auf Wasserbasis, denn die Haut ist am Glied dünner und nimmt Dinge schneller auf. Er kannte einen Kunstprofessor, der wegen Farbchemikalien gestorben ist, und ist sich der Risiken bewusst.

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„Ich habe mit einem Arzt darüber gesprochen. Er versicherte mir, dass Rauchen schädlicher sei als Farbe auf dem Penis", erzählt Fraser.

Als Fraser freizügige Videos drehte und sie auf Vimeo hochlud, vergrößerte sich seine weltweite Fanschar deutlich. Seine Filme und seine Kunst werden vor allem auf Schwulenblogs mit spitzen Lesern aufgeführt. Fraser weiß die Komplimente aus der Schwulenwelt zu schätzen, aber mit einem anderen Mann ist er noch nie intim geworden.

„Ich bekomme jeden Tag einen Haufen E-Mails, vor allem von schwulen Männern, die mit mir rummachen wollen", erzählt er. „Ich sage ihnen dann, dass ich kunstsexuell bin. Meine Arbeiten sind hochgradig erotisch, von daher stellen sie mich sexuell gesehen vollends zufrieden."

Für einen introvertierten Menschen kann die Aufmerksamkeit, die seine anrüchigen Webcam-Shows und Videos Fraser eingebracht haben, fast ein bisschen zu viel sein. Er meint, dass er manchmal Zeit braucht, um seine Akkus wieder aufzuladen. Dann malt er alleine in seinem Studio—voll bekleidet, ohne Webcam und nur mit seinen Händen.

Im Gegensatz zu seinen Anfangstagen als Stripper hat Fraser dieses Mal keine Angst, dass seine anzüglichen Auftritte die eigentliche Kunst in den Schatten stellen.

„Ich war von Louis Vuitton drei Jahre lang beauftragt, Schuhe tragende Frauen zu malen", erzählt Fraser. „Ich hatte richtig Angst, dass man mich als den ‚Schuhfetisch'-Typen abstempeln würde, aber jetzt erinnert sich niemand mehr daran. Das ist das Tolle am Dasein als Künstler: Man kann sich immer wieder neu erfinden."

Manchmal fallen die Reaktionen auf seine erotischen Videos und Penismalereien jedoch nicht so positiv aus. Das ist vor allem bei Facebook der Fall. „Ich wurde schon Dutzende Male bei Facebook gelöscht", meint Fraser. „Deren Algorithmus kann nicht zwischen Kunst und Pornografie unterscheiden."

Um das zu umgehen, hat er damit angefangen, seine Kunst zumindest in den sozialen Netzwerken zu zensieren und alle anstößigen Teile entweder rauszuschneiden oder unkenntlich zu machen.

„Sex ist doch das ultimative Thema", fügt er noch hinzu. „Gäbe es keinen Sex, dann gäbe es auch uns nicht. Mir ist nicht klar, warum deswegen so ein Fass aufgemacht wird."