Der Precious Memories Club will, dass du alles fotografierst

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Der Precious Memories Club will, dass du alles fotografierst

Särge, Hunde und Punks: australische Straßenfotografie mit den Storys hinter den Bildern.

Alles Fotos: Precious Memories Club

Meet & Greet ist ein Fotobuch ganz nach meinem Geschmack. Hinter dem Werk steckt das in Melbourne ansässige Kollektiv Precious Memories Club und darin enthalten ist eine ganze Reihe an Straßenporträts inklusive deren Entstehungsgeschichten. Es ist angenehm erfrischend, auch mal die Hintergrund-Storys zu den Bildern zu erfahren, denn so werden sie in einen Kontext gesetzt und der mysteriöse Touch, den andere Fotobücher oft an sich haben, ist nicht vorhanden. Verantwortlich für Meet & Greet sind die Fotografen Matthew Ware und Timothy Coghlan. Ich habe mich mit den Beiden unterhalten, um etwas über die Hintergrundgeschichte der Hintergrundgeschichten zu erfahren.

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VICE: Was genau ist der Precious Memories Club?
Matthew Ware: Das weiß ich selbst nicht genau, aber anscheinend handelt es sich um eine Gruppe aus Melbourne, der Fotografen bzw. Leute mit einer Kamera angehören. Mit dabei sind sowohl total erfahrene und fachkundige Fotografen als auch diese „Scheiß drauf, ich fotografiere einfach überall drauf los"-Typen.

Timothy Coghlan: Wir sind einfach ein paar gute Freunde, die die Welt durch den Sucher einer Kamera dokumentieren. Es geht nur darum, die ganzen wertvollen Erinnerungen festzuhalten.

Hinter vielen eurer Bilder steckt ja eine gute Story, aber dieser Aspekt wird dem Betrachter oft vorenthalten. War es schwierig, die Hintergrundgeschichten der Fotos eures Buches niederzuschreiben?
Matthew: Die ganze Idee für das Buch kam ja nur zustande, weil ich eines Nachts durch die Stadt spaziert bin und dabei gut drauf gewesen sein muss, denn ich fühlte mich richtig inspiriert. Mir liefen diese ganzen komischen Typen über den Weg und aus irgendeinem Grund war ich mutig genug, sie anzusprechen. Vor einer Bar war eine Frau am kotzen, ihre Freundinnen mussten ihre Haare zurückhalten und so weiter. Ich machte ein Foto und verpisste mich dann ganz schnell, bevor sie überhaupt realisierten, was da gerade passiert. Ich habe dann nur noch gehört: „HEY, DU ARSCHLOCH! LÖSCH DAS!"

Genau so etwas liebe ich. Ich liebe diese Erfahrung und die Gespräche mit bizarren Leuten. So kam mir dann auch die Idee zu diesem Buch, denn die Hälfte der Fotos war zwar richtig beschissen, aber es hat Spaß gemacht, sie zu schießen, und genau dieses Gefühl wollte ich rüberbringen. Für mich war der Schreibprozess also ziemlich einfach, für die anderen vielleicht etwas schwieriger. Man muss natürlich auch wissen, wann eine Geschichte einem Bild das gewisse Etwas gibt und nicht davon ablenkt.

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Timothy: Ich fand es richtig einfach und es gefiel mir, jedem Bild einen Kontext zu geben. Ich finde, dass das beweist, welche Mühe man sich gegeben hat, um den Moment des Fotografierens oder das Motiv zu verstehen.

Glaubt ihr, dass die Leute die Bilder so mit anderen Augen betrachten?
Matthew: Einige Leute auf jeden Fall. Ich persönlich bin immer sehr daran interessiert, was sich ein Künstler beim Erschaffen seiner Werke gedacht hat. Wenn mir ein Kunstwerk nicht gefällt, dann liegt das oft daran, dass ich den Kontext nicht kenne. Wenn man mir allerdings eine interessante oder ungewöhnliche Geschichte dazu erzählt, dann liebe ich es wahrscheinlich.

Für diese Art der Dokumentation oder Straßenfotografie ändert es meiner Meinung nicht viel daran, wie man die Bilder, sondern eher wie man den Fotografen betrachtet.

Timothy: So wird dem Betrachter verständlich gemacht, warum ein Foto geschossen wurde. Ein Einblick in den Denkprozess des Fotografen wird gewährt und man erfährt, was sie interessant finden, wenn sie mit ihrer Kamera unterwegs sind.

Tim, dein Bild von dem Mann bei seiner Beerdigung ist schon ziemlich bedrückend. Gibt es eine gewisse Grenze, die du beim Fotografieren nicht überschreitest?
Timothy: Wenn ich ein Foto schieße—egal von was—dann stellt sich mir nie die Frage, ob ich das jetzt fotografieren sollte oder nicht. Die Grenze, nach der du gefragt hast, habe ich für mich noch nicht gefunden. Ich finde es gut, eine Aufnahme davon zu haben, was um mich herum geschieht.

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Anfang 2013 erkrankte mein Vater schwer und musste am Herzen operiert werden. Der Anblick von ihm auf der Intensivstation zusammen mit diesen ganzen Geräten zog mich richtig runter. Ich hatte aber auch meine Kamera dabei und habe deshalb ein Foto gemacht—das mir übrigens sehr gut gefällt. Wenn man etwas Trauriges oder Ernstes fotografiert, dann sollte man meiner Meinung nach aber immer sicherstellen, dass das Bild der Situation angemessen ist.

Meet & Greet kannst du hier vorbestellen.

Das Interview führte Max Olijnyk.