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​Die AfD-Einzelfälle der Woche: Ein rechter Burschenschafter und ein Neonazi-Sympathisant

Am Samstag mit der NPD demonstrieren, am Sonntag das AfD-Parteiprogramm diskutieren: Läuft bei Heribert Eisenhardt.
Foto vom Samstag in Hellersdorf: Darius Ossami

Als der AfD-Gründer Bernd Lucke im Oktober 2014 zugab, dass es in seiner Partei „relativ viele" Einzelfälle von rechtsextremen Parteimitgliedern gebe, da konnte er noch nicht ahnen, dass die meisten dieser Einzelfälle ihn in der Partei überleben würden: Im Juli 2015 wurde Lucke als Parteichef abgewählt und trat aus, seitdem tummeln sich die Einzelfälle umso fröhlicher in der bei den Wählern immer beliebteren Partei.

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Zwei davon wollen wir euch diese Woche vorstellen. Denn während Parteikader wie Frauke Petry oder Beatrix von Storch mit Diskussionen über Schusswaffengebrauch oder Terrorgefahr den gesamtgesellschaftlichen Diskurs nach rechts verschieben, sorgen an der Basis und auf lokaler Ebene die Einzelfälle dafür, dass der Anschluss nach ganz rechts außen nicht verloren geht.

Einzelfall #1: Heribert Eisenhardt, Vorstandsmitglied im Bezirksverband der AfD Lichtenberg

Am Samstag trafen sich in Marzahn-Hellersdorf über hundert Demonstranten aus dem rechtsextremen Spektrum, um am Geburtsort der Anti-Flüchtlings-Demos mal wieder eine Anti-Flüchtlings-Demo abzuhalten. Mit dabei war neben der NPD so ziemlich alles, was in der Berliner Neonazi-Szene Rang und Namen hat: Nationaler Widerstand Berlin, Bärgida, Frontbann 24, Die Rechte, Der Dritte Weg—und Heribert Eisenhardt, wie die taz berichtet.

Allzu überraschend ist das vielleicht nicht, da das Mitglied des Lichtenberger Bezirksvorstands schon früher bei der rechtsextremen Bärgida Reden geschwungen hat. Deshalb gab es zwar schon mal ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn, das scheint aber seit Längerem auf Eis zu liegen. Am Sonntag, sotaz, diskutierte Eisenhardt jedenfalls mit den Parteigenossen im Hotel Maritim über das neue Programm der AfD.

Einzelfall #2: Chris­t­ian Wirth, Emissär der „Aufbaugruppe Saarland"

Der Saarländer Landesverband der AfD war dermaßen von Einzelfällen geplagt, dass der Bundesvorstand vor Kurzem beschloss, ihn komplett aufzulösen, nachdem der Stern die engen Verbindungen des Verbandes zu lokalen Rechtsextremen aufgedeckt hatte. Das Saarland war damit also praktisch der Einzelfall unter den Landesverbänden.

Damit die Arbeit in dem schönen Bundesland aber trotzdem weitergeht, richtete der Parteivorstand eine „Aufbaugruppe Saarland" ein, aus der dann wohl der neue Landesverband hervorgehen soll. Der Witz: Eines der Mitglieder („Emissäre") dieser Aufbaugruppe ist Christian Wirth, nach Recherchen der „Antifa Saar" Mitglied einer rechten Burschenschaft namens „Ghi­bellinia zu Prag in Saar­brücken" und damit so ziemlich genau das ist, was man eigentlich loswerden wollte. Der Pressesprecher der Saarländer AfD Rolf Müller bestätigte gegenüber VICE, dass Wirth Mitglied der „Ghibellinia" ist, die Partei habe damit bisher kein Problem.

Diese Burschenschaft, die eine Zeit lang bei Teilen des saarländischen Polit-Establishments durchaus beliebt war und sich selbst als „liberal-konservative Studentenverbindung der Mitte" bezeichnet, wurde 2011 von der Frankfurter Rundschau als extrem fragwürdig entlarvt: So fanden es die Mitglieder offenbar sehr lustig, in einem internen Protokoll eine „Aktivenfahrt nach Namibia zur Negerjagd" und „zwei wöchentliche Progrome [sic]" zu planen. Die Offenbarung sorgte für einen ziemlichen Skandal in Saarbrücken, seitdem wird sich wohl kein demokratischer Politiker mehr bei den Ghibellinen blicken lassen—außer vielleicht die AfDler, die ausgerechnet einen „völkisch-nationalen" Burschenschafter (SZ) damit beauftragt haben, den Landesverband auf Distanz zu Rechtsextremen zu bringen.