FYI.

This story is over 5 years old.

Wirres Deutschland

Die Einzelfallpartei—Ein AfD-Gründungsmitglied „zieht ihren Hut“ vor den HoGeSa-Hools

Tatjana Festerling hat ausschließlich nette Hooligans in Köln getroffen. Nichts mit Hitlergruß und Naziparolen. Vielleicht waren wir auf unterschiedlichen Veranstaltungen?

Tatjana Festerling ist Gründungsmitglied der AfD für den Bezirk Hamburg-Mitte. Und natürlich ist sie kein Hooligan. Das hat sie aber nicht daran gehindert, als Beobachterin, wie sie selbst sagt, am vergangenen Sonntag nach Köln zu fahren und an der HoGeSa-Demo teilzunehmen, einer Veranstaltung von „Hooligans“, die angeblich gegen Salafisten demonstrieren wollten, und die sich schnell zu einem dumpf-nationalen gewalttätigen Besäufnis mit rechtsradikalen Parolen (die man genauso auch auf einer NPD-Demo hören kann), Hitlergrüßen und 44 verletzten Polizisten entwickelte.

Anzeige

Davon hat Tatjana Festerling nichts mitbekommen. Sie schreibt (auf einer fragwürdigen Website, auf der Klimaskeptiker und Bildungsplangegner zur Wort kommen und die auf Bannern für die rechtskonservative Preußische Allgemeine wirbt), dass alles ganz anders war als das, was die „Systempresse“ berichtet. Und nicht nur das, Festerling zieht ihren Hut „vor den Hools, vor Euch. Vor dem, was Ihr in sechs Wochen auf die Beine gestellt habt! Für das Überwinden Eurer eigenen Gesetze und des Freund-Feindbildes, für das Gemeinsam-sind-wir-stark gegen den echten Feind der Freiheit, den Salafismus.“ Festerlings Standpunkt ist in dem Punkt ähnlich wie der von Beatrix von Storch, ihrer EU-Abgeordneten, die am Sonntagabend zunächst auf Facebook gefragt hatte, ob sie für die Salafisten sein „müsse", wenn es um Hooligans gegen Salafisten geht.

Von Storch hat ihren Post gestern zwar geändert, aber trotzdem beweisen die beiden Damen hier Unverständnis und Relativierung gegenüber extremistischem Gedankengut. Gegen Salafismus zu sein, bedeutet nicht, dass man für Nazi-Hools ist. Und gewaltbereite Hooligans schlecht zu finden, heißt noch lange nicht, dass man ein Salafist ist.

An einigen Stellen ihres Berichts fragt man sich, ob Festerling eine andere Demo besucht hat als alle anderen: „Eure Parolen waren nicht originell, aber schnell zu merken und in keinster Weise rassistisch, rechtsextrem oder Gewalt auffordernd: 1. Wir wollen KEINE – SalafistenSCHWEINE! 2. Wir sind das Volk!“ Was ist mit „Frei! Sozial! National!“ oder „Hier marschiert der Nationale Widerstand“? Der „nationale Widerstand“ marschiert auf NPD-Demos mit genau den gleichen Parolen. Und dann wäre da noch „Heute schächten sie Schafe und Rinder / Morgen vielleicht schon Christenkinder“ aus dem offiziellen „Hooligans gegen Salafismus“-Themesong. Ist Frau Festerling nicht aufgefallen: „Es ging gegen Koranverteiler und Kopfabschneider, gegen radikalisierte Surensöhne und -töchter, aber nie gegen ,den’ Islam.“ Und „Surensöhne“? Wirklich?

Anzeige

Diese Typen hat Frau Festerling anscheinend übersehen.

Bernd Lucke hat in einem mittlerweile schon fast legendären Interview in der Bild am Sonntag von „relativ vielen rechtsextremen Einzelfällen“ in der AfD gesprochen. Da gab es Sören Holtersdorf, Kreisvorstand der AfD Dresden, der auch mal an Veranstaltungen der Jugendorganisation der NPD teilnahm, Benjamin Nolte aka Bananen-Nolte), Mitglied einer vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingeschätzten Burschenschaft und gleichzeitig stellvertretender Bundesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative. Dann gibt es noch Jan-Ulrich Weiß, der für die AfD fast in den Landtag in Brandenburg eingezogen wäre, hätte er nicht eine antisemitische Karikatur auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht. Kritiker sehen die AfD schon seit Längerem als Auffangbecken für die neue und alte Rechte.

Spätestens am Ende ihres Textes, als sie den Hooligans Tipps für die nächste Veranstaltung gibt, muss man sich fragen, ob Festerling das tatsächlich ernst meint oder ob sie einfach der beste Troll der Welt ist: „Bessere und vor allem vorbereitete Redner – bloß kein Politikergequatsche, sondern den gesunden, patriotischen Verstand sprechen lassen, am besten durch eine charismatische Persönlichkeit, die für ein Ziel, eine Vision, ein Leitbild steht, mit dem sich mehr Menschen außerhalb der Hooligan-Szene identifizieren können.“

Ich habe für diesen Artikel mit Tatjana Festerling telefoniert. Leider hat sie uns keine offizielle Stellungnahme gegeben.

Folgt Stefan auf Twitter.