FYI.

This story is over 5 years old.

The Issue That Cares

Die heißeste Scheiße der Welt

Dadaab ist Ostafrikas überfüllte Flüchtlingsoase und die größte humanitäre Katastrophe der letzten Jahrzehnte.

Die Wüste von Dadaab war die Rettung für viele Arme und Hungernde. Während die Glücklichen und Privilegierten sich an den heißeren Tagen des Sommers 2011 in ihre klimatisierten Schlafzimmer zurückzogen, Eiswürfel um ihre Nippel kreisen ließen und gläserweise Gin Tonic hinunterschütteten, leidet das Horn von Afrika unter der schwersten Dürre der vergangenen 60 Jahre. Monate sind ohne den geringsten Niederschlag verstrichen und haben eine Hungerkatastrophe heraufbeschworen, deren Ausmaße mythologische Bilder und biblische Texte in Erinnerung rufen. Äthiopien, Dschibuti, Somalia, Kenia, Uganda und andere Teile Ostafrikas haben alle mit entsetzlichen Hungersnöten zu kämpfen, denen einem Sprecher der US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit zufolge schon im Herbst Hunderttausende Kinder zum Opfer fallen könnten. Viele Menschen aus dieser Region haben ihre Heimat verlassen und sind nach Dadaab geflohen, einem der ältesten und größten Flüchtlingscamps der Geschichte. Dadaab liegt etwa 96 km von Somalia entfernt in der kenianischen Wüste und ist nach den Worten des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge António Guterres Schauplatz der „schlimmsten humanitären Katastrophe“ der Welt. Dadaab vereint eigentlich drei Camps—Hagadera, Ifo und Dagahaley—und wurde 1991 für maximal 90.000 Personen eingerichtet. Gegenwärtig beherbergt das Lager 400.000 heimatlos gewordene Menschen; an die 1.400 Flüchtlinge, die Hälfte von ihnen Kinder, kommen täglich hinzu. Schätzungen zufolge wird die Bevölkerungszahl in Dadaab zum Ende des Jahres die Marke von 500.000 erreichen. Einige Familien leben hier bereits seit Generationen, ihre Kinder wachsen ohne behördliche Dokumente und Staatsangehörigkeit auf. Mit Unterstützung von Ärzte ohne Grenzen hat der Fotograf James Mollison Ende Juli eine Reise nach Dadaab unternommen, um in seinen Bildern die Vielfalt der dort lebenden Menschen zu zeigen. James hat auch ihre Häuser fotografiert, die häufig aus schmutzigen Böden und Stoffwänden bestehen. Schau dir die neue Folge von Picture Perfect über James und seine Arbeit in Dadaab an, die jetzt auf VICE.com erstmals gezeigt wird. Maryan, 35, ist in einer Gruppe von 30 Flüchtlingen mit ihren Kindern und ihrem Vieh nach Dadaab aufgebrochen. Sie wurden bald von einer Räuberbande aufgehalten, die ihnen vier Kühe wegnahm. Danach waren sie weitere sieben Tage und Nächte zu Fuß unterwegs, um sich in Dadaab in Sicherheit zu bringen. Maryan hofft, dass ihre Kinder einmal im Camp eine Schule besuchen werden. Sie findet, das Leben ist hier angenehmer als in ihrer Heimat. Said Ali, 10 Jahre, lebt mit seinen Eltern und vier Geschwistern seit einem Jahr in diesem Camp. Saids Vater hat für die Bustickets nach Kenia ihre Ziegen verkauft. Said denkt, dass das Leben hier besser als in Somalia ist, weil man hier Lebensmittel, Wasser und Schulbildung bekommen kann. Er ist in seiner Heimat niemals zur Schule gegangen. Er ernährt sich normalerweise von ugali (Mais), aber eine Woche vor diesen Aufnahmen hatte er das Glück, ein kleines Stückchen Fleisch zu ergattern. Nirto Shukri Adeli, 15 Jahre alt, aus Afmathou in Somalia. Sie schläft mit ihren Eltern und neun Geschwistern in einer Hütte. Die meiste Zeit verbringt sie damit, auf ihre Brüder und Schwestern aufzupassen. Sie ist noch nie zur Schule gegangen. Aden Mohid Suthi, 50 Jahre alt, aus Salagle in Somalia, war mit seinen vier kleinen Kindern seit 20 Tagen in diesem Camp, als wir dieses Foto machten. Er hat Salagle wegen der Dürre und Clanstreitigkeiten verlassen. Aden hat in der Landwirtschaft gearbeitet, als es noch regelmäßiger regnete. Er hat mit dem Bau einer Unterkunft begonnen, aber momentan lebt seine Familie mit Verwandten in dieser Hütte. Die Frauen schlafen drinnen, die Männer unter der Treppe. Habiba Ali, 23 Jahre alt, mit ihrem Sohn Hassan Farah. Nach zwei Jahren Dürre und Hunger machten sie sich in einem Eselskarren von ihrem Heimatdorf Bu’aale in Somalia aus auf den Weg. Wie viele andere Flüchtlinge auch wurden sie unterwegs von Banditen überfallen. Sie hatten nichts, was sie ihnen geben konnten, und so fackelten die Banditen ihren Eselskarren ab. Ohne weiteres Transportmittel mussten Habiba und ihr kleiner Sohn 30 km zu Fuß zurücklegen, um Dadaab zu erreichen. Habiba und ihr Sohn lebten bereits einen Monat im Camp, als wir die Fotos machten, einige Zeit davon in einer provisorischen Krankenstation im Dagahaley-Camp von Ärzte ohne Grenzen (Bild oben), wo täglich unterernährte Ankömmlinge behandelt werden.