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Die mit dem Fotojournalisten Ruben Espinosa umgebrachten Frauen wurden vorher gefoltert und vergewaltigt

Drei der vier weiblichen Leichen wurden halbnackt aufgefunden und zeigten Spuren von sexueller Gewalt.
Foto: VICE News

Die Frauen, die zusammen mit dem Fotojournalisten Ruben Espinosa ermordet wurden, zeigten laut den Behörden und einer Zeugin Anzeichen, dass sie vor ihrem Tod nach einer Hausparty in einer mittelständischen Gegend Mexico Citys gefoltert und vergewaltigt wurden.

Rodolfo Rios Garza, der Generalstaatsanwalt von Mexico City, meinte am Sonntag gegenüber der Presse, dass seine Angestellten die Drohungen, die Espinosa zur Flucht aus Veracruz zwangen, sehr ernst nehmen (Veracruz ist für Journalisten der gefährlichste mexikanische Bundesstaat). Allerdings sagte Rios Garza ebenfalls, dass die Ermittlungen auch in andere Richtungen gehen würden (darunter Raubüberfall)—was die Demonstranten verärgerte, die behaupten, dass mexikanische Behörden immer ganz schnell andere Faktoren als die journalistische Arbeit für den Tod von Journalisten verantwortlich machen.

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Espinosa wurde letzten Freitag zusammen mit vier Frauen tot aufgefunden.

Mit seinem Tod sind seit der Machtübernahme von Gouverneur Javier Duarte Ende 2010 jetzt schon 14 Journalisten gestorben, die in Veracruz gelebt oder gearbeitet haben.

Keiner dieser Todesfälle wurde je restlos geklärt und Espinosa war das erste Opfer, das anscheinend bis in die mexikanische Hauptstadt verfolgt und dort getötet wurde.

Am Sonntag versammelten sich Tausende Menschen zu Ehren Espinosas am Ángel de la Independencia. Die Demonstranten und die Menschenrechtsaktivisten machten Duarte für die Gewalt gegen Journalisten in Veracruz verantwortlich und fordern seinen Rücktritt.

„Veracruz ist ein Ort, wo die Leute, die sich gegen die politische Position und die Tyrannei von Javier Duarte aussprechen, verfolgt werden", meinte Dario Ramirez, der Vorsitzende des mexikanischen Ablegers der Pressefreiheitsorganisation Article 19, gegenüber VICE News.

Ruben Espinosa (rechts) sagte, dass er von Unbekannten verfolgt wurde, die dann auch vor seinem Haus in Xalapa, Veracruz warteten.

Am Montag haben die Behörden die vier weiblichen Opfer noch nicht identifizieren können. Da diese Todesfälle als mögliche „Femicides" gelten, besagen die Vorschriften, dass ihre Namen noch nicht öffentlich gemacht werden dürfen.

Verwandte und Freunde der Frauen haben deren Identitäten in den sozialen Netzwerken jetzt jedoch preisgegeben.

Es handelte sich dabei anscheinend um eine 18-jährige angehende Kosmetikerin aus Mexicali, eine 32 Jahre alte Menschenrechtsaktivistin und Kultur-Promoterin aus dem Bundesstaat Chiapas, eine 29-jährige Aktivistin aus Kolumbien, und eine 40 Jahre alte Putzfrau.

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Alle Opfer waren an den Händen sowie an den Füßen gefesselt, wurden vor dem Tod geschlagen und man schoss ihnen mit einer 9-Millimeter-Waffe in den Kopf. Drei der vier weiblichen Leichen wurden halbnackt aufgefunden und zeigten Spuren von sexueller Gewalt.

Espinosa hatte um 14:13 Uhr den letzten Kontakt zu Freunden—eine SMS, in der er meinte, dass er sich auf den Weg machen würde.

Die Staatsanwaltschaft setzt bei den Ermittlungen vor allem auf die Zeugenaussage einer Frau mit dem Decknamen „Esbeidi N", die ebenfalls im Apartment 401 des Gebäudes wohnte, wo die Morde stattfanden und die Leichen am Freitagabend gefunden wurden.

Man weiß, dass drei der Frauen am Donnerstag fünf Freunde zu einer Hausparty einluden—darunter auch den Fotojournalisten Espinosa. Esbeidi N meinte, dass sie nicht an der Feier teilnahm, weil sie am darauffolgenden Tag früh zur Arbeit musste.

Am Freitag verließ Esbeidi dann um acht Uhr morgens die Wohnung und zur gleichen Zeit fing die ermordete Putzfrau auch mit dem Aufräumen an. Die Zeugin gab den Behörden gegenüber zu Protokoll, dass die Party noch in vollem Gang war, als sie sich zur Arbeit aufmachte.

Als sie am Abend schließlich wieder nach Hause kam, stand die Tür offen und die Leichen ihrer Freunde waren im ganzen Apartment verteilt. Espinosa hatte um 14:13 Uhr den letzten Kontakt zu Freunden—eine SMS, in der er meinte, dass er sich auf den Weg machen würde.

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Am Sonntag wollte sich Rios Garza nicht dazu äußern, ob in der Gegend rund um den Apartmentkomplex in Stadtteil Narvarte Überwachungskameras in Betrieb waren. Laut diversen Nachrichtenartikeln befinden sich in besagtem Gebiet mindestens neun Stück.

Laut den Behörden wurden auch mehrere Gegenstände gestohlen, weil viele Dinge der Opfer (darunter auch ein Auto) nicht mehr da waren. Daraufhin bezichtigten die Menschenrechtsaktivisten die Beamten der Taktik, die Ermittlungen in eine falsche Richtung zu lenken, und fordern nun, dass Espinosas journalistische Arbeit als Hauptgrund für die Morde in Betracht gezogen wird.

„Jeder Akt der Gewalt gegen Journalisten und Frauen muss von den Behörden genauestens untersucht werden", heißt es in einem Statement der Human Rights Commission von Mexico City. Die Organisation fordert auch, dass alle Verwandten der Opfer unter Polizeischutz gestellt werden.

Bei der Demonstration konnte man auch Schilder mit Slogans wie „Duarte, du Mörder", „Duarte muss zurücktreten" oder „Weg mit der Straffreiheit" sehen. Bei einer Nachfrage der Presse wollten die Behörden Mexico Citys keine Auskunft darüber geben, ob Duarte im Zuge der Ermittlungen verhört werden wird oder nicht.

Duarte selbst veröffentliche ein kurzes Statement, in dem er seine Trauer über die Morde zum Ausdruck bringt und meint, dass die Polizeibeamten von Mexico City sein vollstes Vertrauen beim Finden der Schuldigen haben.

Weitere Demonstrationen, bei denen Gerechtigkeit gefordert wurde, fanden in Jalisco, Guerrero, Nuevo Leon, Oaxaca sowie Xalapa statt. Der letztgenannte Ort ist auch die Landeshauptstadt von Veracruz und von dort aus berichtete Espinosa vor seiner Flucht acht Jahre lang über gesellschaftliche Bewegungen. Viele Demonstranten trugen Masken mit Espinosas Gesicht und hielten Stifte sowie Kameras in die Luft.

Die Demonstranten von Mexico City zogen schließlich weiter in den Stadtteil Juarez, genauer gesagt zum Sitz der Landesregierung von Veracruz. Dabei wurde die Botschaft „Duarte, feiger Mörder" an eine Wand gesprüht, aber am Montagmorgen hatte man die Worte bereits wieder mit Papier überklebt.

Gabriela Gorbea hat zu diesem Artikel ebenfalls beigetragen.