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Eine Liebeserklärung an 'Die Nanny'

Sie war schön, hatte Stil, das gefiel und schon war sie das Kindermädchen einer ganzen Generation.
Collage via VICE Media

Vor ein paar Wochen kam ein Mädchen in einem Club auf mich zu und eröffnete mir direkt, sie würde meine "nostalgischen Artikel" zwar mögen, jedoch glaube sie, ich als Person müsse endlich lernen, mit der Vergangenheit abzuschließen und "nach vorne zu schauen." Ich schätze das wirklich sehr und irgendwie hatte sie ja einen Punkt, aber nein—muss ich nicht. Will ich nicht. Und solange die Zukunft so aussieht, wie sie aussieht, solange die ein Charmed-Reboot ohne Originalbesetzung machen wollen, solange werde ich auch nicht damit aufhören, mich in einer Vergangenheit zu suhlen, in der es noch mehr als zwei erfolgreiche Girlbands gab und Fran Fine meine irrationalen Essgewohnheiten legitimierte.

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Die Nanny ist eine dieser Serien, von denen ich ziemlich sicher bin, jede Folge schon mindestens dreimal gesehen zu haben. Und während vergleichsweise jüngere Shows wie Verliebt in Berlin aus heutiger Sicht überhaupt nicht mehr funktionieren, scheint Die Nanny einfach sensationell gut gealtert zu sein—würde Fran das jetzt lesen, sie wäre stolz. Um ihre ewige 29-Jährigkeit zu honorieren, möchte ich an dieser Stelle auch einfach unerwähnt lassen, wie lange die Serie tatsächlich schon her ist.

Es gibt so viel, das mir Fran Fine im Laufe der Jahre beigebracht hat. Weisheiten, die sich erst viel später als solche herausstellen würden—über die Liebe, über Mode, über Familie und Freundschaft, über den Broadway, über die Wichtigkeit von gutem Essen, über Barbra Streisand und nicht zuletzt auch über das Judentum, oy. Fran war eben nicht nur die Nanny von Maggie, Brighton und Gracie, sie war unser aller Kindermädchen.

Was Kleidung angeht, hat Fran niemals auch nur einen Gedanken daran verschwendet, sich an die britische Eleganz der Sheffields anzupassen oder ihren persönlichen Stil einzudämmen. Wenn C.C. sie dafür mal wieder als nuttig oder geschmacklos beschimpfte, prallte das ganz einfach an ihr ab—der obligatorische Konter kam ja sowieso von Niles. Die Nanny hat uns gelehrt, modisch furchtlos zu sein und drauf zu scheißen, wenn die eigene äußerliche Erscheinung nicht ganz konform mit der breiten Masse ist. Außerdem hat sie uns gelehrt, wie man eine Treppe hinunterschreiten muss, um einen Auftritt hinzulegen.

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GIF via thefinenanny.com

Ihre Outfits waren laut, manchmal viel zu viel aber immer on point—sogar der rosa Morgenmantel mit den Schlappen war bei Frannie Fine irgendwie ein Look. Ihre Style-Bibel liest sich in etwa wie folgt: Je höher die Haare, desto besser. Leo-Muster geht prinzipiell mit allem. Generell Muster, am besten möglichst viele gleichzeitig. Es gibt nichts, das nicht auch irgendwie ein Mini-Kleidchen sein könnte. Und Glitzer. Überall.

Großen Einfluss darauf dürfte wohl auch ihre Mutter gehabt haben—Sylvia ist eine wandelnde Dauerwelle und würde ihre Erstgeborene gegen ein Backhenderl eintauschen, aber sie hat Fran nun mal auch ihre Vorliebe für Animal-Print, Maßlosigkeit und Barbra Streisand vererbt. Unvergessen bleibt die Szene, in der sie fast einen Herzinfarkt erleidet und schnell ihre Medizin braucht—Schokosoße.

Wenn man über die Mode der Nanny nachdenkt—und das passiert öfter, als man das vielleicht vermuten würde—, übersieht man gerne mal die wahre Stilikone der Serie: Großmutter Yetta. Wie kann man nur solche Brillengläser tragen und dabei so gut aussehen? Jede Oversize-Glitzerjacke war ein Segen, jedes Bauchtascherl eine funkelnde Offenbarung, jede goldene Ballonhose ein Geschenk Gottes. Die wusste halt genau, wie's geht. Außerdem hat sie getschickt ohne Ende.

Yetta war aber nicht nur wegen ihrer Äußerlichkeiten der heimliche Star in Die Nanny. Ich denke da an Momente, in denen sie meinte, sie würde einfach den Fahrstuhl nach oben nehmen und sich daraufhin wartend vor den Kühlschrank pflanzte. Oder an Szenen, in denen sie auf einer öffentlichen Toilette plötzlich aus der Klokabine kommt und einen überraschten Niles fragt, ob er das auch in Größe 6 da hätte. Meistens hat sie nur ein paar senile Zweizeiler, aber die reißen es nun mal raus. Und auch wenn Yetta nicht mehr ganz zurechnungsfähig ist, oder gerade deswegen, liebt Fran ihre Großmutter über alles.

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Das war ein zentrales Thema der Serie: Familie. Egal, wie sehr Sylvia ihre Tochter dafür massakriert hat, in ihrem Alter noch unverheiratet und kinderlos zu sein, Fran konnte darüber hinwegsehen. Genau so wie sie auch über den Plastikbezug auf der Couch hinwegsehen konnte. Familie bleibt eben Familie, die kann man sich nicht aussuchen. Freunde hingegen schon—trotzdem ist Frans beste Freundin jemand wie Val.

Abgesehen davon, dass Die Nanny uns beigebracht hat, sich einfach nix zu scheißen, hat Fran uns auch in Sachen Liebe lebenswichtigen Rat gegeben. Dass man seine Stimme nicht verändern muss, auch wenn man immer wieder gesagt bekommt, wie unerträglich sie wäre, zum Beispiel. Oder eben, dass man aus einer Trennung immer erhobenen Hauptes rauskommen kann: In der Pilotfolge wird sie von ihrem Verlobten, der gleichzeitig auch ihr Arbeitgeber ist, betrogen und sitzengelassen—alles nur wegen Heather Biblow. Fran hat alles verloren, sitzt im Grunde genommen auf der Straße. Mit nichts als einem Schminkköfferchen und viel Selbstvertrauen kriegt sie ihr Leben aber schließlich wieder auf die Reihe. Also, so halb.

Hätte Fran an diesem Punkt gewusst, dass sie ganze fünf Staffeln lang auf einen Antrag von Maxwell warten müsste, vielleicht hätte sie sich sein Unentschlossenheits-Theater von Vornherein erspart. Aber Nanny Fine blieb standhaft—sogar ein spontanes "Ich liebe dich" von Mister Sheffield, das der später wieder zurücknahm (!), konnte sie am Ende irgendwie verzeihen. Was lernen wir daraus? Auch sechs Jahre Single-Dasein sind kein Todesurteil. Und manchmal ist ein stinkreicher Broadway-Produzent es eben durchaus wert, für ihn eine Menge Scheiße einzustecken.

Die einzig wirklich stabile Beziehung der Serie bietet aber das Verhältnis zwischen Butler Niles und C.C. Babcock. Als Nemesis des jeweils anderen fetzen sich die beiden kontinuierlich—mal mehr, mal weniger subtil, aber immer ein echtes Feuerwerk der Beleidigungen. Weil Niles daraus meistens als Sieger hervorgeht und C.C. in irgendeiner Form gedemütigt wird ("Gackere wie ein Huhn!"), hat man im Laufe der Zeit fast schon so was wie Sympathie für sie entwickelt. Aus heutiger Sicht ist C.C. wahrscheinlich sogar der Charakter, mit dem ich mich in all seiner "Ich hasse mein Leben"-Armseligkeit am meisten identifizieren kann—hauptsächlich aber deshalb, weil in der letzten Folge ihr trashiger Stripper-Vorname enthüllt wird: Chastity Claire.

Wie in jeder guten Sitcom geht auch das Finale von Die Nanny mit einem Umzug der Familie einher. Die Hauptfigur—in diesem Fall Fran—wandert in der abschließenden Szene noch ein letztes Mal andächtig durch das bereits leerstehende Wohnzimmer, sieht sich um, erinnert sich vielleicht noch in Form von Rückblenden an die vergangenen Staffeln, schaltet das Licht aus und verlässt lächelnd das Haus. Ich liebe dich, Nanny Fine. Und ich werde das niemals zurücknehmen.

Schwelgt mit Franz in Erinnerungen: @FranzLicht