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Wir veranstalteten unsere Nähaktion am Tag Russlands, um darauf hinzuweisen, dass Russland mehr ist als Putin und seine Oligarchenfreunde. Russland sind auch die 600.000 Seelen, die unsere Gefängnisse bevölkern—darunter auch einige Aktivisten, die am 6. Mai 2012 an der Demonstration auf dem Bolotnaja-Platz teilgenommen hatten, um gegen die Ernennung von Putin zum Präsidenten zu protestieren. Einige von ihnen nähen noch immer Polizeiuniformen in Gefängnissen.„Ich habe das Recht, mein Land zu nähen!", sagte Katrin, als die Polizisten sich uns näherten.„Aber nicht in der Öffentlichkeit! Sie müssen zuhause nähen."Es ist schwer zu wissen, was in Russland legal und was illegal ist. Ich musste ins Gefängnis, weil ich in der Öffentlichkeit getanzt und gesungen hatte—und nach unserem „Punk-Gebet in der Kirche erklärte es das Parlament für gesetzeswidrig, „die Gefühle von Gläubigen zu verletzen." Gesetze werden hier schneller verabschiedet, als du „russischer Zupfkuchen" sagen kannst. Eine öffentliche Debatte darüber hält man nicht für nötig. Von neuen Gesetzgebungen erfahren wir über die vom Kreml kontrollierten Medien und viele Mitglieder des Parlaments (eine besonders scheue Spezies) stimmt Putin zu, ohne nachzudenken. Diese neuen Verbote werden genau so schnell verabschiedet, wie Gefangene, wie ich vor nicht allzu langer Zeit, Polizeiuniformen produzieren. Jetzt gerade wird ein neues Gesetz in Erwägung gezogen, das es Wärtern erlauben würde, Gefangen zu schlagen. Sollte es angewandt werden, dürfte man Insassen mit Elektroschocks für kleinste Vergehen, wie einen offenen Knopf oder Süßigkeiten in der Tasche, zu bestrafen. Wir nennen es das „Gesetz der Sadisten."
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„Sie können nicht einfach mitten in Moskau sitzen und in Häftlingsuniform eine russische Flagge nähen", erklärte uns der Polizeichef auf der Wache. „Unser Land ist kein Konzentrationslager oder Ghetto, aber es gibt auch Grenzen. Nähen Sie zuhause. Sind Sie überhaupt berechtigt, eine russische Flagge zu nähen? Sind Sie eine ausgebildete Näherin?"„Ja, das bin ich tatsächlich", sagte ich. „Ich habe zwei Jahre lang Polizeiuniformen genäht—Hosen wie die, die Sie gerade tragen. Bequem, hoffe ich?"„Der Stoff ist etwas schwer", beschwerte sich der Beamte. „Warm."„Haben Sie zufällig einen kleinen Zettel in der Tasche gefunden?", fragte ich ihn. „Im Knast haben wir manchmal kleine Zettel in den Taschen versteckt, bevor die Uniformen versandt wurden. Darauf waren Grüße geschrieben. Von sehr netten bis hin zu … nun, vielleicht nicht so netten. Je nachdem wie unsere Laune war."„Sie machen aber noch einen Selfie mit uns, oder?", bezirzte Katrin den Beamten. „Sie haben es uns versprochen. Selfie! Mit der Nähmaschine."Der Polizist stand auf und verließ den Raum. Wir waren allein, also haben wir Nadel, Faden und Stoff ausgepackt und in Eile die Flagge fertiggestellt. Wenn uns schon nicht erlaubt war, auf dem Platz zu nähen, dann machten wir es halt auf der Wache. Keine Frage. Dann hingen wir die Flagge an die Wand.Motherboard: Der Kreml verbietet Memes