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Die schönste Polizeimeldung des Jahres verdanken wir zwei Reichsbürgern

Was passiert, wenn die Polizei jemanden kontrolliert, der nicht an die Existenz der Polizei glaubt?
Das ist keiner der beiden Kontrollierten, aber ungefähr so stellen wir uns die Szene vor. Foto: imago | Olaf Wagner

Polizeimeldungen galten bisher nicht unbedingt als bedeutende literarische Form. Zwar enthalten sie oft interessante Informationen, und seit einer gewissen Zeit bemühen sich manche Schreiber um einen irgendwie „lockeren" Ton, aber der Großteil der Meldungen ist dann doch eher trockene Lektüre.

Bis gestern. Da geriet die Autobahnpolizei in Rheinland-Pfalz innerhalb kürzester Zeit gleich an zwei sogenannte „Reichsbürger". Diese Polit-Sekte war in letzter Zeit immer mal wieder in den Medien, weil Xavier Naidoo deren Ideen offenbar ziemlich interessant findet und auch schon mal auf einer ihrer Veranstaltungen aufgetreten ist.

Trotzdem noch mal zur Erinnerung: Reichsbürger glauben nicht an die Existenz der Bundesrepublik, weil ihnen irgendjemand mal erzählt hat, dass Deutschland nie einen Friedensvertrag bekommen habe und wir folglich allesamt keine Bürger, sonder Angestellte der BRD GmbH seien, die irgendwo von der Wall Street (=Juden), der City of London (=Juden) oder dem internationalen Finanzjudentum (=Juden) gesteuert werde. Mit den zahlreichen Denkfehlern, die hinter dieser Idee stecken, haben wir uns hier mal eingehender beschäftigt.

Aber was passiert, wenn so ein Reichsbürger mit den Institutionen der Bundesrepublik in Konflikt kommt—an deren Existenz er ja nicht glaubt? Eben genau das, was die folgende Polizeimeldung schildert. Wir werden sie hier in voller Länge wiedergeben, weil die Mischung aus Verzweiflung und Mitleid, die die Beamten gefühlt haben müssen, sich am besten in ihren eigenen Worten spüren lässt:

„Bad Kreuznach, Göllheim (ots) - Ein auf dem Kopf angebrachtes Nummernschild war gestern der Beginn einer nervenaufreibenden Kontrolle auf der A63 bei Göllheim. Auf Anhaltezeichen reagierte der 54-jährige Pkw-Fahrer nur mit Kopfschütteln. Erst als er zu merken schien, dass es den Beamten aus Gau-Bickelheim mit der Aufforderung stehen zu bleiben sehr Ernst war, folgte er auf den nächsten Parkplatz. Dort wollte er jedoch weder Ausweisdokumente noch Fahrzeugpapiere vorzeigen. Daraus entwickelte sich eine sehr lange Diskussion, weil der Mann aus Bad Homburg der festen Überzeugung war, dass die Bundesrepublik nicht existent sei und er sich als Reichsbürger verstehe. Folglich müsse er auch nicht die Autorität deutscher Beamte anerkennen. Das Kennzeichen habe er deshalb auf dem Kopf montiert, weil hier alles durch die Alliierten auf den Kopf gestellt worden sei. Da der 54-Jährige argumentativ nicht zu überzeugen war und sich nur mit einem "deutschen Staatsangehörigenausweis" einer Phantasiebehörde legitimieren wollte, wurde ihm die Weiterfahrt untersagt. Zähneknirschend rückte er daraufhin seinen Führerschein heraus und montierte die Nummernschilder richtig herum.

Nur wenige Minuten später wurde die Geduld der Beamten erneut auf die Probe gestellt. Dieses Mal von einem 39-Jährigen aus Pfalzfeld, der auf der A61 bei Bad Kreuznach in eine Verkehrskontrolle geriet. Er gab an, dass er seine Ausweisdokumente und den Führerschein grundsätzlich nicht mitführe. Außerdem werde die Bedeutung des Personalausweises total überbewertet, denn wie das Wort "Personal" schon klarstelle, sei es nichts weiter als ein Firmenausweis der "Deutschland-GmbH". Angaben zu seiner Person verweigerte der Mann, weil er bezweifelte, dass er es mit echten Polizisten zu tun habe, denn Uniformen, Waffen und Streifenwagen könne schließlich jeder einfach bei einer bekannten Auktionsplattform ersteigern. Über das Kennzeichen des Firmenfahrzeuges ermittelten die Beamten aus Gau-Bickelheim den Arbeitgeber des 39-Jährigen, der dann resignierend die Personalien bekannt gab. Es war nicht das erste Mal - so der Chef - dass er das für seinen Mitarbeiter tun musste.

Sowohl der 39-Jährige als auch der 54-Jährige kamen nicht ungeschoren davon. Sie bekamen Anzeigen wegen der Personalienverweigerung und die Führerscheinstellen werden gebeten, die Geeignetheit zur weiteren Teilnahme am Straßenverkehr zu überprüfen." Quelle: Verkehrsdirektion Mainz