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Sex

Die sexy Leute von Sexy People

Unser Alltag lenkt uns oft von wichtigen Details aus unserer Vergangenheit ab: dem einen Mal, als du den braunen Rollkragenpullover anhattest oder dein zwölfjähriger Cousin diesen Kifferdutt trug.
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von Alex

Unser Alltag lenkt uns oft von wichtigen Details aus unserer Vergangenheit ab: dem einen Mal, als du den braunen Rollkragenpullover anhattest oder dein zwölfjähriger Cousin diesen Kifferdutt trug. Um aber diese stinkende Schleimschicht aus Vergessen, Verdrängung und Bedauern in den Griff zu kriegen (und unsere vergessenen Fotos vor zufälligen Keller-Überschwemmungen oder spontaner Selbstentzündung zu retten) hat dieser lustige Italiener mit seinem Sexy People-Blog angefangen…

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Normalerweise sterben solche Projekte schneller als die Triops, die ihr als Kind nach zwei Tagen vergessen habt weiterzufüttern. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt und sind tief eingetaucht in den Pool aus 1978-Sekretärinnen-Sex-Appeal und jugendlicher Verzweiflung.

Vice: Hallo Renzo Stuzzocapendo! Einen großartigen Namen hast du da! Erzähl uns, wer du bist.

Renzo: Ich bin 25, lebe in Rom und mache nichts. Ich habe gerade meinen Abschluss in Ökonomie gemacht.

Erzähl mir mehr darüber, wie du auf die Idee für deinen unheimlich lustigen Blog gekommen bist.

Damals in 2007 habe ich mit diesen drei Porträts angefangen—ich habe nur damit herumgespielt und hatte keinerlei artistischen Anspruch. Ich liebe gestellte Porträts, vielleicht, weil sie in Italien nicht so verbreitet sind wie in England und den USA.

Und warum nennst du sie Sexy People? Findest du das nicht gemein?

Am Anfang hatte das Blog keinen Namen und ich war der einzige, der es las, abgesehen von ein paar engen Freunden. Dann hat dieser Engländer den Link auf seiner Seite gepostet und ihn „Sexy People“ genannt und ich dachte, das ist perfekt. Das Wort „sexy“ hat diesen 80er-Touch—es ist total ironisch. Alle Leute, die in meinem Blog auftauchen, wollen „verführerisch“ aussehen. Es geht immer um Verführung. Es ist großartig. Trotzdem bekomme ich Emails von Leuten, die sich darüber aufregen, dass da Fotos von Babys in einem Blog auftauchen, der „sexy“ heißt. Aber das ist Schwachsinn.

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Absoluter Schwachsinn! Schicken dir die Leute die ganze Zeit Fotos?

Ja! Nach einer Weile kriegte ich Bilder von Fotografen und danach auch von den Leuten selbst—es ist, als würden die Leute die Selbstironie feiern. Was mir am besten an der ganzen Sache gefällt, ist aber, dass die ganzen Fotos aus der Zeit stammen, bevor es Social Networks gab. Die neusten stammen aus 1998 oder so. Heute hat jedes Selbstporträt diese künstliche Spontaneität: jeder versucht seinem Alltag etwas unheimlich lustiges abzugewinnen. Die sind total gefaked—Fakes getarnt als „echtes Leben“. So gesehen sind die Leute von Sexy People ehrlicher, weil sie posen und die Fotos bis ins letzte Detail ausgeklügelt sind und total ernst gemeint sind.

OK, wir werden jetzt hier ziemlich tiefgründig, lass uns eine kleine Pause für einen Fotografen-Nerd-Kommentar einlegen. Dein Blog erinnert daran, was August Sander mit den Leuten im 20. Jahrhundert gemacht hat. Oh! Ja, mein Vater ist Fotograf und hat mir ein paar seiner Bücher gezeigt, die sind der Wahnsinn!

Fotografie liegt also in der Familie, was?

Nein. Mein Vater hat versucht, mich in diese Landschafts- und Architekturscheiße mit reinzuziehen, aber ist kläglich daran gescheitert. Ich glaube, ich habe eine ganz natürlich Abneigung gegen diese Art von Fotografie.

Wenn du einen Sexy People's Sexiest People-Contest veranstalten würdest, wer würde gewinnen?

Ohne Zweifel: Deandre. Er repräsentiert die Essenz von Sexy People: der 90er-Appeal, der „Glamour“ in seinen Augen. Er ist der heißeste unter all den Sexy People-Leuten.

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Uh! It's getting hot in here. Lass uns das Thema wechseln. Dein Blog ist ziemlich minimalistisch.

Ja. Ich will nicht zu viel Informationen rausgeben. Ich will, dass jeder darin sehen kann, was auch immer er möchte.

Aber vielleicht könnten wir probieren etwas mehr herauszufinden über ein paar von den Leuten, die wir hier zeigen…

Klar, warum nicht? Wir könnten ihnen Emails schreiben.

Krass!

JEFFREY

Das Foto habe ich in der dritten Klasse gemacht. Ich mochte zu der Zeit GI Joe und die Transformers-Cartoons total gerne, also dachte ich, der Hintergrund ist der absolute Hammer. Es sah aus, wie ein Laser-Krieg. Meine Brille war lächerlich. Der Pulli war aber echt süß. Heute arbeite ich an einem Help Desk. Ich trage immer noch diese Brille und finde Laser immer noch cool.
JEFFREY AND WAYNE

Das Foto ist von 1970. Ich war zwei und Wayne war vier. Meine Mutter ist besessen von Porträts und hat mindestens drei Mal im Jahr welche machen lassen, bis wir alt genug waren, um zu protestieren. Sie hat sich immer einen Riesenkopf um unsere Klamotten gemacht und wollte, dass sie einen aktuellen Trend reflektieren. Mein Bruder hatte den Rollkragenpulli ziemlich lange.
DIEGO

Zu diesem Zeitpunkt war mein Onkel Fotograf und hatte sein eigenes Studio. Ich weiß noch, dass meine Mutter und meine Oma sich in die Hosen machten vor Lachen und ich mich fragte, ob sie besoffen waren, als sie sich entschlossen, dass meinem Outfit unbedingt noch ein Staubsauger fehlte. Und mein Onkel hatte dann doch nie seinen Durchbruch als Fotograf.
JON

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Ein Fotograf im Ort hatte dieses spezielle Martial Arts-Paket und meine Eltern bezahlten dafür, weil sie dachten, dass es mich fürs Training motiviert. Aber das Schicksal hatte einen anderen Plan für mich. Meine Kickbox-Karriere war ein Jahr später wieder zu Ende und ich wurde Geschichtslehrer in Texas.
RALPH AND CHUCK

Das hier habe ich im Herbst 1989 aufgenommen und es gehörte zu einer Serie von Schulabschluss-Fotos. Ein paar Leute haben gesagt, dass ich die Katze geliebt haben muss, aber die Wahrheit war eine andere. Ich HASSTE Chuck und er hasste mich. Der einzige Grund dafür, dass ich dort saß und seinen haarigen Arsch hielt war der, dass meine Mum die Katze liebte UND sie diejenige war, die dem Fotografen die Kohle hinblätterte. Und jetzt spul mal 20 Jahre vor: Ich lebe in San Francisco, bin verheiratet und habe einen Sohn, der gerade eins wird (was eindeutig beweist, dass es mindestens EINE Person da draußen gibt, die denkt, dass ich ein „Do“ und kein „Don’t“ bin).
CHRISTINE

Ich heiße Christine. Ich bin 23 und arbeite im Finanzsektor. Ich war als junges Mädchen ziemlich burschikos unterwegs und wollte viel lieber ein Junge sein. Meine Mum dachte, dass der Haarschnitt ein ziemlich guter Kompromiss ist. Ich hätte es wahrscheinlich noch kürzer haben wollen, aber da kann ich mich nicht mehr genau dran erinnern. Ich bin wirklich ein Produkt der 80er.

SERENA PEZZATO